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Vampirnacht

Vampirnacht

Titel: Vampirnacht
Autoren: Yasmine Galenorn
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nach einem Zeigestab. Dienerinnen reichten uns leise etwas zu essen und zu trinken. Es gab sogar einen Kelch Blut für mich, obwohl die junge Dienerin leicht die Nase rümpfte, als sie ihn mir brachte.
    Mit gesenktem Kopf schloss Königin Asteria die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie sah aus, als müsste sie allen Mut zusammennehmen.
    Nach ein paar Augenblicken blickte sie auf und sagte: »Wir haben furchtbare Neuigkeiten.«
    Delilah keuchte auf. »Die Geistsiegel sind verschwunden, nicht wahr? Wir hatten schon befürchtet …«
    Doch ehe sie noch mehr sagen konnte, brachte Camille sie zum Schweigen. »Es ist schlimmer, nicht wahr? Noch viel schlimmer.«
    Asteria nickte kaum merklich und antwortete mit gequälter Stimme: »Ja, viel schlimmer. Es hat zwar mit den Geistsiegeln zu tun, allerdings mit den zweien, die ihr nicht vor Schattenschwinge in Sicherheit bringen konntet.«
    Schweigend warteten wir ab, was für Nachrichten von Tod und Blutvergießen oder panische Pläne jetzt kommen mochten. Wir waren seit Monaten in diesen Krieg verwickelt, schon fast anderthalb Jahre, und es gab keinen einfachen Ausweg.
    »Telazhar ist in die Anderwelt zurückgekehrt, zum ersten Mal seit seiner Verbannung. Und er hat den Krieg hierhergetragen.«
    Ihre Worte hingen wie ein großer Kristall in der Luft und zerbrachen in tausend Splitter, die auf uns herabprasselten.
    Telazhar
 … der uralte Nekromant, der von den Südlichen Ödlanden aus die Flammenkriege bis zu den Städten im Norden geführt hatte. Telazhar, der aus der Anderwelt zu den Dämonen in den Unterirdischen Reichen verbannt worden war. Wir hatten uns alle Mühe gegeben, ihn zu töten, aber er war uns durch die Finger geschlüpft. Und nun war er hier.
Wieder in der Anderwelt.
    Alle begannen auf einmal zu reden. Nach ein paar Sekunden sprang ich auf den Tisch, steckte zwei Finger zwischen die Lippen und stieß einen schrillen Pfiff aus.
    »Ruhe! Wir kommen nicht weiter, wenn alle durcheinanderreden.« In der darauffolgenden Stille fiel mir auf, dass meine spitzen Absätze vielleicht nicht das Beste für die marmorne Tischplatte waren, doch die Königin lächelte mir milde zu, als ich heruntersprang und wieder Platz nahm. »Wisst Ihr das ganz sicher?«
    »Danke, meine Liebe. Ich bin zu erschöpft, um selbst zu pfeifen und zu schreien. Und ja, es ist wahr. Schattenschwinge steckt dahinter. Telazhar wurde mit einem der Geistsiegel in den Südlichen Ödlanden gesehen. Unsere Informanten berichten, dass er die Hexer aufhetzt, sich ihm anzuschließen. Er stellt eine Armee auf.«
    »Die Flammenkriege.«
Ich starrte sie an und konnte kaum begreifen, was das für die Anderwelt bedeuten würde – abgesehen von einer verflucht üblen Grillparty.
    »Ja. Anscheinend plant er, eine weitere Kriegswelle auszulösen, so furchtbar wie die Flammenkriege – oder schlimmer. Aber diesmal haben die Hexer einen Dämonenfürsten im Rücken. Schattenschwinge kann nicht hier eindringen,
noch
nicht, doch Telazhar kann erst die halbe Welt für ihn niederbrennen und dann die Portale öffnen, wenn er die Geistsiegel in die Hände bekommt, die wir hier verborgen halten. Ich fürchte, dass die Anderwelt recht schnell in einen solchen Aufruhr geraten wird und dass der jüngste Kampf in Y’Elestrial dagegen aussehen wird wie ein Streit auf dem Hühnerhof.«
    Wir saßen schweigend da und verdauten diese Neuigkeit. Das war tatsächlich viel schlimmer als alles, was wir uns so ausgemalt hatten.
    Camille beugte sich vor. »Werden die Hexer ihm folgen? Wissen wir, wie viel Einfluss er hat?«
    Königin Asteria trat zurück, und Trenyth übernahm. Er deutete mit dem Stab auf Rhellah, die letzte Stadt vor einem breiten Streifen Wüste in den Südlichen Ödlanden, wo wilde Magie nach Belieben mit dem Wind herumtollte und sich mit den tanzenden Sandkörnchen verband.
    »Wir rüsten gerade ein Trio Spione aus. Sie werden in den Süden gehen, zuerst nach Rhellah, um festzustellen, was dort los ist. Von dort aus werden sie die Niederlassungen in der Wüste infiltrieren. Die Städte noch weiter südlich, im Herzen der Ödlande, sind gefährlich und wüst, voller Sklavenhändler und Hexer. Wir können da nicht einfach hineinstürmen. Unsere Spione müssen sehr vorsichtig vorgehen. Sie können sich in Rhellah auch akklimatisieren, während sie die nächsten Schritte planen.«
    »Wie lange wisst ihr schon davon?« Wenn das schon eine ganze Weile lief, hatten wir viel kostbare Zeit
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