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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz
Autoren: Alexander Kent
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Doppeltüren, und Sillitoe trat ein.
    Catherine hatte ihm das Porträt von Sillitoes Vater beschrieben, das sie beim Empfang in seinem Haus gesehen hatte. Valentine Keen hatte sie damals begleitet. Als Sillitoe jetzt in schiefergrauem feinen Tuch und glänzenden weißen Kniestrümpfen vor ihnen stand, verglich Bolitho die Gesichter, als habe er das Porträt selber gesehen. Sillitoes Vater war Sklavenhändler gewesen, »ein Kapitän, der mit schwarzem Elfenbein handelte«, wie der Sohn meinte. Baron Sillitoe of Chiswick hatte es weit gebracht, denn als man den König für geisteskrank erklärt hatte, war Sillitoes Stellung als persönlicher Berater des Prinzregenten so mächtig geworden, daß es kaum etwas in der nationalen Politik gab, das er nicht beeinflussen oder gar lenken konnte.
    Er verbeugte sich knapp. »Sie sehen sehr gut und sehr erholt aus, Sir Richard. Ich bin froh über die Entlastung Ihres Neffen!«
    Offenbar verbreiteten sich solche Nachrichten unter Sillitoes Spionen schneller als auf den Fluren der Admiralität.
    Sillitoe lächelte. Seine tiefliegenden Augen verbargen wie immer seine wahren Gedanken.
    »Er ist ein zu guter Kapitän, als daß man auf ihn verzichten könnte. Ich bin sicher, er wird Konteradmiral Keens Bitte annehmen. Ich denke, er sollte es. Ich glaube, er will es.«
    Bethune klingelte nach einem Diener. »Bitte, bringen Sie uns etwas zur Erfrischung, Tolan.« Das gab ihm Zeit, sich von dem Schock zu erholen, daß Sillitoe schneller informiert war als er selber.
    Sillitoe wandte sich Bolitho zu.
    »Und wie geht es Lady Catherine? Gut, wie ich annehme. Sicher freut sie sich, wieder in London zu sein.«
    Es machte wenig Sinn, ihm zu erklären, wie sehr sich Catherine nach Falmouth und dem ruhigen Leben dort zurücksehnte. Doch man war sich dieses Mannes nicht sicher. Er, der scheinbar alles wußte, hatte das vielleicht auch schon erfahren.
    »Sie ist glücklich, Mylord.« Er dachte zurück an die frühe Morgenstunde, in der Avery angekommen war. Glücklich? Ja, doch gleichzeitig verbarg sie, wenn auch nicht immer erfolgreich, ihre tiefe Furcht vor der unvermeidlichen Trennung. In der Zeit vor Catherine war das Leben einfacher gewesen. Er hatte immer akzeptiert, daß seine Pflichten dort lagen, wohin seine Befehle ihn führten. So mußte es wohl auch in Zukunft sein. Doch seine Liebe würde er dort lassen, wo Catherine war.
    Sillitoe lehnte sich über die Karte. »Kritische Zeiten, meine Herren. Sie werden nach Halifax zurückkehren müssen, Sir Richard – als einziger kennen Sie alle Stücke des Puzzles. Der Prinzregent war überaus beeindruckt von Ihrem Bericht und den Schiffen, die Sie verlangen.« Er lächelte trocken. »Selbst die Kosten schreckten ihn nicht ab. Jedenfalls nicht mehr als einen Augenblick lang.«
    Bethune sagte: »Der Erste Lord ist einverstanden, daß die Befehle in dieser Woche ausgestellt werden.« Er sah Bolitho verständnisvoll an. »Dann kann Konteradmiral Keen mit der ersten Fregatte ankeraufgehen, unabhängig davon, wen er sich als Flaggkapitän aussucht.«
    Sillitoe trat an ein Fenster. »Halifax. Ein trostloser Ort zu dieser Jahreszeit, hörte ich. Wir können dann dafür sorgen, daß Sie ihm folgen, Sir Richard.« Er drehte sich nicht um. »Ende nächsten Monats – würde Ihnen das passen?«
    Bolitho wußte, daß Sillitoe keine unnötigen Bemerkungen machte. Dachte er endlich auch einmal an Catherine und wie sie die Dinge aufnehmen würde? Grausam, nicht gerecht, zuviel verlangt – er hörte fast ihre Worte. Trennung und Einsamkeit. Weniger als zwei Monate, denn man mußte die unbequeme Reise nach Cornwall abziehen. Sie durften keine Minute verlieren, keine Minute ihrer Zweisamkeit.
    Er antwortete: »Sie werden mich bereit finden, Mylord.« Sillitoe nahm dem Diener ein Glas ab. »Gut.« Seine tiefliegenden Augen verrieten nichts. »Ausgezeichnet.« Damit meinte er sicher nicht den Wein. »Mein Wohl auf Sir Richard! Auf Sie und den Kreis verschworener Brüder.« Auch davon hatte er also gehört.
    Bolitho nahm das weitere kaum noch zur Kenntnis. Im Geiste sah er nur sie, ihren herausfordernden Blick, der doch so schützte.
    Verlaß mich nicht.

Um der Liebe willen
    Bryan Ferguson, der einarmige Verwalter der Besitzungen Bolithos, öffnete den Tabaktopf und hielt inne, bevor er seine Pfeife füllte. Er hatte einst geglaubt, daß er niemals mehr selbständig die leichtesten Aufgaben würde lösen können: wie etwas zuzuknöpfen, sich zu rasieren, eine
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