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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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dieser neuen Realität nicht fertig werden.
      Es kam zu Zwistigkeiten, es kam zu schweren finanziellen Auseinandersetzungen zwischen ihrem Vater und ihrem Mann. Lietta blieb nur übrig, sich nach Chile zu flüchten. Zwischen den Vater und der Tochter traten Jahre des Schweigens.«
      Auch das eine höhnische Wiederholung. Wie vor vielen, inzwischen weit zurückliegenden Jahren das Schweigen zwischen Luigi und seinem Vater eingetreten war, so tritt jetzt das gleiche Schweigen zwischen Lietta und dem Vater ein.
      Lietta kehrt später nach Italien zurück und hat eine der beiden Töchter bei sich, die jüngere bleibt beim Vater in Chile zurück. Sie findet Luigi in einer anderen Gemütsverfassung vor: der Vater, der ihr noch einige Jahre zuvor die Aufkündigung der ehelichen Gemeinschaft anempfohlen hatte, ist nicht mehr derselbe. Im Grunde will er, daß Lietta wieder nach Chile zurückkehrt.
    Sie hat einen Ausländer geheiratet, sie kann nicht erwarten, in Italien zu bleiben, wenn ihr Mann es nicht will und sie zurückruft. Wenn sie glaubt, dazu berechtigt zu sein, soll sie die Trennung verlangen, die andere Tochter und den Unterhalt. Doch so, auf der Seite des Unrechts verharren, das sollte sie wirklich nicht. Und dann muß man sehen, ob die Fehler ihres Mannes von der Art sind, daß sie, nur um den Mädchen eine Familie und ein Heim zu erhalten, sie nicht vergeben kann. Meine Mutter vergab, obwohl sie wußte, daß ihr Gatte eine Tochter von einer anderen Frau hatte.
      Mit diesem letzten Satz, der daran erinnert, was für eine Bedeutung Don Stefanos Ehebruch für sein Leben hatte, schlägt Pirandello ein für allemal vor der Tochter die Türe zu. Seine persönliche Geschichte läßt ihn alles in einem anderen Licht sehen.
      Bald darauf reist Lietta wieder nach Chile ab. Sie sieht ihren Vater in Buenos Aires wieder, doch zwischen ihnen kehrt lastend das Schweigen der Briefe zurück.
      Der Vater hilft ihr, mit den Töchtern dann noch einmal nach Italien zurückzukehren. Am 13. Oktober 1936 wartet er auf sie bei der Ankunft des Schiffes.
    Keine zwei Monate später stirbt Pirandello.

    DIE WIEDERHOLUNG: FAUSTO

    Du weißt doch, wie Fausto ist, schreibt Pirandello in einem seiner Briefe an Lietta. Ja, wie ist Fausto eigentlich?
      Fausto ist ein junger Mann von wenigen Worten, er neigt dazu, sich in sich selbst zu verschließen und einem ganz eigenen Leben nachzuhängen. Er hatte das Humanistische Gymnasium wegen seiner Einberufung und auch wegen seiner Krankheit abbrechen müssen, und so nimmt er nach dem Krieg wegen seiner Neigung zur Malerei (was den Vater mit Freude erfüllt) Unterricht bei Lipinsky. Danach schreibt er sich an der Akademie für Aktmalerei ein. Dort folgt er dem Unterricht von Felice Carena. Die ersten »ausstellbaren« Bilder gehen auf eben das Jahr 1923 zurück. Luigi hat ihm ein kleines Atelier gemietet, er bezahlt ihm die Modelle, die sich zeitweilig abwechseln, zwei am Tag. In einem Brief vom 11. Juni 1922 spricht Luigi folgenderrmaßen über ein Bild von Fausto:
    Es ist ein großes Bild mit fünf Figuren: wenn es einmal fertig sein wird, was ich hoffe, wird es für Fausto eine schöne, starke Bestätigung sein, denn das Bild ist schön und stellt etwas dar. Es sind drei junge Frauen, nackt, bei einem Wasserspiegel, überrascht, verwirrt, entsetzt von der Erscheinung des Gespenstes des Alters, die ganz einfach eine alte Frau ist, ebenfalls nackt, und sich anschickt, zum Wasser hinabzusteigen, indessen aber unter ihnen weilt wie ein drohender Pilaster; hinter der Alten ist ein verwundert dreinblickendes kleines Madchen: der Hintergrund besteht aus Bäumen. Diese kurze Andeutung wird Dir ausreichen, Dir das Bild vorzustellen.
    Die Unterstreichung des bedeutet stammt von Pirandello.
    Aus der Sichtweise des neunzehnten Jahrhunderts betrachtet, dem Pirandello verbunden ist, stellt das Bild in der Tat das dar, was er seiner Tochter erzählt, eine Anekdote. Doch in dieser erzählerischen Betrachtung der Malerei liegt bereits der Keim für die kommende Divergenz zwischen Fausto und seinem Vater. Pirandello redet nicht über Farben, über Materialien, über Volumen, er nimmt nicht einmal von Ferne die Suche Faustos wahr, der in dieser Zeit unter dem Einfluß von Cézanne und des Expressionismus steht.
      Seit den frühesten Malversuchen Faustos versucht Luigi ihm seine ganz persönliche Weise, ein Bild zu malen, aufzuzwingen. Von Luigi sind keine Versuche oder Skizzen erhalten, sondern
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