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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia
Autoren: Berte Bratt
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deiner?“ fragte er höflich, als Claudia angerast kam, und hielt ihr den verbeulten Apparat unter die Nase. „Ja – ich wollte nur sehen, ob…“
    „Da gibt’s nichts mehr zu sehen! Freu dich, daß es hier im Hause einen Müllschacht gibt, dann weißt du ja, wohin damit. Wunsch dir zu Weihnachten einen neuen – “ Lachend lief der Junge weg und Claudia stand da mit den Trümmern des Apparates in den Händen.
    Erst als sie nach oben gekommen war und wieder aufschließen wollte, entdeckte sie das Schreckliche:
     
     

     
     
    Sie hatte den Schlüssel drinnen vergessen! Die Schnur mit dem Schlüssel daran lag auf dem Küchentisch. Sie hatte in der Eile an nichts weiter gedacht, war nur auf und davon gerast und hatte die Tür hinter sich zugeschlagen!
    Und Geld hatte sie nicht bei sich und keinen ordentlichen Mantel an, keine Handschuhe und keine Mütze – und nicht einmal ein Taschentuch! Nicht einmal die Möglichkeit, sich des Apparates zu entledigen, denn der Schlüssel zum Müllschacht hing an seinem Haken in der Küche!
    Was sollte sie tun?
    Sie wollte bei Elsa klingeln. Elsas Mutter bitten, ihr Geld für die Straßenbahn zu leihen, damit sie in die Stadt zu Wederholm fahren und sich Muttis Schlüssel ausbitten konnte.
    Claudia trippelte in den vierten Stock hinunter und läutete. Alles blieb still. Sie klingelte ein zweites Mal – ohne Erfolg.
    Elsa schien schon gegangen zu sein. Ihr Vater war im Büro, und die Mutter machte wohl Besorgungen.
    Da stand Claudia nun.
    Eine Stunde später ging eine durchfrorene kleine Gestalt durch den großen Eckeingang von Wederholms, eine kleine – oder genauer ausgedrückt, eine mehr dünne als eigentlich kleine –, aber durchfroren war die Gestalt jedenfalls, und die Nase war rot und lief, und die Hände waren in den Taschen der abgetragenen alten Jacke vergraben.
    Unter dem Arm trug die kümmerliche kleine Gestalt die verbeulten Reste eines Photoapparates.
    Claudia war sich noch nie so elend vorgekommen. Und so sollte sie sich in der Kinderkonfektions-Abteilung zeigen – und vor allem der Mutti, die immer ihre Ehre darein setzte, daß ihre Tochter hübsch und ordentlich angezogen ging.
    „Weißt du, ich bin dazu verpflichtet, mein eigenes Kind vorbildlich zu kleiden, wenn ich den ganzen Tag dastehe und anderen Müttern beibringen soll, wie sie ihre Kinder anziehen müssen“, lachte Mutti, wenn sie wieder mit einem neuen und hübschen Kleidchen für Claudia nach Hause kam.
    Und jetzt sollte sie in einer uralten Jacke und ohne Handschuhe und ohne Taschentuch hier erscheinen, wie ein ganz verwahrlostes Gassenmädchen.
    Claudia schnaufte hörbar und wischte sich mit dem Handrücken heimlich einen Tropfen von der Nase weg. Und dann trat sie ihren Spießrutenlauf durch die große Halle im Erdgeschoß an. Die Kinderabteilung lag im ersten Stock.
    Sie war gezwungen, durch die Halle zu gehen, um zur Rolltreppe zu kommen.
    Da steuerte plötzlich ein Herr gerade auf sie zu, mit lächelndem Gesicht.
    „Nanu, Claudia! Was ist denn mit dir los, Mädchen? Hast du dich etwa ausgesperrt?“
    „Konntest du dir das gleich denken, Onkel Peter?“
    „Ich bin doch nicht von gestern! Wenn Anita Kellers Tochter in diesem Aufzug in die Stadt kommt, dann gibt es nur eine Erklärung – bitte sehr!“
    Ein großes, schneeweißes Taschentuch wurde Claudia in die Hand gedrückt, und nie hatte sie bisher gewußt, daß es so schön und so beruhigend sein konnte, sich die Nase zu putzen.
    „Und dann brauchst du Fahrgeld nach Hause, nicht wahr? Jaja, das ahnte ich schon. Und was ist das für eine windschiefe Ausgabe von einem Photoapparat, die du da unter dem Arme hast?“
    „Das – ach, das ist nichts weiter, Onkel Peter…“ Claudia versuchte, den Apparat vor Onkel Peters scharfen Augen zu verbergen. Und sie sah so unglücklich aus, daß Onkel Peter seinen Arm um ihre Schultern legte.
    „Komm eben mal mit zu mir herein“, sagte er. „So früh am Tage ist es in meiner Abteilung ruhig. Du kannst dich doch in dem Aufzug nicht in der Kinderkonfektion zeigen. Und nun beichte mir mal deine Sorgen!“
    Onkel Peter hatte eine so offene und herzliche Art, daß Claudia mit ihm ging und sich mit einem Male geborgen fühlte.
    Hinter dem Verkaufstisch, der ganz aus Glas bestand, mit Angelhaken und Schnitzmessern und Taschenlampen und Trinkbechern, war eine Tür, die in einen winzig kleinen Büroraum führte. Nur ein Schreibtisch und ein Stuhl hatten hier Platz.
    Onkel Peter drückte Claudia auf
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