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Winter, Jeanne

Winter, Jeanne

Titel: Winter, Jeanne
Autoren: Gefangen
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Gefangen
    Als ich die Augen aufschlug und nichts weiter als eine leere, weiße Masse vor mir sah, da war es mir sofort klar: So etwas, wie einen Himmel, gab es nicht. Das Nichts war das einzige, was einen nach dem Tod erwartete.
    Nach einer endlos erscheinenden Zeit geschah jedoch etwas mit dem weißen Nichts. Feine Rillen, Linien und Flecken kristallisierten sich aus der leeren Masse.
    Es war eine Decke, wie ich feststellen musste. Eine weiße Zimmerdecke. Ich wollte den Kopf zur Seite neigen. Es funktionierte nicht. Mein Hals war steif. Irgendetwas schmiegte sich erdrückend gegen ihn und sorgte dafür, dass ich mich nicht bewegen konnte. Das Atmen war schwerer als sonst. Was immer es auch war, ich wollte es von mir reißen!
    Meine Arme gehorchten mir nicht.
    Panisch riss ich die Augen auf und neigte den Kopf soweit nach unten wie es mir nur möglich war. Ich sah den Rest meines Körpers, begraben unter einer weißen Decke mit einem feinen, blauen Linienmuster, die mir bis zur Brust gezogen worden war. Die zwei Gipsverbände mussten wohl meine Arme beherbergen. Als ich dann auch noch die hochgezogenen Bettgitter sah sowie den abschließenden Metallrahmen zu meinen Füßen, wusste ich, dass dieses mobile Gefängnis nur ein Krankenhausbett sein konnte.
    »Schwester!« rief ich und erschrak. War das meine Stimme? Meine Kehle war ausgetrocknet. Sie brannte! Wo war bloß ein Glas Wasser? Ein Glas Wasser!
    »Schwester!« schrie ich erneut und verschluckte mich an meiner eigenen Spucke. Ich hustete. Das Brennen war mittlerweile unerträglich.
    Ich wartete, doch niemand kam. Verdammt, wo war ich denn hier nur gelandet? Man zahlte sich schon bei der gesetzlichen Krankenversicherung dumm und dämlich und dann kam niemand her? Wo war denn diese gottverdammte Schelle bloß?
    Ich neigte den Kopf wieder zur Seite, biss die Zähne aufeinander und schaffte es, meinen Nachttisch zur Rechten halb ins Visier zu bekommen. Dort lag sie. So nah und doch so fern. Wie sollte ich diesen großartigen, roten Knopf denn bitte drücken wenn er unerreichbar war?
    »Schwester!«
    Wieder kam niemand.
    Ich seufzte, schloss die Augen. Und prompt hatte ich diesen hellen Ring vor meinem geistigen Auge. Und einen zweiten. Die Scheinwerfer! Das letzte, was ich gesehen hatte. Und der Grund warum ich wohl hier war.
    Mit meinem Rad war ich die Hauptstraße entlang gefahren... Ja, die Erinnerung erwachte langsam in mir. Ich war die Hauptstraße entlanggefahren und plötzlich schoss ein PKW aus einer Seitenstraße und rammte mich. Danach gab es nichts als Schwärze. Ich konnte mich nicht mal an den Aufprall erinnern. Verdammt und dieser PKW? Nicht mal die Autofarbe wollte mir in den Sinn kommen.
    Doch dumpf konnte ich mich plötzlich daran erinnern weshalb ich unterwegs war. Der Geburtstag meiner Tochter. Verdammt. Der 4. Geburtstag meiner Prinzessin. Ich war wieder auf dem letzten Drücker unterwegs, weil ich es beruflich nicht geschafft hatte.
    »Schwester!«
    Endlich öffnete sich die Tür. Eine Schwester im blauen Kasack betrat das Zimmer und blickte mich an.
    »Herr Flamme?« fragte sie vorsichtig.
    »Bin wohl ich…« nuschelte ich. »Seit wann bin ich hier? Könnten Sie mir bitte etwas zu trinken bringen? Meine Kehle…«
    Die Schwester antwortete mir nicht. Stattdessen entglitten mit jedem meiner Worte ihre Gesichtszüge mehr und mehr.
    »Herr Flamme?« fragte sie erneut und ging einige Schritte auf mein Bett zu.
    »Ja. Was ist los? Stimmt irgendetwas nicht mit mir?«
    Entgeistert musterte sie mich flüchtig, danach glitt ihr Blick an meiner rechten Seite vorbei. Erneut biss ich die Zähne zusammen, aber dieses Mal ließ dieses Ding, das meinen Hals fast erdrückte, nicht zu, dass ich das sehen konnte, was sie sah. Plötzlich stürmte sie panisch aus dem Zimmer.
    »Hey, wo rennen Sie hin?!«
    Verdammt, was war denn hier los? War ich entstellt? Gott, wieso hat sie denn nicht mit mir geredet?! Oder war ich doch tot? Nein… nein, das konnte nicht sein, dafür schmerzte alles viel zu sehr!
    »Wieso kommt denn niemand zu mir?!« brüllte ich aus Leibeskräften. Doch meine Worte gingen wieder in einem heiseren Husten unter.
    Wie lange ich letztlich in meinem Bett lag, wusste ich nicht. Mein Zeitgefühl war absolut im Eimer. Es hätten Minuten oder Stunden sein können. Irgendwann glitt die Tür wieder auf und vier Männer in weißen Kitteln und zwei Schwestern betraten das Zimmer.
    »Werde ich jetzt hier endlich mal aufgeklärt was los ist?« fragte ich
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