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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia
Autoren: Berte Bratt
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nicht zu leugnen. Er und Mutti tauschten komische Erlebnisse aus ihrem Beruf aus. Mutti erzählte von einer Kundin, die ankam und ein Kindertanzkleid tauschen wollte, das ohne Zweifel getragen war, und Herr Brodersen erzählte von einer alten Dame, die einen Hundekorb für ihren Pekinesen kaufte, lange nach dem richtigen suchte und verlangte, der Korb solle gepolstert und mit rosa Seide überzogen werden – „denn Nippy schwärmt für rosa.“
    Claudia lachte, daß sie sich fast verschluckte.
    „Das muß ich Großmama erzählen“, lachte sie. „Großmama hat auch einen kleinen Hund, aber ich glaube nicht, daß der ein rosaseidenes Bett hat!“
    „Wohnt deine Großmutter hier in der Nähe?“ fragte Herr Brodersen.
    Claudia erzählte, daß ihre Großmutter in Eulenstedt wohne, und daß die Eisenbahnfahrt fast fünf Stunden dauere, und daß man dreimal umsteigen müsse, und diese Reise würden sie am neunten Januar machen, um Großmamas siebzigsten Geburtstag zu feiern.
    „Das ist ja nicht von Pappe“, meinte Herr Brodersen, „jede Fahrt fünf Stunden, und dann am nächsten Morgen ins Geschäft! Nein, da habe ich einen besseren Vorschlag – hören Sie zu, Frau Keller, wir bestellen Claudia am neunten Januar auf zwei Uhr pünktlich in unsern Laden, und dann hüpfen wir in unsere Kaffeemühle, und ich fahre Sie beide zur Großmama. Wie wäre denn das? Und am nächsten Abend hole ich Sie vor Großmamas Tur wieder ab, und dann geht es auf dem kürzesten Weg nach Hause. Das ist doch ein schöner Vorschlag, das muß ich wirklich selber sagen!“
    „Sie sind viel zu liebenswürdig“, sagte Anita Keller. „Aber was wollen Sie nur den ganzen Sonntag in Eulenstedt machen?“
    „Verwandtschaftliche Beziehungen pflegen“, lächelte Herr Brodersen. „Ich habe einen Vetter in Eulenstedt, den werde ich besuchen. Ist ohnehin schon so lange her seit dem letzten Male. Dann schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe!“
    „Wie herrlich!“ sagte Claudia. „Denk bloß, dann haben wir auch noch den ganzen Samstagabend bei Großmama!“
    „Ich finde fast, ich kann es gar nicht annehmen-“, begann Frau Keller.
    „Aber was für ein Unsinn!“ sagte Herr Brodersen. „Gönnen Sie mir das Vergnügen nicht? Nicht wahr, Claudia, mein Vorschlag ist doch großartig? Übrigens, weißt du, Claudia, was ich finde? So groß und so lang wie du jetzt bist, muß ich wirklich in allernächster Zukunft schon Sie zu dir sagen, wenn wir nicht eine andere Regelung treffen. Du könntest mich zum Beispiel Onkel Peter nennen und ebenfalls du zu mir sagen, wäre das nicht das einfachste?“
    In Herrn Brodersens Stimme lag so viel Wärme und Güte! Claudia sah die Mutter fragend an, und Mutti lächelte. Ihre Augen hatten einen neuen Glanz.
    „Ja – tausend Dank… Onkel Peter!“ sagte Claudia… Claudia deckte den Tisch ab und stellte das Geschirr in der Küche zusammen.
    „Laß den Aufwasch nur stehen, Claudia, den machen wir heute abend zusammen“, meinte die Mutter.
    „Ich mach’ ihn aber gern“, sagte Claudia. „Ich habe richtig Lust dazu! Geh du nur hinein, Mutteichen! Du mußt doch Herrn Bro… Onkel Peter unterhalten.“
    „Du meinst also, ich soll dir das allein überlassen?“
    „Ja, darf ich es nicht allein machen? Jetzt sei mal ein richtig guter Kamerad, Mutti. Ein andermal machst du es dann allein!“
    „Nun gut“, lächelte Mutti, „dann werde ich also ein guter Kamerad sein!“ Plötzlich drückte sie Claudia an sich.
    „Mein Mädelchen. Du bist ein großartiger Kerl!“ Und abermals stieg diese ungewohnte Röte in Muttis Wangen, und sie ging hinein – zu Onkel Peter.
    Claudia ließ Wasser in das Abwaschbecken einlaufen. Sie verstand sich selber nicht – begriff nicht, weshalb sie gerade jetzt allein sein mußte.
    Onkel Peter war wirklich so nett. Er war so vergnügt und munter und gut. Aber er hatte sich in Muttis und Claudias Samstagnachmittag hineingedrängt und ihre Samstagsgewohnheiten durcheinandergebracht. Er hatte in diesen kostbaren Stunden Claudia sozusagen ihre Mutti weggenommen, auf die sie sich die ganze Woche gefreut hatte.
    Es war so freundlich von Onkel Peter, daß er sie zu Großmama fahren wollte. Aber – es wäre auch gemütlich gewesen, mit Mutti im Zug hinzufahren. Mit Mutti ganz allein…
    Es gab auf der ganzen Welt keine zwei Menschen, die es so schön miteinander haben konnten wie Mutti und sie selber, dachte Claudia. Ihre Freundinnen beneideten sie fast, wenn sie davon erzählte, wie frei
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