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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01
Autoren: Douglass Sara
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Zauberkünsten beherrschten. Man hatte sie jenseits der Grenzberge ins Schattenland und ins Eisdachgebirge getrieben. Danach hatten die Achariten unter Führung der Axtschwinger die dichten Wälder gerodet, in denen die Völker der Unaussprechlichen bislang Unterschlupf gefunden hatten, und Pflug und Fortschritt in das befreite Land gebracht. Die Sagen der Achariten wußten aber zu berichten, daß eines Tages diese Scharen die Festungslinie überschwemmen und von den Eisdachhängen herunterströmen würden, um das Gebiet zurückzuerobern, daß sie einmal das ihre genannt hatten.
    Der Bruderführer schritt jetzt langsamer und begab sich mit hängenden Schultern zur Feuerstelle. Er hielt die kalten Hände über die Flammen, bis ihm zu seinem Entsetzen auffiel, daß seine Finger zitterten. Rasch ballte er sie zu Fäusten und verbarg sie in den Falten seines Gewands. Obwohl zwischen den Berichten aus Gorken und Smyrdon noch kein Zusammenhang zu bestehen schien, befürchtete Jayme im tiefsten Herzen, daß sie miteinander zu tun haben könnten. Die Verantwortung, die seine Stellung mit sich brachte, lastete nun besonders schwer auf ihm.
    Moryson und Gilbert beobachteten ihn schweigend. Beiden war die Bedeutungsschwere dieser Meldungen bewußt, und beide wirkten erleichtert darüber, daß es nicht ihnen oblag, die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Der Ratgeber kratzte sich nachdenklich am Kinn. Er wußte nur zu gut, daß dem Reich schwere Zeiten bevorstanden.
    Langsam drehte sich Jayme zu seinen Gehilfen um. »Morgen feiert Karlon König Priams Namenstag. Die Feierlichkeiten enden mit einem Bankett im königlichen Palast, zu dem Seine Majestät mir eine Einladung geschickt hat. Er hat mir weiterhin mitteilen lassen, daß wir beide uns treffen sollten, um über die Lage in Gorken zu beraten. Weder Priam noch der Seneschall sind in der Lage, dieser Gefahr allein zu begegnen. Achar muß sich ihr vereint stellen. Nur wenn wir alle zusammenstehen, und zwar so fest wie nie zuvor, dürfen wir hoffen, der Gefahr der Unaussprechlichen widerstehen zu können. Artor hilf uns, jetzt und immerdar.«
    »Jetzt und immerdar«, antworteten die beiden anderen und leerten ihre Kelche bis zur Neige.

2 Am Hof von König Priam
    König Priams Namenstag galt in ganz Achar als Anlaß für große Feiern, und das traf ganz besonders auf die Stadt Karlon zu, wo gar ein Feiertag ausgerufen wurde. Am Morgen nahm Priam eine Parade ab, die sich durch die Straßen des uralten Orts wand. Wie stets saß der König unter einem reichverzierten Baldachin, der seine hochherrschaftliche Stirn gewöhnlich vor der Sonne schützte. Aber heute bewahrte er sein Haupt mit den eng gedrehten Löckchen vor einem unerwarteten Nieselregen. Trotz aller beunruhigenden Gerüchte aus dem Norden säumten die Bürger massenhaft die Straßen, um sich den Umzug anzusehen. Dieser wurde von den verschiedenen Zünften und Gilden der Stadt zu Ehren des Königs veranstaltet. Priam winkte allen Wagen und Fußgruppen fröhlich zu, auch wenn die Parade sich endlos hinzog und er sich beim siebenundfünfzigsten blumengeschmückten Karren bereits von Herzen langweilte. Doch nachdem auch die letzten Teilnehmer an ihm vorübergezogen waren, hielt er eine gutgelaunte Ansprache und dankte den Zünften für das herrliche Bild und die großen Mühen, die sie dafür auf sich genommen hätten. Natürlich verlor Priam auch einige huldvolle Worte an die Scharen von Kindern, die als Sprößlinge der Gildemeister ebenso begeistert wie talentlos während des Umzugs irgendwelche Lieder, Tänze oder Schaustücke dargeboten hatten. Die Bürger jubelten dem Herrscher zu, und Priam strahlte und winkte noch einmal der Menge zu. Danach eilten alle nach Hause, beschwerten sich über das unerwartet schlechte Wetter und fragten sich, ob die Feierlichkeiten am Abend davon beeinträchtigt werden würden.
    Der Namenstag bot Priam die Gelegenheit, wenigstens einmal im Jahr dem Volk von Karlon seine königliche Großmut zu beweisen. Jeder durfte zum Fest erscheinen und sich dort kostenlos den Bauch vollschlagen; nur wer das Bedürfnis hatte, sich beim Zechen zu setzen, mußte seinen eigenen Stuhl mitbringen. Da Zehntausende Bäuche gefüllt werden wollten, bedurfte das königliche Volksbankett Monate der sorgfältigen Planung und Vorbereitung. Und so erhielten die Fürsten der verschiedenen Provinzen des Reiches die Gelegenheit, ihre Treue gegenüber ihrem Lehnsherrn unter Beweis zu stellen. Graf Burdel von
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