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Ungeahnte Nebenwirkungen

Ungeahnte Nebenwirkungen

Titel: Ungeahnte Nebenwirkungen
Autoren: Victoria Pearl
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zwischen Mirjam und mich stellen.« Vielleicht hätte sie das ja auch getan, überlegte Nicole, wenn sie ihr als Mirjams Partnerin nicht genehm gewesen wäre. Hätte sie es ertragen können, diese wortlose Übereinstimmung zwischen den Schwestern? Möglicherweise wäre sie Mirjam nie so nahe gekommen, wenn Michaela noch am Leben gewesen wäre. Nicole kamen noch viele Wenn und Aber in den Sinn. Sie bat das stumme Bild um seine Meinung.
    »Was mach ich da eigentlich?« fragte sich Nicole plötzlich laut.
    Sie hatte das Gefühl, Michaela gekannt zu haben. Sie glaubte, die Zwillingsschwester zu hören, sie lachte leise. Nicole schüttelte verwirrt den Kopf und richtete sich schnell auf.
    Nicole legte die einzelne rote Rose, die sie gekauft hatte, auf die mit Reif bedeckte Fläche vor dem Bild. Es lag schon eine Rose da, die durch den Frost ihre Schönheit behalten hatte. Mirjam musste vor ihrer Abreise hiergewesen sein, vermutete Nicole, denn Ralf und seine Familie besuchten das Grab nach eigenen Angaben nur selten. Sie mochten die Atmosphäre auf Friedhöfen nicht, wie sie sagten.
    Mit seltsam gemischten Gefühlen verließ die Geschäftsfrau den Westfriedhof. Ihr Entschluss, hierher zu kommen, war richtig gewesen. Sie hatte einen Schritt, einen großen Schritt auf Mirjam zugemacht. Sie war auf dem richtigen Weg, das spürte Nicole ganz deutlich.
    Zu schade, dachte Nicole, dass sie noch so lange auf Mirjam warten musste, um ihr endlich zu sagen und vor allem auch zu zeigen, wie sehr sie sie liebte. Wieso konnte die Zahnärztin nicht schon morgen zurückkommen? Und warum musste sie immer gleich ans Ende der Welt fliehen?
    Den Gedanken, in Wellington anzurufen oder einen Brief zu schreiben, hatte sie nach langem Abwägen verworfen, denn sie wollte in Mirjams Augen sehen, wenn sie mit ihr sprach. Die Missverständnisse mussten endlich aus der Welt geschafft werden – und diesmal, ohne neue zu schaffen.
    Nicoles Geduld ging zur Neige, doch sie konnte nichts anderes tun, als zu warten. Wirklich nichts anderes, als warten? meldete sich die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Vielleicht brauche ich auch einfach nur Urlaub? fragte Nicole zurück. Ihr war eben eine für ihre Begriffe verwegene Idee gekommen.
    »Urlaub?« fragte Helen etwas fassungslos. »Du willst Urlaub nehmen? Und gleich drei Wochen? Aber wieso?« Sie schien Nicoles Ansinnen für völlig verrückt zu halten.
    Natürlich hatte sie bemerkt, dass ihre Freundin in letzter Zeit sehr bedrückt gewesen war, sie wusste auch, dass sie sich von Mirjam getrennt hatte, doch sie kannte die genauen Umstände, unter denen die Trennung zustande gekommen war, nicht.
    Helen war bewusst, dass Nicole der Urlaub noch vom letzten Jahr zustehen würde, dennoch rief Nicoles Bitte, drei Wochen ohne sie auszukommen, in Helen absolutes Unverständnis hervor. Nicole mochte es eigentlich nicht, ohne Arbeit zu sein. Zudem gehörte sie bestimmt nicht zu der abenteuerlustigen Sorte Menschen. Sie war keine, die allein in ferne Länder reiste oder Solotrips startete.
    Was also sollte diese Bitte?
    »Helen, versteh doch«, flehte Nicole, »ich habe soviel zu klären. Ich brauche einfach Zeit für mich, um mein Leben wieder in den Griff zu bekommen.«
    Helen nickte zustimmend. Eigentlich hatte sie ja gar nichts dagegen einzuwenden, sie wunderte sich nur. Erleichtert umarmte Nicole ihre Freundin und stürmte mit einem kurzen »Ciao« aus dem Laden.
    Nervös blätterte Nicole in ihrem Reiseführer. Sie wartete darauf, dass ihr Name endlich aufgerufen würde. Um sich abzulenken, betrachtete sie die auf Glanzpapier gedruckten Bilder von Hochebenen, zerklüfteten Vulkanlandschaften, europäisch anmutenden Mischwäldern und Segel, die über Wellen tanzten.
    »Frau Dupont«, hörte Nicole nach unendlich langer Wartezeit die Stimme der Arzthelferin.
    Das Zimmer, in kaltem Weiß gehalten, strahlte Sterilität aus. Immer noch nervös setzte sich Nicole auf einen Stuhl. Den Arzt, der wenig später den Raum betrat, kannte sie nicht. Er musste neu sein in der Gemeinschaftspraxis, die vier – oder waren es fünf? – Ärzte betrieben.
    »Dr. Schuler«, stellte sich der gesetzt wirkende Mann mit krausem, dunklem Haar vor. »Sie werden also eine Reise nach Neuseeland unternehmen? Und wollen jetzt noch einen Gesundheitscheck machen?« fuhr er in fragendem Tonfall fort und studierte dabei die Notizen, die mit gelben Zetteln auf der Akte befestigt waren.
    Nicole nickte ein ums andere Mal. Die Fragen hätte
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