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Vampir-Expreß

Vampir-Expreß

Titel: Vampir-Expreß
Autoren: Jason Dark
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mich um.
    Ein noch jüngerer Mann trat auf mich zu. Er trug eine schwarze Hose und war ebenso weiß im Gesicht wie die Farbe seines Hemdes. In der zitternden rechten Hand hielt er ein Glas. Darin schimmerte weder Sekt noch Wein, sondern goldbrauner Whisky. Eiswürfel klingelten eine leise Melodie.
    »Ich glaube, diesen Schluck können Sie vertragen«, sagte der Mann, bevor er mir das Glas reichte.
    Dankend nahm ich es entgegen. Dann trank ich. Jeder schaute mir zu. Noch immer sprach niemand, aber einer begann zu klatschen. Und plötzlich fielen alle mit ein.
    Ich setzte das Glas ab und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Das war mir auch noch nicht passiert. Ich schüttelte den Kopf. »Bitte, meine Herrschaften, es besteht kein Grund, Beifall zu spenden. Es ist…«
    Verdammt, mir fehlten die Worte, da ich nicht wusste, was ich noch sagen sollte, deshalb stellte ich das leere Glas weg. Der Mann, der es mir gegeben hatte, drückte mir die Hand. »Das hätte wirklich ins Auge gehen können«, sagte er. »Wir verdanken Ihnen sehr viel.«
    »Sicher«, sagte ich. »Aber nehmen Sie es nicht so tragisch. Ich tat nur meine Pflicht, wirklich.«
    Auf einmal wollte jeder wissen, wie es möglich gewesen sein konnte, dass echte Vampire die Kontrolle über den Zug ergriffen hatten. Die Wahrheit konnte ich den Leuten nicht sagen, sie wäre zu unglaublich gewesen. Ich versuchte es ein wenig lächerlich darzustellen und sagte fragend: »Ist das nicht ein Vampir-Express, in dem wir fahren?«
    Man starrte mich an. »Ja, ja, natürlich.«
    »Eben. Da erlebt man immer wieder die tollsten Überraschungen. Und seien Sie versichert. Es gibt Vampire. Nicht nur in der Phantasie der Schriftsteller.«
    Es war für die anderen schwer, dies zu glauben, aber sie mussten es mir einfach abnehmen.
    »Was machen wir denn mit den Toten?«
    Der Mann hatte eine gute Frage gestellt. Im ersten Moment wusste ich darüber auch nichts zu sagen, deshalb hob ich die Schultern und erwiderte:
    »Im Gepäckwagen stehen fünf leere Särge. Zwei von ihnen können wir mit den Leichen belegen. Sind Sie einverstanden?«
    Das waren sie. Ich fand drei Helfer, die mit mir die Toten abtransportierten.
    Natürlich wurden wir vom Zugpersonal gesehen. Man verlangte Erklärungen, die ich aber nicht geben konnte und wollte. Ich vertröstete die Leute auf später und dachte daran, dass die eigentlichen Vampire noch nicht erledigt waren. Da stand mir noch einiges bevor.
    »Wann erreichen wir Petrila?« wollte ich von dem Oberschaffner wissen.
    »Pünktlich.«
    »Das ist gut.« Ich wollte mich abwenden, doch der Knabe hielt mich am Arm fest.
    »Was war hier los?« fragte er mit krächzender Stimme. »Weshalb ist hier diese Panik entstanden? Ich… Ich kann es wirklich nicht ohne weiteres durchgehen lassen.«
    »Glauben Sie an Vampire?« fragte ich.
    »Nein, ich…«
    »Es gibt aber welche«, sagte ich mit leiser Stimme. »Sie waren hier im Zug.«
    »Wieso?«
    »Gehen Sie in den Gepäckwagen und schauen Sie in die Särge. Ansonsten verhalten Sie sich ruhig und sorgen Sie vor allen Dingen dafür, dass keiner der Fahrgäste in Petrila den Zug verlässt.«
    »Weshalb nicht?«
    »Fragen sie nicht. Bleiben Sie im Zug.«
    »Dann ist die Gefahr noch nicht gebannt?«
    »Richtig.«
    Er schluckte. »Verdammt!« flüsterte der Schaffner und schob seine Mütze nach hinten. »Das ist harter Tobak. Sehr harter sogar.« Er hob die Schultern und ging.
    Ich aber wollte wieder in unser Abteil. Es musste sich in Windeseile herumgesprochen haben, was geschehen war. Die Menschen hatten sich um 180 Grad gedreht. Zwar standen sie noch auf den Gängen und diskutierten miteinander, doch ihre Gespräche drehten sich um andere Themen. Sie waren von der Angst und der Beklemmung überlagert. Auch ich wurde scheu angeblickt. Wahrscheinlich hatte sich auch meine Rolle in dem Fall herumgesprochen.
    Dragan Domescu fand ich nicht im Abteil, sondern vor der Tür. Auch er hatte mitbekommen, dass einiges nicht in Ordnung war, und er fragte mich.
    Da er sich nicht allein im Gang aufhielt, öffnete ich die Abteiltür und schob ihn hinein. Zu den anderen sagte ich: »Bleiben Sie bitte draußen!«
    »Mein Gott, war es so schlimm?«
    »Ja, Dragan.«
    Vera Bogdanowich war aufgestanden »Und meine Tante?« fragte sie flüsternd.
    »Sie ist tot.« Ich musste ihr die Wahrheit sagen und hoffte stark, dass sie diese auch verkraften konnte. Vera hob einen Arm und presste die Hand gegen die Lippen: Ihre Haut wurde noch
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