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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition)
Autoren: Thomas Thiemeyer
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gelungen, 1000 künstlich angelegte Seen sowie 74 neue Tempelanlagen zu entdecken, die anschließend beschrieben, vermessen und kartographiert wurden. Angkor war endlich der Rang zuerkannt worden, den es bei einer Vielzahl bedeutender Forscher in aller Welt schon lange genoss: als das größte städtische Netzwerk der Antike.
    Hannah blieb kurz stehen, um sich zu orientieren. Ein Schwarm Bartsittiche fegte über sie hinweg und strebte johlend und krakeelend in Richtung Westen. Über den Wipfeln der Bäume konnte sie schon die Spitzen des Tempels von
Prasat Prei
erkennen. Der betörende Duft von Khmer-Küche umschmeichelte ihre Nase. Etwa zwanzig Meter abseits des Pfades, inmitten der Bäume, saßen ein paar Waldarbeiter um einen Kochtopf versammelt. Den Federn auf dem Boden und dem Geruch in der Luft nach zu urteilen, schmorte darin gerade ein frisch geschlachtetes Hühnchen. In einem zweiten Topf direkt daneben köchelte eine Suppe. Hannah lief das Wasser im Mund zusammen. Ihr fiel ein, dass ihr Lunchpaket immer noch unangetastet war. Sie war so in die Arbeit vertieft gewesen, sie hatte es schlichtweg vergessen.
    Die Männer sahen sie und winkten sie zu sich herüber. Hannah entschied, die Einladung lieber nicht anzunehmen. Die Kerle sahen ziemlich verwegen aus, außerdem wurde sie erwartet. Sie hob die Hand, lächelte und ging weiter.
    Weshalb hatte John sie hierherbestellt?
    Die Notiz, die heute Morgen auf ihrem Nachttisch gelegen hatte, lautete schlicht und ergreifend:
Prasat Prei, 18 Uhr. Verspäte dich nicht. Und sieh zu, dass du allein kommst. Kuss, John.
    Ihr schlug das Herz bis zum Hals, als sie daran dachte, was diese Botschaft bedeuten könnte. John hatte in den letzten Tagen immer wieder verschiedene Andeutungen gemacht. Er und Hannah waren zwar seit beinahe zwei Jahren ein Paar, aber von Heiraten war nie die Rede gewesen. Ihre Lebensplanung war einfach zu unsicher. Bis vor kurzem hatte es noch so ausgesehen, als ob John ans entgegengesetzte Ende der Erde reisen müsste, doch Stromberg hatte ein Einsehen gehabt und sie beide nach Südostasien geschickt. Doch wie lange? Und war das überhaupt wichtig?
    Vielleicht war heute der Tag, an dem John die eine Frage stellen würde. Hannah musste lächeln, als sie daran dachte, wie sie sich kennengelernt hatten. Dass sie zueinandergefunden hatten, grenzte schon fast an ein Wunder, vor allem wenn man bedachte, was ihnen in der Zwischenzeit alles widerfahren war. Manche Paare wären danach in verschiedene Himmelsrichtungen davongerannt, doch nicht Hannah und John. Es schien, als wären Schweiß, Blut und Adrenalin der Kitt, durch den ihre Beziehung nur noch fester wurde.
    Zugegeben, seit sie hier in Kambodscha waren, hatten sie nicht gerade viel voneinander gehabt. Die meiste Zeit ging für die Arbeit drauf, und abends, wenn alle zusammenhockten, gab es kaum mal die Möglichkeit, sich unbemerkt zu verziehen. Von den dünnwandigen Hütten, in denen sie untergebracht waren, ganz zu schweigen.
    Hannah gehörte einem Team an, das für die Restauration der empfindlichen Sandsteinfiguren zuständig war. Hauptsächlich Apsaras – Tänzerinnen – die unter der Wärme, Schwüle und Feuchtigkeit zu leiden hatten. Hannah war dank ihrer langjährigen Erfahrung im Bereich Sandsteinritzungen ein idealer Partner für das
German Apsara Conservation Project;
mittlerweile hatte sie fast jede der knapp zweitausend Tempeltänzerinnen auf diesem Gelände schon mal berührt. Durch das Beklopfen der Figuren war sie in der Lage, sehr rasch festzustellen, ob eine Figur hohl war oder nicht.
    Ihre bisherige Einschätzung war niederschmetternd. Von den Skulpturen waren rund 1300 akut bedroht und weitere 360 kaum noch zu retten. Die Gründe waren vielfältig: Wasserschäden, Erosion, Vulkanaschebefall. In jüngster Zeit waren zwei neue Patienten hinzugekommen: die kolossalen Tempel und Paläste in
Ayutthaya
und die buddhistische Tempelpyramide von
Borobudur
, die wie Angkor zum Weltkulturerbe gehörten.
    Ziel war es, die Tempel so lange wie möglich vor dem Verfall zu retten, doch das war natürlich nur ein Spiel auf Zeit. In einhundert oder zweihundert Jahren würden Pracht und Herrlichkeit der alten Khmer-Kultur zerfallen sein. Es sei denn, man erfand Verfahren, die diese Kunstgegenstände unzerstörbar machten.
    John arbeitete auf einem völlig anderen Gebiet. Er gehörte einem Team von Spezialisten an, die mit Hilfe eines neuartigen 3-D-Scanners ganze Steinblöcke vermaßen und virtuell
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