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Urangst

Urangst

Titel: Urangst
Autoren: Dean Koontz
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ein, und es verschlug ihr den Atem und die Kraft.

    Amy stieß einen kurzen gellenden Schrei aus, und als Brian sich umdrehte, sah er Vanessa hinter ihr, und Amys Gesicht war so weiß wie ihre Augäpfel.
    Trappelnde Pferdehufe auf steinernem Pflaster hätten nicht heftiger hämmern können als sein Herz, und er schoss nicht auf Vanessa, sondern zögerte, weil Amy in der Schusslinie stand.
    Sein Zögern traf zeitlich damit zusammen, dass er aus dem Augenwinkel Bewegung wahrnahm und einen Mann, mit Sicherheit Michael, mit einer Pistole in der Faust durch die offene Küchentür kommen sah.
    Brian war nicht mit der Waffe vertraut, die er dem Schützen abgenommen hatte, doch er schoss, ohne zu zögern, bevor auf ihn geschossen wurde. Es war eine Maschinenpistole; er drückte nur einmal kurz ab und fünf oder sechs Kugeln kamen heraus.
    Michael ging zu Boden, aber nicht zwangsläufig deshalb, weil er getroffen worden war, denn es konnte auch sein, dass er sich fallen ließ, um Deckung zu suchen, und als Brian sich wieder zu Vanessa umdrehte, sah er, wie sie ihr Messer ein zweites Mal in Amy stach, wieder von oben, und dann überraschte sie ihn damit, dass sie Amy einen Stoß in seine Richtung gab, und gleich darauf überraschte sie ihn noch einmal, indem sie schnell auf ihn zukam, während Amy zwischen ihnen nach vorn fiel. Vielleicht wäre sie über Amy geklettert, um ihm das Gesicht aufzuschlitzen, doch er leerte das Magazin in sie, und das war ihr Ende.
    Bebend vor Entsetzen warf er seine Waffe fort und ließ sich neben Amy auf die Knie sinken. Ihr Gesicht war nicht mehr weiß, sondern hatte sich inzwischen hellgrau gefärbt, und er nahm ihr die Pistole ab.
    Als er unter den Tisch schaute, sah er Michael auf der anderen Seite der Küche in einer Blutlache liegen. Er sah so
aus, als hätte seine Seele sein Fleisch bereits verlassen und bestiege den Zug zur Hölle. Sein Arm war vor ihm ausgestreckt, seine Pistole auf Brian gerichtet, und der Lebensfunke, der ihm geblieben war, genügte gerade noch, um abzudrücken.
    Die Kugel traf Brian in den Unterleib und schleuderte ihn von den Knien auf den Fußboden neben Amy, wo seine linke Hand in ihre nach oben gekehrte rechte Handfläche fiel.
    Wenn es endgültig um ihn geschehen war, wollte er ihre Hand drücken, aber er hatte nicht die Kraft und sie hatte sie auch nicht.
    Der Schmerz war heftig, eine tobende Weißglut, die sein Sehvermögen trübte, aber er sah trotzdem noch, wie Hope durch die Hintertür wankte und sich auf den Füßen zu halten versuchte, während Nickie sie mit der Kraft eines ganzen Gespanns von Schlittenhunden hinter sich her zerrte. Tatsächlich sah Brian, als er zu erblinden begann, in der eigentümlichen Euphorie, die mit einem gewaltigen Blutverlust einhergeht, wie Nickie über den Tisch auf ihn und Amy zugeflogen kam, und Hope flog auch, denn sie hielt mit einer Hand das Halsband der Hündin umklammert.

66
    Amy und Brian waren sich einig, dass sie nicht aus dem richtigen Holz geschnitzt waren, um Menschen zu töten. Sie hatten einfach nicht das Zeug dazu.
    Zum einen bedauerten sie sogar im Falle des nachweislichen Soziopathen Philip Marlowe, dass sie auf ihn hatten schießen müssen. Das erwies sich nämlich als der Name, unter dem Billy Pilgrim und Konsorten geboren worden waren, ein Name, den er nie benutzte hatte, weil er alles hasste, wofür er stand.
    Ihr Bedauern ging jedoch nicht so weit, dass es zu Reue heranreifte. Aber wenn sie daran dachten, dass sie auf Billy und Michael und Vanessa geschossen hatten, fühlten sie manchmal eine leichte Übelkeit in sich aufsteigen, doch im Allgemeinen sorgte Alka-Seltzer oder eine Magentablette für Abhilfe.
    Etwas anderes, worin sie nicht mehr gut waren, war grundlegende Skepsis in spirituellen Angelegenheiten. Amy war schon immer gläubig und für derlei Dinge aufgeschlossen gewesen, doch Geschichten wie Anrufe von toten Nonnen hätten die Grenzen ihrer Glaubensbereitschaft früher auf eine harte Probe gestellt.
    Brian hatte einen weiteren Weg zurückzulegen als sie; jetzt räumt er ein, dass es Rätselhaftes und Unerklärliches auf Erden gibt, ganze Schichten des Geheimnisvollen, und er sieht ein, dass das, was er in Nickies Augen gesehen hat, das Licht einer göttlichen Gegenwart war. Vielleicht die unschuldige Seele von Amys ermordeter Tochter, die ermächtigt
worden war, für kurze Zeit und zu einem klar definierten Zweck zurückzukehren, oder ein Engel.
    Er ist sich inzwischen sicher, dass es sich
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