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Ungeheuer an Bord

Ungeheuer an Bord

Titel: Ungeheuer an Bord
Autoren: A. E. van Vogt
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Regierungssoldaten waren im Feuer atomarer Artillerie gefallen, und die Meldungen sprachen auch von Verlusten bei den Rebellen.
    Gewaltsamkeit und Tod waren in dieser Lage unabwendbar. Nichtsdestoweniger ...
    Nur ein absolut gewissenloser Mensch würde ein Land und seine hilflosen Bewohner einer Bande von Giftmischern ausliefern.
    Er sah, daß Nadya ihn besorgt beobachtete. Arthur Clagg lachte, ein fast lautloses, bitteres Lachen. Er öffnete seine Lippen, doch bevor er sprechen konnte, sagte die junge Frau:
    »Großvater, ich weiß, daß du mich gehaßt hast, seit ich Merd heiratete. Du magst dir dieser Abneigung nicht bewußt sein, aber sie ist da; und der Grund dafür ist emotionell. Ich habe es bisher nicht zu erwähnen gewagt, und ich würde es auch jetzt nicht sagen, aber wir stehen mitten in einer lebensgefährlichen Krise. In sechs Tagen werden Atomkanonen diese Zitadelle verbrennen; und im Feuer einer solchen Realität können nicht einmal die Gefühle eines alten Mannes geschont werden.«
    »Dich gehaßt!« sagte Arthur Clagg.
    Es war keine Reaktion. Es war ein reiner Ausdruck, ein Geräusch, das seinen Ursprung nicht in Gedanken hatte. In einem Teil seines Bewußtseins verstand er, daß sie sechs Tage gesagt hatte, nicht vier. Anscheinend erwartete sie im Moment seines Todes keine Krise. Die mögliche Folgerung, daß sie von der Vergiftung nichts wußte, war überraschend.
    Sie konnte sich natürlich so fest unter Kontrolle haben, daß die scheinbar unbewußte Bemerkung in Wahrheit schlaue Absicht war. Aber er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Nadya sagte:
    »Du hast mich in einer Perversion von Liebe gehaßt. Ich war alles, was du hattest, und dann heiratete ich; und danach kamen natürlich zuerst Merd und die Kinder. Siehst du es nicht, Großvater – das ist es, warum du mich haßt.«
     
    Die schleichende Wirkung des Giftes machte das Denken schwer. Der alte Mann blieb steif, und zuerst feindselig, aber dann gelang es ihm mit einer geistigen Anstrengung, das ekelhafte Gewicht des Krankheitsbewußtseins für eine Zeit abzuschütteln. Etwas von der alten Energie kehrte zurück. Die Gedanken kamen wieder schnell und klar.
    Er entspannte sich. Natürlich, alter Dummkopf, dachte er. Sie hat recht. Das ist der Grund deiner Abneigung – der tiefere Grund. Eifersucht.
    Er studierte sie aufmerksam, bemüht, neue und mehr positive Züge in ihr zu entdecken, die ihm bisher entgangen sein mochten. In mancher Hinsicht hatte Nadya ein besonderes Gesicht, nicht überaus schön, aber entschieden aristokratisch. Er selber hatte immer ein professorenhaftes Aussehen gehabt; seltsam, daß seine Urenkelin wie eine Patrizierin wirkte.
    Warum hatte noch nie jemand untersucht, weshalb die Enkel von Herrschenden und Schwerreichen alle den gleichen Ausdruck in ihren Gesichtern hatten? Konnte es sein, daß die Erklärung des Phänomens einfach in der banalen Tatsache zu finden war, daß diese gegenüber ihren Altersgenossen bevorzugten Abkömmlinge inmitten von Macht und selbstverständlichem Luxus aufgewachsen waren?
    Arthur Clagg holte seine abschweifenden Gedanken zurück zu Nadya. Sie war, so entschied er nach einem Moment, viel zu stark geschminkt. Das Make-up war wie eine Maske auf ihrem Gesicht. In dieser Aufmachung glich sie beinahe einigen dieser liederlichen Frauenzimmer, die im Umkreis der Zitadelle herumflatterten.
    Aber das konnte man ihr nicht gut vorwerfen; vielleicht folgte sie nur einer Moderichtung, von der er nichts wußte.
    Der alte Mann begann sich zu wundern. Eben war er noch überzeugt gewesen, daß sie eine Mörderin sei, und nun suchte und fand er lauter entlastende Momente. Da saß sie, eine schlanke, aristokratische Frau, besorgt um ihre privilegierte Position – wer würde an ihrer Stelle nicht darum bangen? –, eher schlau als intellektuell, egoistisch, hochmütig und vielleicht ein wenig grausam. Aber war es nicht typisch für alle Reichen und Mächtigen, daß ihre Herzen gegen fremdes Leid verhärtet waren?
    Er, der in einem Zeitalter gelebt hatte, wo ein Wirbelsturm atomarer Energie eine Milliarde Menschen getötet und noch einmal so viele verkrüppelt und zu elendem Siechtum verurteilt hatte, mußte als Nachfolger eine Person haben, die notfalls fähig war, jeden auszulöschen, der es wagte, noch einmal eine solche Katastrophe heraufzubeschwören. Und nun, da es Zweifel gab, ob Nadya an seiner Vergiftung mitgewirkt hatte, oder nicht, war sie wieder wählbar, wenn auch mit
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