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Unheil

Unheil

Titel: Unheil
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dabei herauskam, konnte sie ihn immer noch
verhaften und ihm wegen Behinderung der Behörden und Verstoß gegen irgendein
Datenschutzgesetz die Daumenschrauben anlegen.
    Â»Ich möchte Ihnen helfen, Conny«, sagte er. »Ich darf Sie doch Conny
nennen? Oder bestehen Sie auf Cornelia?Bitte
verzeihen Sie mir meine Offenheit, aber ich finde, das klingt so …«, er suchte
sichtbar nach dem richtigen Wort und hob dann die Schultern, »… altbacken.«
    Sie reagierte gar nicht, was er selbstverständlich als Zustimmung
auffasste, denn er fuhr nach einer kaum merklichen Pause und mit einem
angedeuteten Nicken fort: »Ich machen keinen Hehl daraus, dass ich
selbstverständlich eine gewisse … Gegenleistung erwarte, wenn wir uns einig
werden.«
    Â»Eine Gegenleistung wofür?«, fragte Conny
scharf.
    Â»Ich kann Ihnen den Vampir liefern«, antwortete Vlad.
    Conny starrte ihn an. Eine Sekunde lang, dann zwei.
Schließlich zehn. Dann lachte sie. »Stimmt. An Vampiren herrscht ja hier im
Moment kein Mangel. Fangen wir direkt mit Ihnen an?«
    Vlad blieb ernst, und plötzlich erschien in seinen Augen etwas, das
ihr einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. Vielleicht auch nicht in
seinen Augen. Vielleicht war es … in ihr, dachte sie
schaudernd. Sie hatte plötzlich das unheimliche Gefühl, von etwas Körperlosem
und unendlich Kaltem tief in ihrer Seele berührt zu werden. »Du weißt, von wem
ich spreche.«
    Ob sie es wusste? Ob sie wusste, wovon er
sprach?
    Allein die Frage war schon beinahe lächerlich. Jeder, absolut jeder in diesem Land, der Zeitung las, einen Fernseher
besaß oder ein Radio, wusste, wer der Vampir war. Die
Medien beschäftigten sich seit drei Wochen praktisch mit nichts anderem – jedenfalls
kam es ihr und ihren Kollegen mittlerweile so vor – und der Tenor dieser
Berichterstattung war im gleichen Maße ungeduldiger und hämischer geworden, in
dem ihre Menschenjagd ergebnislos verlief. Mittlerweile war die SOKO Vampir auf über hundert Köpfe angewachsen, und die
aktuelle Schlagzeile der Revolverblätter hatte gelautet: Acht
zu null für den Vampir . Das war nicht lustig. Die Acht stand für acht
tote Teenager – keiner von ihnen älter als siebzehn – und die Null für ihre
Fahndungserfolge. Acht Tote … Conny konnte sich an den einen oder anderen
Serienmörder erinnern, der durchaus fleißiger gewesen war, wenn auch an keinen,
der so schnell und in so kurzen Abständen gemordet hatte.
    Â»Das ist nicht komisch«, sagte sie ernst. »Ich weiß nicht, was in
Ihrem Kopf vorgeht. Wenn Sie glauben, dass ich in dieser Sache auch nur über
einen Funken Humor verfüge, dann täuschen Sie sich. Das hier ist kein Spiel,
und ich bin keine Kindergärtnerin. Also, wenn Sie mir nicht einen verdammt
guten Grund liefern, warum Sie mich hierher zitiert haben, dann machen Sie sich
darauf gefasst, verhaftet und so lange durch die Mangel gedreht zu werden, bis
Sie sich wünschen, meinen Namen niemals gehört zu haben.«
    Â»Er ist hier«, sagte Vlad.
    Diesmal starrte Conny ihn noch länger an. »Hier?«, murmelte sie
schließlich. »Sie … Sie meinen, hier in diesem Lokal?«
    Â»Sogar in diesem Raum«, antwortete Vlad ruhig. »Wenn du dich
umdrehst, kannst du ihn sehen.«
    Alles in Conny schrie danach, ganz genau das zu tun. Stattdessen
beherrschte sie sich und blickte ihr sonderbares Gegenüber nur noch
durchdringender an.
    Â»Schade«, seufzte sie schließlich. »Ich hatte gehofft, dass Sie es
nicht so weit treiben. Ich weiß zwar nicht warum, aber irgendwie … möchte ich
Sie nicht verhaften. Allerdings fürchte ich, dass Sie mir da keine andere Wahl
lassen.«
    Â»Du glaubst mir nicht«, seufzte Vlad. Er klang nicht etwa
enttäuscht, sondern allenfalls auf eine Art resigniert, als hätte er genau das
gehört, was er erwartet hatte, aber bis zuletzt auf etwas anderes gehofft. Seine
schlanken Finger spielten mit dem silbernen Drachenkopf des Stöckchens, als
wären es kleine, eigenständige Wesen. Er stand auf. »Komm mit.«
    Aus keinem anderen Grund als dem, mit dem sie sich gerade schon
einmal selbst beruhigt hatte – nämlich, dass es auf ein paar Sekunden jetzt
auch nicht mehr ankam – erhob sie sich tatsächlich und folgte ihm. Außerdem
hatte sie gerade die Wahrheit
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