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Unter Sternenjägern

Unter Sternenjägern

Titel: Unter Sternenjägern
Autoren: Jo Clayton
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dem Durst verschwinden.
    Er schlich vorsichtig in die Randbereiche des Lichts zurück. Er konnte das seidige Flüstern des Staubes hören, der gegen die Scheune wehte. Der Sturm schwoll an. Er dachte an die Hasen, die in der Sawasawa hockten, und lächelte grimmig. Hunderte von ihnen würden am Morgen tot sein und viele andere geschwächt – das würde ihren Marsch verzögern.
    Er streckte sich und gähnte, fühlte sich behaglich müde, und der Geist seines Großvaters wirkte stark auf ihn ein. Er ging an die Melk-Rinnen und brachte die Lampe zurück. Dann schaute er sich nach einem Schlafplatz um. Das Heu war feucht und stank nach Schimmel. Manoreh verzog das Gesicht. Eine weitere Anklage seiner Vernachlässigung. Sein Vater würde bekümmert sein. Manoreh stand still in der Dunkelheit und hoffte, daß Vater Ahn wie Großvater Ahn kommen würden, um endlich Frieden zu bringen und ein sanfteres Ende der Betrübnis. Er kam nicht.
    Manoreh seufzte und streckte sich auf dem Boden aus. Ein hartes Bett, und ein kaltes. Kurz trauerte er dem hinter Shindis Sattel festgebundenden Bündel nach, dann schickte er sich an zu schlafen. Sinnlos, etwas zu bedauern, das man nicht mehr ändern konnte. Das Lampenlicht flackerte, als der Ölvorrat geringer wurde. Er zog die Nase kraus über seinen Mangel an Überlegung. Offene Flamme in einer heugefüllten Scheune. Dumm. Er löschte die Ramme und legte sich dann zurück, um in die Dunkelheit hinaufzustarren.
    Über ihm verwandelte sich der Trockensturm in einen nassen, und Regen prasselte auf das Dach herunter. Er lauschte, ob es Löcher im Dach gab, und verspürte ein kurzes Aufblitzen von Stolz, als er keines feststellte. Er drehte sich auf die Seite und betrachtete das in der Dunkelheit kauernde vogelköpfige Gespenst, das wie ein Zerrbild gegen den rußigen Hintergrund sichtbar war. „Ich sehe dich, Gespenst.“
    Der stachelige Schädel senkte sich.
    „Sei geduldig, altes Gespenst. Ich brauche dich. Ich komme zurück.“
    Die Augenflecken pulsierten.
    „Du wirst hier auf mich warten?“
    Der Kopf senkte sich wieder.
    „Ja, du wirst warten.“ Manoreh zuckte zusammen, er war sich der Gefahr dieser Trennung bewußt. Im Lauf der Zeit würde das Gespenst verblassen. Sobald nichts mehr davon übrig war, war dieser Teil von ihm verschwunden. Er würde kalt, steif werden, würde kein Mensch mehr sein, auch wenn sich sein Körper weiterhin bewegte. Aber Haribu Hasenmeister war zu stark. Das Gespenst würde bleiben müssen, bis die Pachtgüter gewarnt waren. Und Kiwanji. Er fragte sich oberflächlich, ob Faiseh den Marsch gesehen hatte und seine Leute warnte. Er fiel in einen unruhigen Schlaf.
    Die Schwärze verschmolz zu einem Traum … Eine blasse Frau mit einer Haut wie fahler Bernstein … Augen, vor Überraschung geweitet … Augen, strahlend blaugrün wie der Himmel im Zenit, unmittelbar vor Einbruch der Nacht … Ein Gesicht, das er noch nie zuvor gesehen hatte … ein Typ, den er noch nie zuvor gesehen hatte … Alles falsch an ihr, um schön zu sein … Formen vage falsch … Beschaffenheit falsch … Lippen zu dünn … Augen falsch … falsch … zu stark … Rotes Haar … Dämonenhaar … Dämonenfarbe … Tastet nach ihm … Projiziert: FRAGE: DU/WER BIST DU? WAS BIST DU? – Furchtlos … Mit einer Dreistigkeit, die zu akzeptieren ihm bei einer Frau schwerfiel … Wer bist du? … Er versuchte, sich von ihr zurückzuziehen … unbehaglich … verwirrt von ihr … Sie war großartig … und falsch … ganz falsch … Etwas in ihm streckte sich nach ihr aus … Entfernt spürte er ihre Überraschung … spürte ein freundliches Zugreifen und eine treibende Neugier … Er riß sich los, schwebte davon und war in wenigen Minuten tief eingeschlafen.

 
2
     
    Kitosime ging die Stufen hinunter, den Rücken gerade, den Kopf erhoben, anmutig schwankend. Nach Jahren strenger Erziehung kannte ihr Körper seine Aufgabe, selbst wenn sich ihre Beine schwach fühlten und ihre Hände bebten, als sie sie das Geländer hinunterschob. Momentan war der Hof leer, ebenso die Veranda hinter ihr. Die Stille war kühl auf ihrer Haut. Beim letzten Schritt stolperte sie, fing sich jedoch, indem sie sich verzweifelt am Geländer festhielt. Einen Augenblick lang blieb sie zitternd stehen, die Augen geschlossen, ergriffen von einer Flut des Entsetzens. Ein Fehler an ihr, und Alter Mann Kobe würde sie wie einen zerbrochenen Topf wegwerfen. Er duldete keinen Makel an seiner Beute. Sie atmete tief
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