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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren
Autoren: Andreas Franz
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dachte ich immer, ich könnte keinen Menschen lieben. So kann man sich täuschen. Sie ist die erste Frau, bei der ich nicht den Wunsch verspürt habe, sie zu töten. Ganz im Gegenteil, ich würde sie beschützen, wenn es in meiner Macht läge. Gleichzeitig ist mir klar geworden, dass ich mein Leben nicht rückgängig machen kann. Es gibt keine Zukunft für uns. Sie denkt wohl, wir hätten eine, aber ich konnte ihr natürlich nicht sagen, dass ich der Teufel höchstpersönlich bin, obwohl sie es sowieso spätestens morgen erfahren wird – oder auch nicht. Also habe ich beschlossen, dem allen ein Ende zu bereiten. Ich werde nicht mehr nach Hause zurückkehren, wo ich die dummen Fressen meiner werten Frau Mama und meines lieben Weibes sehen muss . Um meine Töchter tut es mir ein bisschen leid, wenn sie erfahren, was ihr Vater angerichtet hat. Aber in ein paar Minuten ist alles vorbei, und dann brauch ich nicht mehr drüber nachzudenken. Außerdem werden sie irgendwann sowieso ihr eigenes Leben führen. «
    Henning merkte, dass sein Gegenüber zu allem entschlossen war, auch wenn er ganz ruhig wirkte. Er fragte, um ihn hinzuhalten: » Warum haben Sie nie versucht sich von Ihrer Mutter zu lösen? «
    » Hast du es je geschafft, dich ganz von deiner Mutter zu lösen …? «
    » Meine Mutter ist schon lange tot. «
    » Wie gut für dich, wie gut, wie gut, wie gut. Manche Menschen sind eben echte Glückspilze. Aber um deine Frage zu beantworten – sie hat es nicht zugelassen. Sie hat mich mit meiner Frau verkuppelt, sie ist mit uns hier hoch gezogen und hat sich gleich von Anfang an bei uns eingenistet. Die beiden hängen zusammen wie die Glucken, und meine Frau ist inzwischen genauso geworden wie meine Mutter. Ich habe keine Lust mehr auf diese blöden Weibsbilder. Deshalb wird es jetzt gleich einen großen Knall geben. «
    » Und was ist mit meiner Tochter? «, fragte Henning sichtlich aufgewühlt und sah zu Lisa, die völlig gelassen schien .
    » Ach, die liebe Elisabeth «, antwortete Butcher und machte ein gespielt trauriges Gesicht. » Da fällt mir doch glatt ein altes Lied ein, du weißt schon: Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt … Sie wird bestimmt mal eine hübsche junge Dame, doch wahrscheinlich lässt sie sich schon in ein oder zwei Jahren von irgend so einem dahergelaufenen Kerl durchficken. Die Jugend heute ist verdorben, aber das weißt du ja selbst. Nun, ich habe mir da was überlegt, ich weiß aber nicht, ob du damit einverstanden bist. Ich würde gerne die Hundert voll machen, die Hundert, die Krönung, bin ich, nur die Neunundneunzig fehlt. Kannst du dir denken, was jetzt kommt? Nein, vermutlich nicht, deshalb werde ich es dir sagen: Ich schlage dir einen Deal vor – deine liebenswerte Kolle gin gegen deine Tochter. Bin ich nicht nett? Du oder besser ihr habt die Wahl. «
    » Das ist Wahnsinn! Sie sind wahnsinnig! «, schrie Henning Butcher an und wollte aufspringen, doch Lisa legte eine Hand beruhigend auf seinen Arm. » Sie verlangen, dass Frau Santos … «
    » Piano, piano, du brauchst nicht so zu schreien, ich bin nicht schwerhörig, außerdem ist das hier ein friedliches Stück Land. Schreie ich vielleicht? Selbst im Angesicht des nahenden Todes bewahre ich die Contenance, das habe ich schon früh gelernt. Immer die Ruhe bewahren. Es liegt in deiner Hand, Monsieur Le Commissaire. Und natürlich auch in deiner, liebste Lisa, ich möchte die Entscheidung schließlich nicht für dich treffen.« Und an Henning gewandt: »Denk mal praktisch. Mit dem Tod deiner Tochter hättest du die Schuld gesühnt, die du durch den Tod von Nissen auf dich geladen hast. Aber ich will nett sein und schlage deshalb diesen Kompromiss vor. Man soll hinterher nicht sagen, ich sei nicht wenigstens ein bisschen entgegenkommend und human gewesen. Mein Abgang wird jedenfalls ein richtiges Feuerwerk sein. Hier oben ist ja sonst nicht gerade viel los. Also, was ist? Ich gebe euch fünf Minuten Bedenkzeit.«
    » Wie kann ich Sie nur dazu bringen, meine Tochter gehen zu lassen? «
    » Gar nicht, weil ich das personifizierte Böse bin … «
    » Nein, das stimmt nicht «, unterbrach ihn Henning entschieden. » Es gibt kein personifiziertes Böses. Sie wurden doch nicht als Mörder geboren … «
    » Spar dir deine philosophisch-religiösen Ergüsse. Klar, meine Mutter ist schuld, nur, ich hatte keine Wahl. Wusstest du eigentlich, dass die ersten acht Lebensjahre einen Menschen am meisten prägen? Aber wenn man sein
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