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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn
Autoren: Brian Lumley
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wirkte der US-Luftwaffenstützpunkt in Greenham Common ruhig und verlassen. Es war ein Werktag, und hier herrschte in der Regel nur tagsüber Betrieb. Zwar befanden sich das Sicherheitspersonal und die Diensthabenden auf ihren Posten, aber in den atombombensicheren unterirdischen Lagerhallen war es still wie in einer Gruft. Ebenso gut hätte der Necroscope ein Gespenst sein können, als er an einer Koordinate, an die er sich von seinem bislang einzigen Besuch her erinnerte, aus dem Möbius-Kontinuum trat.
    Ein kurzer Möbiussprung brachte ihn in den Container mit dem Tresor. Stirnrunzelnd kniete er davor nieder und betrachtete den Drehknauf des Kombinationsschlosses mit seinen Ziffern und Einkerbungen. »Harry, das ist es!«, sagte er. Allerdings führte er keineswegs Selbstgespräche.
    Okay, ich sehe es, antwortete Harry Houdini. Aber nun muss ich es auch fühlen – durch deine Finger.
    Der Necroscope machte seinen Geist frei, ließ den anderen Harry übernehmen und spürte auf einmal ein Prickeln in seinen Fingern – die seltsame Magie von Houdinis völlig andersgeartetem Talent. Der Knauf wirbelte hin und her, drehte sich durch eine schier endlose Sequenz von Zahlenfolgen. Doch für den toten Magier war das Ganze nicht schwieriger, als einen Schlüssel im Schloss umzudrehen. Als schließlich ein letztes lautes Klicken erklang, ließ Harrys Hand von dem Knauf ab, ein kurzer Ruck am Türgriff und – der Tresor sprang auf.
    »Verdammt, du bist wirklich gut!«, sagte der Necroscope.
    Houdini kicherte bloß. Sag’ das meinem Agenten, erwiderte er, wenn du ihm das nächste Mal über den Weg läufst.
    Harry holte den harmlos wirkenden Empfänger mitsamt Antenne aus dem Safe und unternahm einen weiteren Sprung in das tankartige Behältnis, in dem die Bombe auf ihrem Transportkarren ruhte. Doch der Boden des Containers war verdrahtet, und sobald Harry mit seinem ganzen Körpergewicht aufsetzte, wurde ein Alarm ausgelöst. Als in der Ferne die ersten Sirenen losheulten, stellte er den Empfänger auf dem Karren ab, beschwor ein weiteres Tor herauf und schob das Vehikel hindurch, aus diesem Universum hinaus.
    Über die Möbiusroute begab er sich mit seiner tödlichen Fracht auf direktem Weg zu Zahanine ...
    Unterdessen in Daham Drakeshs Funkraum:
    Chang Lun war nur noch ein Zerrbild des Mannes, den Drakesh gekannt und getötet hatte, eine schwerfällige, zerschmetterte Vogelscheuche, doch immer noch unverkennbar Chang Lun. Zersplitterte Knochen ragten aus seiner zerrissenen, in Fetzen an ihm herabhängenden Uniform; unbeholfen stand er da, nach rechts geneigt, weil sein Rückgrat angebrochen war, und drohte, jeden Augenblick zusammenzubrechen. Seine linke Schulter hing schief, doch sein rechter Arm und die Hand schienen noch gut zu funktionieren – insbesondere die Hand. Sie hielt eine Pistole, die jeder Bewegung Drakeshs folgte.
    Nicht dass der letzte Drakul sich viel bewegte; er hatte die Arme rechts und links an die Wand gepresst, seine blutroten Augen gingen ihm fast über und die gespaltene Zunge schnellte, nutzlos wie eine verkrüppelte Schlange, in seinem weit geöffneten Mund hin und her. Chang Lun stand zwischen Drakesh und dem Kontrollpult mit dem Sender, und während Drakesh allmählich die Fassung wiedergewann, wurde ihm klar, dass er den Major dazu bringen musste, sich von dort wegzubewegen, wenn er seinen Plan in die Tat umsetzen wollte.
    Ihn dazu bringen, sich wegzubewegen? Einen Leichnam? Ein Hirngespinst, ein Produkt seines schlechten Gewissens? Lächerlich! Er hatte gar kein Gewissen. Was auch immer dies hier sein mochte, es war real, und es geschah wirklich.
    Wie er ihm so gegenüberstand, musste auch Chang Lun einen inneren Zwiespalt überwinden. Er befand sich hier, um Drakesh an den Rand des Wahnsinns zu treiben – doch diesen Punkt hatte der Gebieter des Klosters bereits überschritten. Er wollte den Knopf drücken, und zwar gleich zweimal. Zum einen, um seine Bomben scharf zu machen (wie er glaubte), und dann, um sie zur Explosion zu bringen. Doch dies durfte Chang Lun nicht zulassen, nicht bevor der Necroscope ihm grünes Licht dazu gab.
    Harry, wo bist du?, sandte Chang Lun seine Totengedanken hinaus; und die Große Mehrheit hielt »den Atem« an, um den psychischen Äther freizuhalten.
    Schon da, antwortete Harry, der in ebendiesem Augenblick gemeinsam mit Zahanine den Transportkarren durch ein Möbiustor ins Innere des Klosters rollte, geradewegs in den »Tempel« der Selbstgeißelung mit
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