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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen
Autoren: Werner Legere
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Araber Algeriens sind Mohammedaner. Die Lehre Mohammeds besagt, daß alles, was im Leben geschieht, vorbestimmt ist. Der Mensch kann sich nicht gegen die Fügungen und Schickungen Allahs auflehnen.
    Es hat eben dem Allmächtigen, Allweisen gefallen, die Türken zu Beherrschern des Landes zu machen. Sein Name sei gelobt! Die Türken haben es immer verstanden, die mohammedanische Priesterschaft für ihre Interessen einzuspannen.
    Zum anderen waren die Völker der Regentschaft untereinander nicht einig. Zerfallen in Stämme, Dorfschaften, die Dorfgemeinschaften zum Teil obendrein noch in Soff s gespalten, und es gab keine führenden Köpfe, denen es gelungen wäre, Stammesfehden zu beschwichtigen und aller Gedanken auf die Befreiung zu lenken. Gewiß haben einzelne Stämme Plänkeleien gegen die Türken ge-führt, aber nur für eigene Belange und die Waffen sofort wieder niedergelegt, wenn sie glaubten, ihre Sache be-reinigt zu haben.
    Die Einwohner Algeriens, denen der Glaube die Hände gebunden hatte, rassisch verschieden, waren unter den Türken nie zu einem einigen Volk geworden; so konnten sie nicht die Macht anwenden, die Einigkeit gibt, und die Fremdherrschaft wie welkes Laub im Herbststurm hin-wegfegen. Daß es nicht geschah, nicht in Jahrhunderten, hat Europa viel Leid gebracht.
    Die Herrschaft der Türken über Algerien begann mit einem – Renegaten, dem berühmten und berüchtigten Seeräuber Horuk Barbarossa, Sohn christlicher Eltern, den der algerische König Selim Eutemi gegen die Spanier zu Hilfe gerufen hatte. Erst einundzwanzig Jahre alt, hatte man ihm, einem Meister in allen Künsten der Seeräuberei, die Führung eines großen Piratenschiffes übergeben, mit dem er die Küsten Italiens und Spaniens heimsuchte. Später kam er nach Algier, um dem be-drängten König beizustehen. Aber Horuk Barbarossa gefiel Algier, es gefiel ihm so gut, daß er nicht wieder fortging. Er beseitigte den gewählten algerischen König und machte sich selbst zum Herrscher.
    Nach großen militärischen Erfolgen war der grausame, rücksichtslose Horuk Barbarossa darauf bedacht, sein Reich zu festigen, was ihm auch gelang. Schließlich aber erteilten Spanier der algerischen Streitmacht eine große Niederlage und schlugen Horuk Barbarossa und einen großen Teil seiner Leute tot.
    Chair Eddin, der neue König, ein ebenso schlauer Fuchs wie sein Bruder Horuk, war in eine gefährliche Lage geraten. Er fühlte sich unfähig, zugleich gegen die Spanier und die eigenen Untertanen zu kämpfen. Kurz entschlossen übergab er 1519 das Königreich Algier dem türkischen Sultan Soliman und empfing es aus dessen Händen als Lehen zurück. Er wurde zum Pascha ernannt und erhielt zehntausend Janitscharen zur Unterstützung.
    Seit dieser Zeit lag die Oberhoheit über Algerien bei den Türken. Der Soldat regierte. Die eingeborene Bevölkerung – Araber, Mauren, Berber – mußte ihren Nacken vor den Fremdlingen beugen.
    Die Seeräuberei blühte. Kein Schiff auf dem Mittelländischen Meer war sicher, kein Friedens- und Freund-schaftsvertrag, der mit der Pforte in Konstantinopel, dem Oberherrn Algeriens, geschlossen worden war, schützte vor dem Zugriff der Korsaren. Die Türken in Nordafrika waren so mächtig geworden, daß sie dem Sultan in den Bart lachten.
    Trotzdem wurden die Paschas von Algerien weiterhin aus Konstantinopel geschickt. Meistens auf beschränkte Zeit. Man wußte es und richtete sich danach. In den paar Jahren, die man ungehindert herrschen konnte, mußten Reichtümer angehäuft werden, von denen man später geruhsam leben konnte. Die Schätze schwammen auf den Wögen des Meeres.
    Aber 1627 wählte man aus den Reihen der türkischen Miliz, aus den Reihen der Janitscharen, einen eigenen Herrscher, den Dey, der zugleich an der Spitze des Diwans stand. Die Araber, Mauren und Berber waren von allen Staatsämtern ausgeschlossen. Eine einzige Auf-stiegsmöglichkeit zwar blieb ihnen: als Korsar durch Können, Mut und Rücksichtslosigkeit die Anerkennung und den Dank der Türken zu erwerben.
    Algerien mußte sich selbst erhalten. Ein schweres Werk für den Dey. Die Einnahmen stammten zum größten Teil aus den Erfolgen der Seeräuberei. Kehrten die Korsaren ohne Beute zurück, dann hatte der Herrscher kein Geld, den Sold zu zahlen, und sein Leben war verwirkt.
    Immer kühner wurden die algerischen Piraten. Sie er-weiterten ihren Wirkungskreis, segelten über Gibraltar hinaus in den Atlantischen Ozean, tauchten im Ärmelka-nal auf,
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