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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition)
Autoren: Thomas Thiemeyer
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nach zu urteilen, befand sie sich knapp unterhalb der Turmspitze. Sie ergriff den eisernen Ring der Falltür und öffnete sie vorsichtig. Goldenes Abendlicht strömte ihr entgegen.
    Vor dem Turmfenster zeichnete sich Johns Silhouette ab. Er beugte sich zu ihr herunter, reichte ihr seine Hand und zog sie mit einem kräftigen Griff hinauf.
    »Na, hast du den Weg zu mir gefunden? Gerade noch rechtzeitig würde ich sagen.«
    Er lächelte sie an und senkte seine Lippen auf die ihren. Sie erwiderte den Kuss, doch als sie daran dachte, was er hier für ein Spiel mit ihr spielte, ließ sie ihn los und trat einen Schritt zurück.
    John hatte es geschafft, in den Jahren, seit sie zusammen waren, immer noch besser auszusehen. Scharf geschnittene Nase, ein markantes Kinn und dazu diese unverwechselbaren Augen. Gut, sein Haaransatz war ein bisschen zurückgegangen, aber es stand ihm. Es ließ ihn männlicher und entschlossener wirken.
    »Ich hoffe, du nimmst mir meinen kleinen Scherz nicht übel«, sagte er mit weicher Stimme. »Ich habe dich schon eine ganze Weile beobachtet, aber ich wollte, dass du den Weg allein findest. Ich wollte den Zauber nicht dadurch zerstören, dass ich dich wie ein Touristenführer behandle.«
    Hannah strich eine Strähne aus ihrem Gesicht und lächelte. Sie hatte John noch nie wegen irgendetwas böse sein können.
    »Ich muss gestehen, deine Nachricht hat mich neugierig gemacht. Ich trage sie bereits den ganzen Tag mit mir herum. Was ist denn nun das Geheimnis?«
    Er lächelte. »Keine dreißig Sekunden, und du willst, dass ich alle meine Karten auf den Tisch lege? Du bist die ungeduldigste Frau, die ich kenne.«
    »Hättest du es gerne anders? Ich kann auch ganz zahm sein. Still, fügsam und langweilig.« Sie verschränkte die Arme und zog einen Schmollmund.
    Er lachte. »Nein, lass nur. Ich liebe dich so, wie du bist, mit allen Ecken und Kanten. Ich mag unsere kleinen Auseinandersetzungen. Und Reibung erzeugt ja erwiesenermaßen Wärme.«
    Sie zwinkerte ihm zu. »Heißt das, du findest mich anstrengend?«
    »Nicht doch.
Herausfordernd
vielleicht, aber du weißt ja, wie sehr ich Herausforderungen liebe. Außerdem wollte ich, dass du das hier siehst.«
    Er trat einen Schritt zurück und deutete auf die Basreliefs entlang der Wände. Hannah zog eine Braue in die Höhe. Die tiefstehende Sonne fiel durch eine schmale Öffnung in der Außenwand und beleuchtete den hinteren Teil des Raumes. Zu jeder anderen Stunde wären die Bildhauerarbeiten unsichtbar gewesen, doch jetzt lagen sie in voller Pracht vor ihr. Schlagartig wurde ihr bewusst, warum John so sehr auf Pünktlichkeit Wert gelegt hatte. Sie schritt die Darstellungen ab und fuhr mit den Fingern darüber. Als ihr klarwurde, was sie da sah, zuckte ihre Hand zurück.
    »Oh«, sagte sie. »Das ist … also wirklich … ich muss schon sagen …« Sie spürte, wie sie rot wurde, und musste sich räuspern.
    Die Arbeiten waren schlicht und ergreifend pornographisch. Ganz unzweifelhaft fielen sie in den Zeitraum der Regentschaft von Yasovarman I., der von 889 bis 910 nach Christus geherrscht hatte und einer der bedeutendsten Könige des Khmer-Reiches war. Während seiner Herrschaft waren einige der schönsten Steinmetzarbeiten aller Zeiten entstanden. So wie diese. Wieder mal Apsaras, aber diesmal anders.
    Dem hinduistischen Glauben folgend, sind Apsaras weibliche Wolken- und Wassergeister, die in zwei Formen vorkommen: die weltlichen
Laukika
, von denen 34 existieren, und die göttlichen
Daivika
, von denen es nur zehn gibt. Geschaffen von Brahma, sind sie die Hofdamen im himmlischen Palast des Gottes Indra. Ihre Aufgabe besteht darin, die Götter und Göttinnen zu unterhalten. Ihre Namen sind in Indien auch heute noch unter den Frauen sehr beliebt. Urvashi, Surotama, Rambha, Vishala und Vasumati, was so viel wie »von unvergleichlichem Glanz« bedeutete. In den meisten Fällen sieht man sie beim Tanz, doch es gibt auch Darstellungen, in denen sie den Göttern bei Tisch aufwarten oder sie mit Spielen unterhalten. Niemals jedoch hat man sie bei sexuellen Kontakten gesehen, weder mit Göttern noch mit Menschen. Doch genau das war hier der Fall. Das Relief zeigte so ungefähr jegliche mögliche Spielart des Geschlechtsverkehrs, heterosexuell wie gleichgeschlechtlich. Selbst was den Gruppensex betraf, schien es keine Beschränkungen zu geben. Eine Frau mit drei Männern? Hier war es zu sehen, und zwar in allen Einzelheiten.
    »Mmh …« Hannah strich mit
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