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Unheil

Unheil

Titel: Unheil
Autoren: James Herbert
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eine Anlage ist das?«
    Holman erzählte ihm, was er von dem Gaswerk wußte, und wie sie nötigenfalls hineingelangen konnten.
    »Ich halte es für notwendig«, erwiderte Rykers Stimme. »Der Kernbereich hat sich zusammengeschlossen und hält darauf zu. Wie seltsam: Es sind die großen Quantitäten von Kohlendioxyd und Schwefeldioxyd, die bei der Verbrennung fossiler Energien frei werden, die in großem Maße zur Verschmutzung unserer Atmosphäre beitragen; und nun scheinen die mutierten Mykoplasmen gerade dorthin zu streben, wo diese Verunreinigungen in großem Umfang entstehen, als ob sie wüßten, daß sie bedroht sind und Ergänzung und Verstärkung brauchten. Ah, Hauptmann Peters hat die Seitenstraße gesehen, von der Sie sprachen; wir biegen ein. Wir sind den Tanks und Gasometern jetzt nahe; sie ragen vor uns auf. Ein Tor führt auf das Gelände der Gaswerke; wir werden durchfahren. Ich kann den Kern sehen.«
    »Wo ist er jetzt!« rief Holman ins Mikrofon.
    Er glaubte, am anderen Ende ein trockenes Lachen zu hören. »Nun, wo würden Sie ihn erwarten, Mr. Holman? Natürlich zwischen den beiden Gasometern, wie ein winziges Kind zwischen zwei riesigen Eltern.«
    Holman starrte auf das Funksprechgerät. Rykers Stimme hatte, soweit die mechanische Veränderung ein Urteil erlaubte, einen sonderbaren Unterton. »Professor Ryker?« sagte er.
    Die antwortende Stimme war frischer, schärfer.
    »Wissen Sie, woraus Stadtgas besteht, Mr. Holman? Ich will es Ihnen sagen: es ist eine giftige Mischung aus fünfzig Prozent Wasserstoff, zwanzig bis dreißig Prozent Methan, sieben bis siebzehn Prozent Kohlenmonoxyd, drei Prozent Kohlendioxyd, acht Prozent Stickstoff und zwei Prozent Kohlenwasserstoffen. Des weiteren«, fuhr Ryker fort, als belehre er einen interessierten Studenten, »enthält es Ammoniak, Schwefel, Zyanwasserstoffsäure, Benzol und andere Substanzen. Mit anderen Worten, eine hochexplosive Mischung. Ich denke, die Mutation hat uns eine weitere Antwort geliefert, meinen Sie nicht auch, Mr. Holman?«
    Das Funksprechgerät fiel aus, bevor er antworten konnte. Mein Gott, dachte er, Ryker will die Gasometer in die Luft jagen, und das mutierte Mykoplasma mit ihnen! Aber welche Schäden würde eine so gewaltige Explosion im umliegenden Gebiet anrichten? Dennoch hatte er recht; es war das Risiko wert. Holman hängte sich das Funksprechgerät am Tragegurt über die Schulter und hob eine Hand zum Mund, um den Sergeanten zu rufen, der von der letzten Entwicklung noch nichts wußte.
    Es war zweckmäßig, daß sie durch die intakte Tunnelröhre zum anderen Ufer hinübergingen und den beiden dort halfen. In diesem Augenblick entdeckte er, daß er eigene Probleme hatte.
    Bevor er Sergeant Stanton rufen konnte, merkte Holman, daß er nicht allein war. Hinter ihm hatte sich eine Menge versammelt, angelockt vom Donner der Detonationen; es schienen ein paar Hundert zu sein, und sie verstopften die zum Tunnel führende Straße. Ob die Menge sich bereits vorher zusammengerottet hatte und sinnlos durch die Straßen zog, konnte er nicht wissen, aber ihr Stillschweigen war beunruhigender, als wenn sie geschrien und gebrüllt hätte. Irgendwie mußten sie spüren, daß er anders war.
    Er wich langsam vor ihren kalten, stieren Augen zurück, vermied jede plötzliche Bewegung, die sie alarmieren und zum Angreifen provozieren würde. Aber schon entstand Bewegung in der Menge, und ein Junge von ungefähr vierzehn Jahren drängte sich nach vorn und sagte mit unsicherer Stimme: »Bitte sagen Sie mir, was geschehen ist, Mister?«
    Holman sah ihn überrascht an. Der arme Junge, dachte er. Er war noch nicht angegriffen. Er wandert mit der Meute herum und fragt sich, was aus der Welt geworden ist. Er trat einen Schritt auf den Jungen zu und sagte: »Hör zu, mein Junge -«
    Weiter kam er nicht. Beim Klang seiner Stimme brandete die Menge plötzlich wie eine menschliche Flutwelle vorwärts. Der Junge kam zu Fall und geriet augenblicklich unter die Vorwärtsdrängenden, und Holman wußte, daß er verloren war. Hände streckten sich nach ihm aus, und er wurde rückwärtsgehend vor ihnen hergetrieben, schlug nach ihnen und wehrte Hiebe ab. Einen Mann, der ihn direkt anging, fällte er mit einem Kniestoß in den Unterleib, eine Frau, die ihm ins Haar fuhr, warf er mit einem Rückhandschlag zur Seite, einem anderen Mann, der ihn würgen wollte, stieß er den Ellbogen in den Mangen. Aber es waren zu viele. Er merkte, daß er sich nicht mehr lange würde
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