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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)
Autoren: Bree Despain
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haben. Daniel und Jude waren fort. Meine Mutter war in ihrem Kummer versunken. Mein Dad gab sich die Schuld für alles. Und selbst April ging mir aus dem Weg, da sie anscheinend zu schockiert war über das, was sie in der Kirche gesehen hatte.
    Ich zog meine Handschuhe aus und kniete mich in den Schnee. Dann knöpfte ich meine Manteltasche auf und zog den kleinen, geschnitzten Engel hervor, den Don für mich gemacht hatte. Ich fuhr mit dem Finger über sein grob geformtes Gesicht sowie die Worte, die ich in den Fuß der Figur geritzt hatte: Donald Saint Moon.
    Ich dachte daran, wie Simon Saint Moon wohl nur ein paar Wochen nach dem Tod seiner Frau diese Briefe und den Dolch erhalten hatte – ein paar Wochen zu spät. Ich stellte mir seinen Kummer vor, als er herausfand, dass Katherines eigener Bruder sie getötet hatte, stellte mir seinen Zorn vor, als ihm klar wurde, dass er ihren Tod hätte verhindern können, wenn nur dieses Paket früher gekommen wäre. Ich stellte mir Katherines Sohn Donivor, der nun mit diesem Vermächtnis, dem außergewöhnlichen Tod seiner Mutter, aufwachsen musste.
    War es Simon oder Doni, der sich als Erster der Aufgabe verschrieben hatte, die Werwölfe zu vernichten?
    Aus irgendeinem Grund glaubte ich, dass es Doni war. Er musste den Silberdolch und seine Mission an seinen Sohn weitergegeben haben, der sie wiederum an seinen weitergab, bis sie auf diesem Weg und nach all den Jahren zu Don Mooney gekommen waren, dem letzten der Saint Moons. Doch Don hatte sich von den anderen unterschieden: geistig zurückgeblieben und ganz allein in dieser Welt, nur vom Messer und den Geschichten seines Großvaters begleitet. Er war gestorben, als er versucht hatte, so wie seine Ahnen ein Held zu sein. Er war gestorben, bevor ich die Möglichkeit bekommen hatte, mich für seinen Rettungsversuch zu bedanken. Bevor ich ihm sagen konnte, dass ich es ihm verziehen hatte, dass er meinen Vater vor Jahren verletzt hatte.
    »Du gehörst auch hierher«, sagte ich und legte den kleinen hölzernen Engel neben Gabriel in den Schnee. Es schien mir eine weitaus bessere Gedenkstätte für meinen Freund zu sein als gleich einer Rübe oder Tulpenzwiebel in irgendein Feld gepflanzt zu werden. »Du bist ein Held.«
     
    »Die Leute werden noch glauben, du bist verrückt, wenn du nicht aufhörst, mit leblosen Objekten zu reden.«
    Ich fiel fast in Ohnmacht, als ich mich zu der Stimme hinter mir umdrehte.
    Und da saß er – auf der Steinbank, wo ich zum ersten Mal seine Hand gehalten hatte – und balancierte eine Astgabel zwischen seinen Knien.
    »Daniel!« Ich lief zu ihm und warf ihm die Arme um den Hals.
    »Autsch.« Er schreckte zurück.
    Ich bemerkte den Verband an seinem Hals und lockerte meinen Griff. »Sie haben gesagt, du seiest gegangen. Sie sagten, du seiest mitten in einem Schichtwechsel aufgestanden und rausgelaufen. Ich dachte, ich würde dich nie wieder sehen.«
    »Und du bist trotzdem hierhergekommen?«
    »Ich hatte gehofft … Ich hatte gehofft, dass du auch kämest.«
    Daniel küsste mich auf die Stirn. »Ich habe doch gesagt, dass ich da bin, solange du mich haben willst«, sagte er und setzte sein schiefes, ironisches Lächeln auf. »Oder sollte ich die Tatsache, dass du mir ins Herz gestochen hast, als zarten Wink verstehen, dass du Schluss machen wolltest?«
    »Halt die Klappe!«, erwiderte ich und boxte ihm in die Schulter.
    »Au.«
    »Tut mir leid.« Ich nahm seine Hände in meine. »Ich habe es nicht getan, um dich zu verletzen«, sagte ich und dachte an die Nacht in der Pfarrkirche. »Ich habe es getan, weil ich versprochen hatte, dich zu retten.«
    »Ich weiß«, sagte er und drückte meine Hand. »Und das hast du getan.«
    Ich betrachtete den Verband an seinem Hals und die blauen Flecken an seinem Kinn; Verletzungen, die er nun nicht mehr aus eigener Kraft heilen konnte. Ich küsste einen Kratzer auf seiner Hand. Der Geruch des getrockneten Bluts verursachte mir keine Übelkeit, so wie ich es befürchtet hatte. »Eines verstehe ich nicht«, sagte ich und lehnte mich an seine Schulter. »Wieso hat der Wolf nicht von mir Besitz ergriffen, als ich dir das Messer ins Herz gestoßen habe?«
    Daniel drehte mein Gesicht zu seinem hin. Er blickte mich fest an. Seine Augen waren so tief und ausdrucksvoll, so erfüllt von seinem ureigenen Leuchten – nicht länger nur ein Abglanz des Mondes. »Hast du das geglaubt? Dass du zu einem Werwolf werden würdest, wenn du mich rettest?« Seine Augen glänzten,
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