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Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)

Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)

Titel: Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
Autoren: Kirsten Greco
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hämmerte mit Kraft gegen die Ladentür. Sie sprang auf und lachte, während sie eine schmale, drahtige Figur hereinließ. Die blondgrauen Haare standen in alle Richtungen, der grüne Wollpullover wirkte zu groß und bildete einen scharfen Kontrast zu seiner abgetragenen Hose. Peter scherte sich genauso wenig um korrektes Auftreten, Mode oder Aussehen wie sie.
    »Guten Morgen, Anna. So früh schon so munter?«
    »Konnte nicht mehr schlafen, Onkel Schubert.« Annas Mundwinkel zuckten. Sie hakte sich bei ihm ein und schob ihn mit sanfter Gewalt in ihr kleines Reich.
    »Ich hab Kaffee gekocht. Und das letzte Brot können wir uns teilen. Heute Nachmittag trenne ich mich von unserem Besteck.«
    »Lass dich bloß nicht erwischen. Offiziell sind Hamstern und Kohleklau nämlich immer noch verboten.«
    Anna lachte und warf Peter einen schelmischen Blick zu. »Keine Sorge, ich hamstere nicht zum ersten Mal.«
    Peter legte feierlich eine braune Tüte auf den Tisch. Anna griff hinein und beförderte zwei Scheiben frisches Brot sowie ein Glas Marmelade hervor. Ungestüm schlang sie die Arme um die schmale Gestalt.
    »Mensch Peter, wo hast du das schon wieder her? Eines Tages kommst du noch in Teufels Küche.«
    Er schmunzelte. »Da war ich schon.« Für einen Moment verschwand das Lächeln. »Und, wo ist der Kaffee?«
    Sie aßen und tranken schweigend, während Peter sie kritisch musterte. »Na, Kleines, was ist los?«
    Sie warf ihm einen erstaunten Blick zu. Anna war sicher, mit nichts verraten zu haben, dass sie ein wenig durcheinander war. Ein wenig war die Untertreibung des Tages.
    »Anna, mir kannst du nichts vormachen. Der Schuh drückt schon eine ganze Weile, nicht wahr?«
    Sie ließ den letzten Krümel Brot im Mund verschwinden und schloss kurz die Augen. Peter nahm ihre Hand und lächelte ihr aufmunternd zu. »Es ist der Laden, nicht wahr?«
    Überrascht entzog sie sich seinem Griff. »Du bist niemandem verpflichtet, Anna, niemandem außer dir, auch nicht deinem Vater oder deiner Mutter.«
    Anna schluckte und würgte den Kloß hinunter, der sich plötzlich in ihrem Hals breitmachte.
    »Und, Kleines«, Peter ergriff erneut ihre Hand, »es ist außerdem nicht verboten, zu weinen. Du musst nicht immer und jedem beweisen, wie stark du bist.«
    Nun hatte er es geschafft. Eine vorwitzige Träne rollte über ihre Wange. Rasch wischte sie sich mit dem Handrücken durch das Gesicht. Nein, weinen war nicht verboten, doch wenn sie einmal begann, würde es eine Weile dauern, bis sie wieder aufhören konnte. Sie schniefte kurz, setzte sich aufrecht hin und erzählte.
     
    Peter kramte aus seiner Hosentasche ein riesiges, graues Taschentuch hervor. »Dein Vater war der Letzte, der wollte, dass seine Tochter unglücklich ist. Das Sonneneck war sein Leben, es muss nicht deins sein.«
    Anna nickte und schnäuzte sich geräuschvoll. Vor ihrem Fenster erwachte die Stadt. Kinder hüpften auf der anderen Straßenseite vorbei, bewaffnet mit Henkelmann und Papptornister. Dürr sahen sie aus. Wie lange würde es noch dauern, bis Hunger und Kälte nicht mehr den Alltag diktierten, bis die Ruinen verschwanden, bis man aufhörte, zurückzublicken und begann, nach vorn zu sehen?
    Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt. So konnte es nicht weitergehen. Ein kleiner Rotschopf grinste sie durchs Fenster frech an, streckte ihr die Zunge raus und flitzte davon.
    Recht hast du , Bange machen gilt nicht! Entschlossen drehte sie sich zu Peter um, der sie schmunzelnd beobachtete.
    »Ein Königreich für deine Gedanken, Kleines.«
    »Heute wird ein guter Tag, Onkel Schubert.«
    Er nahm sie in den Arm und drückte sie kurz. »So ist’s richtig, Mädel, mit Optimismus nach vorn sehen, das war schon immer deine Stärke. Und nun erzähl, du möchtest also nicht hinter der Ladentheke stehen. Was für Ideen spuken denn stattdessen in deinem schlauen Kopf herum?«
    »Ich möchte Blumen und Kräuter pflanzen. Ein Gewächshaus oder eine Gärtnerei vielleicht.« Triumphierend verschränkte sie die Arme vor der Brust. Na bitte, sie wusste also doch, woran ihr Herz hing.
    »Und, was spricht dagegen?«
    »Puh. Du bist gut, Peter, tausend Dinge sprechen dagegen, vom Sonneneck ganz zu schweigen. Ich hab nicht genug zu essen, keine ordentliche Kleidung, kein Werkzeug und keine Ausbildung. Nichts.«
    »Ist das alles?«
    »Wie bitte?« Ihr war wirklich nicht zum Scherzen zumute.
    »Das, mein Kind, sind Kleinigkeiten. Wenn es das ist, was du wirklich willst, dann wirst du es
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