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Ungeheuer an Bord

Ungeheuer an Bord

Titel: Ungeheuer an Bord
Autoren: A. E. van Vogt
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als nachdenklich.
    Sie hatte einmal großen Einfluß auf ihn gehabt; und der alte Mann erkannte mit kühler Objektivität, warum das so gewesen war: ihre Jugend! Das vibrierende, rein animalische Temperament eines jungen Mädchens hatte ihn für die Tatsache blind gemacht, daß sie nur eine weitere Fremde war, mit mittelmäßiger Schlauheit begabt und darauf aus, zu kriegen, was sie kriegen konnte.
    Das war vorbei.
    Er wartete; sie fuhr ernsthaft fort:
    »Großvater, was geht in deinem Kopf vor? Willst du diesem Rebellen Garson und seinem Scheinparlament, das er eingesetzt hat, damit es ihm einen Nimbus von Legitimität verleihen soll – willst du dich von denen beiseitestoßen lassen? Willst du kampflos aufgeben und uns alle der Lächerlichkeit und dem Ruin preisgeben, weil du dich weigerst, die Tatsache zu erkennen, daß die menschliche Natur sich nicht verändert hat?«
    Arthur Clagg hüstelte und sagte leise: »Was würdest du an meiner Stelle tun, Nadya?«
    Es war keine Antwort auf ihre Tirade; es war nur dazu bestimmt, sie auszuforschen. Bis vor wenigen Jahren war dies die Frage gewesen, die – wann immer er ihren Wünschen nachgegeben hatte – dem Akt seines Einlenkens vorausgegangen war.
    An der Art und Weise, wie sie sich versteifte, sah er, daß sie die Phrase wiedererkannte. Ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht. Ihre Augen weiteten sich. Sie sagte drängend:
    »Großvater, es ist keine Übertreibung zu sagen, daß du wahrscheinlich der größte Mann bist, der je gelebt hat. Trotz deines Alters und der Tatsache, daß du soviel von deiner Macht delegiert hast, ist dein Prestige groß genug, um deine Welt zusammenzuhalten, obwohl der Vormarsch der Rebellen auf die Zitadelle das Land in zunehmende Verwirrung stürzt. Aber vor dir liegt die wichtigste Entscheidung deines Lebens, und sie läßt sich nicht länger aufschieben.
    Du hast deine ungeheuer wirksame Waffe. Seit fünfzig Jahren hältst du sie unter Verschluß, aber nun mußt du sie hervorholen und gebrauchen. Mit ihr kannst du entscheiden, wie die Zukunft aussehen soll. Medgerow sagt, es gebe in der ganzen Geschichte kein Beispiel, daß eine Entscheidung von solcher Wichtigkeit nicht zustande kam, weil der Mann an der Spitze sich weigerte ...«
    »Medgerow!« sagte Arthur Clagg. Er beherrschte sich. »Schon gut. Sprich weiter.«
    Nadya schaute ihn unschlüssig an. »Er ist ein abscheulicher kleiner Mann mit außergewöhnlichem Selbstbewußtsein, ein glänzender Gesellschafter, was ihn trotz seines Aussehens interessant macht. Ich glaube, er arbeitet als Wissenschaftler im Dienst der Regierung.«
    Sie hielt inne. Sie schien zu bemerken, daß sie ihre Argumentation nun, da sie unterbrochen worden war, erneuern mußte. Sie sagte:
    »Großvater, trotz deines Widerwillens gegen jede Form von Gewalt mußt du die Tatsache zur Kenntnis nehmen, daß bereits Menschen gestorben sind. Wenn du die Rebellen nicht tötest, werden sie weiterhin deine loyale Armee dezimieren und bald die Zitadelle erreichen. Ich werde keine Spekulation darüber anstellen, was sie uns tun werden, wenn sie einmal hier sind. Aber es ist ein Punkt, den du überdenken solltest. Du kannst es nicht dem blinden Zufall überlassen.«
    Sie pausierte und holte tief Atem. »Du hast mich nach meiner Meinung gefragt. So einfach ich kann, möchte ich also sagen, daß du die Rebellen schlagen und deine Waffen dann Merd übergeben solltest. Nur durch ihn und mich kann dein Lebenswerk vor gewaltsamer Zerstörung gerettet werden. Die Gesetze der politischen Macht sind so, daß andere Gruppen wenigstens einen Teil des Gebäudes einreißen müßten, das du so sorgfältig errichtet hast, und sei es nur zu dem Zweck, sich selbst zu profilieren. Es könnte zu unabsehbaren Folgen kommen. Der Kontinent könnte sich in mehrere einander befehdende Staaten auflösen. Die Zahl der Todesopfer könnte phantastische Höhen erreichen.
    Kannst du nicht sehen, daß es in unserem Interesse liegen muß, die Dinge so zu erhalten, wie sie sind? Nun«, endete sie mit unnatürlicher Beiläufigkeit, »was sagst du?«
    Der alte Mann brauchte einen Moment, um zu begreifen, daß sie wenigstens für den Moment geendet hatte.
     
    Nach einer Weile fand er, daß er wenig an dem Bild auszusetzen hatte, das sie ihm gemalt hatte. Bei aller Kaltblütigkeit war es eine relativ schonende und humane Lösung eines tödlichen Konflikts. Denn wie sie gesagt hatte, es war nicht länger zwischen töten und nicht töten zu wählen.
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