Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss
Autoren: Veronica Wolff
Vom Netzwerk:
zu seinem Pullover-Ausschnitt, und mir war klar, dass sie nur einen winzigen Bruchteil seiner Wunden ausmachten.
    »Die sagenumwobene Drew weilt wieder unter uns. Ich würde ja Gidday sagen, aber ich glaube nicht, dass mein Körper noch einen einzigen Hieb aushält.« Er bedachte mich mit einem Lächeln, das durch einen tiefen Riss in der Oberlippe verzerrt wurde. Vorsichtig ließ er sich auf dem Stuhl mir gegenüber nieder. Man sah ihm an, dass er Schmerzen hatte.
    »Wie zum Henker ist das passiert?« Meine Stimme klang rauer als beabsichtigt.
    »Freut mich, dich wiederzusehen.« Sein Lächeln geriet ins Wanken, und er hielt meinen Blick einen Moment lang fest, ehe er wieder seine Cool-Boy-Maske aufsetzte. »Ich wollte Yas mal die Chance geben, der Hübschere von uns beiden zu sein.«
    Ich musste unwillkürlich lachen, obwohl ich eine Riesenwut im Bauch hatte. »Jetzt mal im Ernst – wer hat dich so zugerichtet?«
    »Alle möglichen Leute.« Er zog die Schultern hoch, und sein Wangenmuskel begann vor Schmerz zu zucken. »Irgendwer kam zu dem Schluss, dass ich der ideale Dummy sei, um das Pfählen von Draugs zu demonstrieren.«
    »Sie haben die Kampftechniken an dir geübt? Die Guidons?« Ich richtete mich kerzengerade auf und ließ meinen Blick durch den Saal schweifen. »Welche von denen? Ich bringe sie um!«
    Er legte mir über den Tisch hinweg eine Hand auf den Arm. »Komm wieder runter, D.«
    Yasuo würgte noch ein Sandwich herunter und schob sein Tablett dann energisch weg. »Glaub mir, unser Josh ist hart im Nehmen. Der bleibt bis zuletzt aufrecht stehen.«
    Bis zuletzt. Das war langfristig gesehen das Spiel, um das es hier auf Eyja næturinnar ging – eine Art erweiterter Semesterwettbewerb. Die Erkenntnis jagte mir einen Schauer über den Rücken. »Ich soll runterkommen? Wie denn? Das hier ist ganz allein meine Schuld. O mein Gott, tut mir das leid!«
    »Damit hast du absolut nichts zu tun«, entgegnete Josh scharf. »Es liegt einfach in der Ordnung der Dinge.«
    »Sosehr ich dein mutiges Eingreifen bewundere –«, ich beugte mich zu ihm hinüber und senkte die Stimme, »– die Ordnung der Dinge hätte ganz anders ausgesehen, wenn du mir nicht gegen Masha zu Hilfe gekommen wärst.«
    »Es war meine Entscheidung«, sagte er mit uncharakteristisch schwerer Stimme.
    Ich ließ mich zurücksinken. Zu viel strömte gleichzeitig auf mich ein. »Heilige Scheiße! Da verlässt man mal für wie viele – sechsunddreißig Stunden? – die Insel, und schon ist der Teufel los!«
    »In deiner Abwesenheit ist alles Entropie und Chaos«, sagte er mit einem schiefen Grinsen.
    »Es tut mir so leid«, wiederholte ich.
    »Vergiss es, Drew. Selbst wenn das hier die billige Rache der einen oder anderen Guidon sein sollte – ich hätte niemals zugelassen, dass dich so ein dummes Arschloch anpinkelt. Im Ernst. War eine Selbstverständlichkeit.« Er deutete auf Yasuos Tablett. »Isst du das noch?«
    »Bedien dich.« Yas reichte ihm ein unberührtes Dreieck von seinem Sandwich. »Wer immer auf die Idee kam, Roastbeef auf Buttertoast anzurichten, sollte erschossen werden.«
    »Hey, weißt du schon das Neueste?«, fragte Josh mit vollem Mund. »Das wird dich aufheitern. Uns steht ein Ball ins Haus.«
    Ich drehte mich so zu ihm herum, dass er meine grimmige Miene aus nächster Nähe bewundern konnte. »Besten Dank. Genau das wollte ich jetzt hören.«
    »Nächste Woche«, ergänzte Emma.
    »Um das Ende des Dämmerlichts und die Rückkehr zum Dunkel zu feiern«, verkündete Yasuo großspurig.
    »Ach du Schreck.« So viel zu meiner Sehnsucht nach Normalität. Das Mittagessen war eine einzige Abweichung von der Normalität gewesen. Ich wollte nur noch weg aus dem Speisesaal. Also stopfte ich die Serviette in das leere Glas und stand auf, um es wegzuräumen. »Hört mal, Leute, mein Bedarf an Neuigkeiten ist für heute gedeckt. Ich verschwinde von hier, bevor mir jemand erzählt, dass ich auf einem Vampir-Prom als Karaoke-Sängerin auftreten muss oder so.«
    Josh prustete los. »Phantastische Idee. Ehrlich. Du wärst sensationell.«
    Augenrollend und kopfschüttelnd marschierte ich los. Ohne mich noch einmal umzudrehen, winkte ich nach hinten.
    »Spitze schon mal deine Stilettos an, Blondie!«, rief mir Yas nach.
    Ich verstaute das leere Glas im Geschirrwagen, als ich spürte, dass jemand dicht an mich herantrat. Was denn jetzt schon wieder?
    Als ich mich umdrehte und Ronan entdeckte, vergaß ich sofort, dass ich eigentlich sauer auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher