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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen
Autoren: Carter Brown
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Dollar, über Jerome Williams’ Geschichte von der Party
auf Long Island und dem anschließend belauschten Gespräch bis zu den
Ereignissen, die sich abgespielt hatten, nachdem Mannie Karsh abends gegen
sieben Uhr in meine Wohnung getreten war.
    Nur ein paar Geringfügigkeiten
ließ ich unerwähnt — die dreitausend Dollar zum Beispiel und die beiden
Telefongespräche, die ich gerade geführt hatte.
    »Miss Soong ist Augenzeugin,
daß Sie Karsh in Notwehr umgebracht haben?« fragte er mürrisch.
    »Natürlich«, erwiderte ich.
    »Warum haben Sie sich nicht
gleich an mich gewandt, nachdem Sie Williams’ Geschichte gehört hatten?«
    »Das wollte ich heute abend tun, Leutnant«, sagte ich in aufrichtigem Ton.
»Ich war ja erst ein paar Minuten in meiner Wohnung, als Karsh auftauchte, und
danach bin ich nicht mehr dazu gekommen.«
    » Oyster Bay gehört nicht in meinen Bereich«, keuchte er verstimmt. »Ich werde das
zuständige Revier anrufen, damit die sich um Karshs Leiche kümmern und weiterbuddeln,
um zu sehen, was noch von Eva Mandell übrig ist. Sie warten am besten, bis...«
    »Dürfte ich Sie einen
Augenblick unterbrechen, Leutnant?« fragte ich. »Miss Soong ist nach dem, was
sie durchgemacht hat, ziemlich fertig und würde gern nach Manhattan
zurückkehren. Ich selber fühle mich, ehrlich gesagt, auch nicht übermäßig gut.
Für die Polizei hier wären wir sowieso keine Hilfe.«
    »In Miss Soongs Interesse mache
ich — inoffiziell — eine Ausnahme«, grunzte er. »Aber hören Sie, Boyd! Sie
fahren direkt nach New York zurück, setzen Miss Soong ab und kommen geradewegs
in mein Büro. Verstanden?«
    »Mache ich, Leutnant«, log ich,
ohne rot zu werden. »Besten Dank, das war sehr nett von Ihnen.«
    Ich legte auf und blickte zu
Marie hinüber. »Das vereinfacht die Dinge mit der Polizei«, sagte ich
optimistisch. »Jetzt können wir endlich nach Hause, Liebes.«
    »Großartig«, sagte sie
teilnahmslos. »Wie viele Leute etwa werden unterwegs auf uns schießen?«
     
    Kurz nach Mitternacht ließ ich
Marie vor meinem Haus aussteigen und drückte ihr die Wohnungsschlüssel in die
Hand.
    »Ich muß noch einen Besuch
machen«, sagte ich. »Es wird nicht allzulange dauern.
Geh schon rauf und ruh dich aus.«
    »Du denkst auch wirklich an
alles, Danny.« Ihre Stimme klang ein wenig frostig. »Danke für den schönen
Abend. Ich habe ihn sehr genossen.« Sie starrte mit glühenden Augen durch mich
hindurch. »Schließlich bekommt nicht jedes Mädchen Gelegenheit, in seinem
eignen Grab zu liegen.«
    »Ich kaufe dir auch einen neuen
Pelzmantel, Schatz«, sagte ich reumütig.
    »Der Mantel interessiert mich
gar nicht«, erwiderte sie. »Nur die zehn Jahre meines Lebens, die mich der
heutige Abend gekostet hat. Wer kann mir die ersetzen?«
     
     
     

12
     
    Lorraine Lowell öffnete die Tür
und blickte mich mit mildem Erstaunen an.
    »Wenn das nicht wieder unser
Schnüffler ist«, sagte sie kühl. »Machen Sie immer mitten in der Nacht
Besuche?«
    »Nur wenn es so wichtig ist wie
jetzt«, erwiderte ich. »Ist Ihr Mann zu Hause?«
    »Wo sollte er sonst sein?« Sie
trat von der Tür zurück, und ich folgte ihr ins Wohnzimmer. Sie trug eine lose
herabfallende champagnerfarbene Seidenbluse zu schwarzen Samthosen — zwei
Nummern zu klein, wie üblich —, so daß sich mein Blick automatisch auf ihre
sanft wogende Kehrseite heftete.
    Roger Lowell saß in einem hochlehnigen Stuhl neben dem Fenster und rauchte eine
Zigarre. Als ich ins Zimmer trat, wandte er mir den Kopf zu, so daß ich einen
Augenblick lang das irritierende Gefühl hatte, er beobachte mich hinter seinen
dunklen Gläsern.
    »Mr. Boyd, Liebling«, erklärte
ihm Lorraine. »Er sagt, er muß dich unbedingt sprechen.«
    »Ich habe Mr. Boyd bereits
wissen lassen, daß mich Irene Mandells Verbleib nicht
interessiert«, sagte er schneidend. »Es ist nichts geschehen, was meine Meinung
hätte ändern können.«
    »Auch nicht der Mord an Ihrem
Mädchen?« fragte ich.
    Seine Kiefermuskeln zogen sich
zusammen. »Es wird wohl das einfachste sein, Sie Ihren Vers aufsagen zu lassen,
Boyd. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich so kurz wie möglich fassen würden.«
    »Selbstverständlich«, sagte
ich.
    Lorraine hatte sich mit
übereinandergeschlagenen Beinen auf der eleganten Couch niedergelassen und
wippte gelangweilt mit einem Fuß. Dann lächelte sie plötzlich zu mir empor und
lud mich mit einer Handbewegung ein, neben ihr Platz zu nehmen. Im selben
Augenblick, da
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