Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampyr

Vampyr

Titel: Vampyr
Autoren: Brigitte Melzer
Vom Netzwerk:
Magd. Nein, besser ein Bursche!«
    »Ich soll mich als Junge verkleiden?«, entfuhr es ihr ungläubig. »Wäre es nicht einfacher, ich ginge als Magd?«
    »Es mag sein, dass es für Euch einfacher wäre, doch nicht für mich. Wenn Ihr ein Diener seid, kann ich Euch in meiner Nähe haben und Euch den Rücken freihalten. Niemand wird Verdacht schöpfen. Eine Magd hingegen …«
    »… würde Gerüchte nähren, wenn sie zu häufig mit Euch gesehen wird«, seufzte sie. »Zu viel Aufmerksamkeit und Klatsch wären die Folge.« Farrell nickte, da fragte sie: »Was, wenn mich jemand erkennt?«
    »Mit Verlaub, Ihr habt Euch sehr verändert. Selbst ich hätte Euch beinahe nicht erkannt. Ihr seid erwachsen geworden.«
    Obwohl Catherine sich nicht vorstellen konnte, dass sein Plan funktionieren würde, nickte sie. Sie musste alles tun, was in ihrer Macht stand, um zumindest einen Teil der Schuld zu begleichen, die ihr Vater auf ihre Schultern geladen hatte. Ihr Blick fiel auf den Dolch des Attentäters, der noch immer auf dem Tisch lag. Ein paar Gewänder werden nicht genügen. Sie griff nach der Waffe und schnitt ihren Zopf mit einem Ruck im Nacken ab.
    »Catherine! Himmel! Euer Haar!«
    Sie warf den langen rotbraunen Zopf zusammen mit dem Dolch auf den Tisch. »Es wird nachwachsen.«

2
    Nachdem Catherine zugestimmt hatte dem Hauptmann zu helfen, war sie in den Thistle Pub zurückgekehrt, wo sie unter falschem Namen eines der drei Gastzimmer bewohnte. Eine Weile hatte sie dort gesessen und ausgeharrt, doch schon bald hatte sie begonnen unruhig auf und ab zu gehen. Was würde geschehen, wenn sie den Hintermann nicht fanden? Wie groß war die Gefahr für Martáinn? Was, wenn jemand ihre Verkleidung durchschaute? Erst die Ankunft des Hauptmanns vermochte es, sie aus ihren Grübeleien zu reißen.
    Konzentriert prüfte Catherine ihr Spiegelbild. Ihr Blick wanderte über den braunen, in der Taille gegürteten Plaid nach oben. Da sie ohnehin eher knabenhaft gebaut war, war es nicht schwer gewesen, die Brüste mit ein wenig Stoff abzubinden. Das weite Hemd verhüllte die letzten verräterischen weiblichen Formen.
    Zögernd betrachtete sie ihr Haar. Sie schluckte hart. Die hüftlangen Haare waren ihr ganzer Stolz gewesen. Dass das vertraute Gewicht des Zopfes fehlte, verunsicherte sie ebenso wie der Anblick der jetzt schulterlangen Locken, die ihren Kopf wie tanzende Flammen umspielten und ihr Gesicht fremd wirken ließen. Als hätte sich mehr als nur mein Haar verändert. Die junge Frau im Spiegel war noch immer Catherine Bayne und zugleich war sie es nicht. Die grauen Augen schienen heller, ihre Züge schärfer. Sie band ihr Haar im Nacken zusammen und griff nach der Kappe. Dann reckte sie entschlossen das Kinn und wandte sich dem Hauptmann zu.
    Er nickte zufrieden. »So wird Euch niemand erkennen.«
    Ich erkenne mich ja selbst kaum noch.
    »Nachdem ihr zugestimmt habt, mit mir zu kommen, habe ich dem Haushofmeister mitgeteilt, dass ich einen Burschen in meine Dienste genommen habe.«
    »In Eure Dienste?«
    »Als mein persönlicher Diener lauft Ihr weniger Gefahr, erkannt zu werden. Wann immer Ihr Euch in der Burg umschauen wollt, könnt Ihr vorgeben, in meinem Auftrag unterwegs zu sein. Abgesehen davon müsst Ihr nicht mit den anderen Burschen in den Gesindehäusern schlafen, sondern habt Euer Quartier in meinen Räumen.« Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Kopf hoch, in ein oder zwei Tagen habt Ihr es überstanden und könnt Dun Brònach wieder verlassen.«
    »Gott möge Euch erhören!«, seufzte sie. Dann straffte sie die Schultern. »Bringen wir es hinter uns.« Sie machte kehrt und wollte zur Tür.
    »Wartet«, Farrell kam einen Schritt auf sie zu. »Ihr braucht noch einen Namen.« Nachdem er einen Moment nachgedacht hatte, sah er sie prüfend an. »Eric. – Ja, das wird gehen.« Für einen Herzschlag wirkte er beinahe verlegen. »Als meinen Burschen kann ich Euch nicht förmlich behandeln.«
    Catherine zuckte die Schultern. Förmlichkeiten waren ihre geringste Sorge.
     
    *
     
    Wie der aufgerissene Rachen eines Ungeheuers lag das Tor von Dun Brònach vor ihr – bereit die Freiheit zu verschlingen, die Catherine sich durch ihren Weggang errungen hatte. Donnernd hallte der Hufschlag in ihren Ohren wider, als sie hinter Hauptmann Farrell über die Zugbrücke ins Herz der Festung ritt. Ihre Augen wanderten hinauf zu den höchsten Türmen, deren Zinnen von tief hängenden Wolken umrankt waren, als würden sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher