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Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Titel: Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
Autoren: Steffen Duck
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begann zu grübeln, weshalb ihm diese Transformation seltsam bekannt vorkam. Natürlich - Heinrich Bölls Klassiker „Wanderer, kommst du nach Spa …“ hatte im Deutschunterricht im Vorgriff auf die kommende Bedrohung schon einmal die gleiche Beklemmung in ihm erzeugt.
    Der Transport treppauf und treppab des verwundeten Soldaten, der vor kurzem noch die Schulbank gedrückt hatte, und dessen Leben anscheinend nun davon abhing, zu ermitteln, ob man ihn in seine alte Schule gebracht hatte, die zum Lazarett umfunktioniert worden war, - Wilfried war in Gedanken jeden Schritt mit ihm durch seine eigene EOS gegangen - ähnliches hatte soeben hier stattgefunden, auch wenn noch jeder der Anwesenden gesund und munter zu sein schien!
    Selbstverständlich hatte Rita Hool beim Vortrag von Heinrich Bölls Erzählung vorausgesetzt, wie stets, wenn Kritik an den Verhältnissen vom bürgerlichen Standpunkt her erfolgte, daß die Beschreibung oberflächlich gleicher Phänomene nach deren Analyse vom marxistisch - leninistischen Standpunkt her etwas völlig verschiedenes waren.
    NVA zu Bundeswehr verhielten sich selbstverständlich wie gut zu böse.
    Heinrich Bölls Empfehlung zur „Entfernung von der Truppe“ galt unzweifelhaft nur der Wehrmacht und deren Nachfolger Bundeswehr, jegliche Parallele zur NVA, die den Sozialismus, die Zukunft der gesamten Menschheit, vor jedem Feind schützte, verbot sich von selbst.
    Wilfried war sogleich ein wenig über sich selbst erschrocken, als ihm die tiefere marxistisch-leninistische Analyse der eben erlebten Situation so gar nicht gelingen wollte. Seine Beklemmung hatte noch zugenommen.
    Aber das Ziel, „Beste Hundertschaft“ zu werden, hatte zugleich einen Hauch von Abitur. Ohne daß es jemand aussprach, vermutete ein jeder, daß das Verfehlen dieses Zieles sich ungünstig auf ihre Abiturprüfungen auswirken könnte, welche im kommenden Schuljahr zu bestehen waren. Was wohl mit den Schülern der Erweiterten Oberschulen geschehen würde, die jenes Ziel verfehlen würden? Schließlich konnte es ja nur einen geben, der Bester wurde, nicht wahr?

    ***
    „Heute is´ noch nischt!“
    Die Ansage des Mitschülers, der zum Stubenältesten bestimmt worden war, gewährte noch eine kurze Frist der Akklimatisation an das rauhe Klima der Höhenlagen das Thüringer Waldes und die anderen Begleitumstände.
    Lange genug hatte die Fahrt mit dem Bummelzug gedauert. Für etwa 100 km war er von 6.34 Uhr bis 14.00 Uhr unterwegs gewesen.
    Die Baracken im Lager waren sogar mit Gasheizungen ausgestattet, welche zunächst als nicht notwendig empfunden wurden, sich aber im Verlauf der kommenden zwei Wochen bei der Trocknung der Klamotten noch als äußerst nützlich erweisen sollten.
    Lager - das klang nach KZ Buchenwald oder anderen Internierungslagern der Nationalsozialisten.
    Der das GST - Lager umgebende Maschendrahtzaun stand ganz sicher nicht unter Hochspannung und auch Gasheizungen hatte man im Konzentrationslager nicht installiert (Gas wurde bei den Nazis in etlichen Lagern zwar auch verwendet, aber zu weit fürchterlicheren Zwecken).
    Trotzdem konnte sich Wilfried der Parallelen, die sich ihm aufdrängten, nicht völlig entziehen.
    Etwas später sollte er sogar entsetzt feststellen, es gab tatsächlich eine Gaskammer!
    Warum nur befolgte man Heinrich Bölls Empfehlung der Entfernung von der Truppe nicht?
    Natürlich sorgte sich jedermann um sein Abitur und Hochschulstudium. Diese Privilegien blieben den Ungehorsamen versagt. Der unsichtbare Zaun, der die zukünftigen Abiturienten umgab, war weitaus undurchlässiger als jeder Maschendrahtzaun mit Kontrolldurchlaß.
     
    „Es geht los! Die FDJ - Hemden sind vor die Uniformjacken zu hängen, der Haken des Kleiderbügels hat zur Hinterwand der Garderobe zu zeigen. Die Betten müssen folgendermaßen gebaut werden:“
    Der Stubenälteste demonstrierte, wie das Laken eingeschlagen werden mußte, wie die erste der beiden muffig riechenden Decken in den Bezug zu gelangen hatte und die zweite am Fußende zu plazieren war. Die Karos der blaukarierten Bezüge mußten anscheinend nicht abgezählt werden, das würde wohl erst der NVA vorbehalten sein.
    „Nachher erfolgt die Ausgabe der persönlichen Schutzausrüstung - stubenweise! Die Rolle mit Tasche müssen genau über die Uniform auf die Garderobe gelegt werden. Es will ja niemand den Rotz des Kameraden in seiner Gasmaske haben.“
    Mit irgend etwas mußten die „Kameraden“ - das war jetzt die offizielle
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