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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01
Autoren: Douglass Sara
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Arkness spendierte fünfhundert Mastschweine aus eigener Zucht und trieb diese selbst nach Karlon. Der koloßhafte Herzog Roland der Geher (weil er zu fett zum Reiten war) versorgte das Fest mit zweihundertfünfunddreißig Karren voller Obst und Gemüse; Baron Falk von Romstal stiftete Bier in solchen Mengen, daß die Bürger noch drei Tage nach der Feierlichkeit nicht zur Arbeit erschienen, und dazu noch zweihundertzwanzig Fässer seines besten Roten. Baron Isgriff von Nor wußte, daß der Mensch bei einem solchen Gelage auch Unterhaltung wünscht, und schickte daher einhundertfünfundachtzig seiner besten Huren und Tanzknaben aus der Stadt Isbadd nach Karlon. Ein jeder Fürst stiftete, wovon er reichlich besaß, ging es doch darum, den König zu beeindrucken. Am großzügigsten erwies sich aber immer wieder Bornheld, der Herzog von Ichtar, der es sich nicht nehmen ließ, ganze Herden von Schafen und Rindern in die Stadt zu schicken. Dazu verteilte er auch noch eine ganze Handvoll Diamanten und Smaragde aus seinen Minen in den Urqharthügeln unter den Zünften. Bornheld könne es sich natürlich leisten, so spendabel zu sein, murmelten die anderen Fürsten einander bei wohlgefüllten Kelchen von Falks bestem Roten zu, schließlich habe er mehr Land als die meisten von ihnen zusammen.
    Abends zur neunten Stunde stopften die Karloniter sich guter Dinge an den diversen Festplätzen voll – am Rathaus, am Marktplatz und an sieben der größeren Zunftgebäude. Die Huren und Tanzknaben priesen vor diesen Orten ihre besonderen Dienste an. Abseits der Straßenfeste und der Festhallen wurde ein weniger lärmendes und dafür gesitteteres Bankett abgehalten, genauer im gold- und cremefarbenen Königspalast in der Stadtmitte.
    Bei der Festhalle des Palasts, im Volksmund auch Mondkammer genannt, handelte es sich um einen kreisrunden großen Saal, der an gewöhnlichen Tagen als Audienzhalle diente. Mächtige Alabastersäulen trugen ein hohes Kuppeldach, und diese hatte man mit einem das Auge ansprechenden Dunkelblau überzogen. Darauf waren in Gold und Silber die verschiedenen Phasen des Mondes dargestellt, und er schien durch ein Meer unzähliger, durch Edelsteine dargestellte Sterne zu schwimmen (daher der volkstümliche Name für diesen Saal). Auch am Boden hatte man nicht gespart und diesen mit smaragdgrünem Marmor bedeckt, der durchschossen war von goldenen Adern.
    Doch dieses Wunder konnte man heute abend kaum schauen, weil Dutzende Tische daraufgestellt waren – außerdem war zu dieser Stunde noch niemand betrunken genug, um entweder den Boden oder die Decke anzustieren. Gegenüber dem Eingang hatte man eine Empore errichtet, die sich nur wenig über die anderen Tische erhob. Dort saß Priam für gewöhnlich auf seinem Thron und empfing alle, die ein Anliegen vorzubringen hatten. Doch heute abend befand sich an dieser Stelle die königliche Tafel. Der Herrscher saß hier im engsten Kreis seiner Familie (von der nicht mehr allzu viele übrig waren) und der wichtigsten Reichsfürsten nebst Gemahlin. Jayme, dem Bruderführer des Seneschalls, gefiel es an seinem Platz. Er saß zwar nicht neben Priam, doch immerhin an der Tafel, und er war fest entschlossen, sich die gute Laune nicht von den Meldungen aus dem Norden verderben zu lassen. Die schlimme Entwicklung in jenem Teil des Reichs konnte er später immer noch unter vier Augen mit Priam bereden.
    Gleich unterhalb des Podests mit der königlichen Tafel stand ein längerer Tisch, an dem die Söhne und Töchter des Hochadels Platz genommen hatten. Und so setzte sich die Hierarchie des Reiches abnehmend durch den Saal fort. Je weiter jemand vom König entfernt saß, desto geringer seine Stellung. Bis hin zu den schon recht wackligen Tischen in den halbdunklen Nischen hinter dem Säulenrund.
    Faraday, die achtzehnjährige Tochter des Grafen Isend von Skarabost, nahm die Atmosphäre im Mondsaal in sich auf und blickte neugierig mit ihren grünen Augen um sich, denen man ihre Bildung ansah. Erst vor einem knappen halben Jahr war sie achtzehn geworden, und heute nahm sie zum ersten Mal an einem königlichen Bankett teil. (Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Heute befand sie sich auch zum allerersten Mal in Karlon.) Obwohl man sie nicht bei Hof erzogen hatte, waren ihr dennoch höfisches Benehmen und Kultur nicht fremd. Dafür hatte schon ihre Mutter Merlion gesorgt. Jahre hatte sie darauf verwendet, ihrer Tochter die Rituale und die Etikette bei Hof beizubringen. Die Schönheit
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