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Unsichtbare Blicke

Unsichtbare Blicke

Titel: Unsichtbare Blicke
Autoren: Frank Maria Reifenberg
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auch schon ewig niemand mehr drin. Es muss ein weiteres Gebäude geben», sagte Petra Kronen.
    «Die Zahlen», murmelte Saito.
    Petra Kronen nickte.
    «Hörte sich nicht danach an, als hätte einer draußen einen abgehen lassen», sagte Muthaus. «Klang nach was Fettem», fügte er mit hochgezogenen Augenbrauen hinzu.
    «Nach was Fettem?»
    Muthaus nickte. «Nix, was man mit einer Hand hält.»
    «Scheiße», murmelte Stella und wiederholte das Wort laut und deutlich, als sie im nächsten Augenblick die dunklen Rauchschwaden entdeckte, die irgendwo hinter der einstöckigen Gebäudegruppe, die Kronen und Muthaus durchsucht hatten, aufstiegen. Einen Herzschlag später hörte sie Schreie.
    «Los!»
    Stella zog nun selbst ihre Dienstwaffe aus dem Holster. Miki schaute sie überrascht an. Er hatte seine Chefin noch nie mit der Waffe in der Hand gesehen. Ohne weitere Worte folgte er Stellas Anweisung, bei ihr zu bleiben. Die beiden anderen wies sie an, in einem Bogen nach rechts auszurücken.
    Die Schreie wurden lauter. Ein Mädchen. Hysterisch, verzweifelt.
    Gut, dachte Stella, gut, verdammt noch mal gut. Wenn sie schreien kann, lebt sie, eine einfach Rechnung. Egal, was er mit ihr anstellte, sie hatten eine Chance. Gleichzeitig wies das Gekreische ihnen den Weg.
    Sie bewegte sich zielstrebig und rasch, aber vorsichtig durch das Wäldchen. Das Grundstück war verwildert, Sträucher, Büsche und Laubbäume, Buchen vorwiegend. Die heißen, regenarmen Tage hatten aus dem Kleinholz, den Blättern und Resten von umgestürzten Bäumen eine dicke trockene Schicht werden lassen, die unter ihren Füßen knisterte und knackte. Das brennt wie Zunder, war Stellas erster Gedanke, als sie sich der Quelle des Rauches näherten.
    Aus einem versteckten Steinportal, es erinnerte Stella an ein Grabmal oder den Zugang zu einer Gruft, quollen dicke schwarze Rauchschwaden. Von Josie oder David Wester fand sich keine Spur.
    «Sind die dadrin?», fragte Miki mit ungläubigem Blick.
    Stella wollte sich nicht ausmalen, was das bedeutet hätte. «Was ist das?», fragte sie.
    «Keine Ahnung.» Saito zuckte die Achseln.
    Kronen und Muthaus stießen zu ihnen.
    Plötzlich gellte wieder ein Schrei durch den Wald.
    «Sie können nicht weit sein», sagte Stella und lief weiter. Ein paar Meter hinter einer umgestürzten Buche entdeckte Stella sie. Obwohl das Mädchen in einem verdreckten Zustand war, erkannte Stella Josie sofort. Selbst in solch völliger Auflösung strahlten ihre Haare noch rot. Sie war vor dem mächtigen Stamm des Baumes in die Knie gegangen. Direkt neben ihr hockte eine zweite Gestalt, die einen noch erbärmlicheren Eindruck machte.
    «Er hat eine zweite Geisel», murmelte Stella.

66
    Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten. Ich konnte Lena nicht mehr mitschleppen, aber ich konnte sie auch nicht sich selbst überlassen, zu sehr befürchtete ich, er würde den nächsten Schuss auf sie abfeuern. Mit dem ersten hatte er das Benzin entzündet und den sonderbaren Keller mitten im Wald in Brand gesetzt.
    «Sie werden keine Spur von uns finden», lachte er und befahl uns, zu den einstöckigen Gebäuden, die wir durch den nicht sehr dichten Laubwald erkennen konnten, zu laufen. Als er dort ein paar Leute entdeckte, änderte er seinen Plan und scheuchte uns in die entgegengesetzte Richtung.
    Das ansteigende Gelände war verwildert, Unterholz, Büsche, unter Laubhaufen und abgebrochenen Ästen verborgene Kuhlen und Löcher erschwerten uns das Fortkommen.
    Lenas schwerer Atem, ihre Lunge rasselte bei jedem Atemzug, mein Herzschlag, der mir in den Ohren dröhnte, seine Stimme, die uns antrieb, der frische Duft des Waldes, harzig und voller Würze, die ersten Sonnenstrahlen des Morgens – alles umschlang mich, wirbelte meine Sinne durcheinander. «Ich kann nicht», keuchte Lena. Sie sank vor dem dicken Stamm eines umgestürzten Baums in die Knie.
    «Weiter.» Er stieß Lena mit dem Gewehrlauf in die Seite und zerrte mich am Arm. Ich widersetzte mich, kniete mich einfach vor Lena, während er über die Barriere, die das Holz bildete, kletterte.
    «Wester!», hörte ich eine Stimme von weiter unterhalb. «Bleiben Sie stehen. Sie kommen hier nicht weg.»
    Einen kurzen Moment lang war alles still; nur das Rauschen der Bäume, ein paar Vögel begrüßten zwitschernd den Tag, unser Keuchen. Er sagte nichts. Er hockte hinter dem Baum, wir davor. Kaum zwanzig Meter weiter unten bewegten sich vier Gestalten durch den Wald auf uns zu, an der
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