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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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die Polizei erlaubt.
    Es rumorte in Magen und Darm, mein Organismus reagierte mit einem Durchfall, der recht schmerzhaft war. Ich nahm es als verdiente Strafe hin.
    Nach dem Spülen mußte ich das Toilettenfenster öffnen. Dabei fiel mir ein Radfahrer auf, der sich, gegen Wind und Regen ankämpfend, dem Schloßhotel von hinten näherte. Der Vollbart, die gelbe Jacke... Irgendwo hatte ich den schon mal... Richtig. Hermann Hackenow, mein geliebter Stadt- und Landstreicher, nach dem wir immerhin schon mal per ORB gefahndet hatten. Die Welt war zwar total aus den Fugen geraten, daß der aber hier ein Zimmer haben wollte, das war dann doch... Richtig, Woerzke hatte ihm ja... Ich wusch mir die Hände und ging wieder in die Halle hinaus.
    Hermann Hackenow stand an der Rezeption und verhandelte über seinen weiteren Zutritt. Ich verfolgte das Ganze aus sicherer Deckung heraus.
    «Sie sind nicht angemeldet bei ihr...?»
    «Nein, aber ich habe Frau v. Woerzke etwas sehr Wichtiges mitzuteilen. »
    «Ich kann sie anrufen, daß sie nach unten kommt.»
    «Ich möchte lieber mit ihr oben im Zimmer... Also nicht, was Sie denken, sondern...» .
    «Nach dem Tod von Herrn v. Woerzke ist Ihr Wohnrecht hier erloschen, Herr Hackenow. Frau v. Woerzke möchte nicht, daß Sie weiter hier...»
    «Mir ist meine ‹Villa Erdloch› auch viel lieber als all euer Prunk, ich will auch gar nicht weiter hier... ich will sie nur kurz sprechen. Sagen Sie, es hat mit dem zu tun, was Waldemar mir als Erbschaft hinterlassen hat...»
    «Sie ist nicht allein.»
    «Dieser Schwermer ist mir egal.»
    «Nun, gut...» Die Empfangsdame griff zum Telefon, erreichte Joan und bekam das Einverständnis, Hermann Hackenow nach oben zu schicken.
    Da war ich nun doch auf das gespannt, was er mit Joan zu bekakeln hatte. Schließlich war er es, der Waldemar v. Woerzke zuletzt lebend gesehen hatte. Angeblich in der Bahnhofsgaststätte, wo sie zusammen ganz schön was getrunken hatten. Hermann Hackenow nahm den Lift, ich die hintere Treppe. Die Zimmernummer hatte ich von meinem ersten Besuch her noch im Kopf.
    Als ich vor der Tür stand, war von drinnen nur dumpfes Gemurmel zu hören. Scheiße. Zu dickes Holz, zu gute Isolierung. Ein Zimmermädchen war nicht zu sehen und an den Generalschlüssel kam ich nicht so schnell heran. Vielleicht... Ich lief den Flur entlang. .. und hatte Glück. Die Leute vom Nachbarzimmer waren gerade abgereist, die Tür nur angelehnt. Ich schlüpfte hinein und sah, daß zum Durchlüften alles offenstand, auch die Tür zum Balkon. Schon stand ich drauf und beugte mich hinüber.
    Hermann Hackenow gab sich nicht mal Mühe, besonders leise zu sprechen, und auch Joan und Wolfram Schwermer fühlten sich sicher und völlig unbelauscht. An Stasi-Wanzen glaubte keiner mehr.
    «... Waldemar war ja ein alter Freund von mir», sagte Hermann Hackenow. «Und seinen Abschied vom Leben hat er ja auch mit mir zusammen gefeiert...»
    «Hätten Sie ihn nicht daran hindern können?» Das war Schwermer.
    Sein Zynismus kotzte mich an.
    «Ich hätte doch nie gedacht, daß er das...»
    Joan hakte ein und bat Schwermer, den Dolmetscher zu spielen. Er machte das perfekt. Umgekehrt auch, so daß ich mich nicht mehr mit Joans amerikanischem Slang abmühen mußte.
    «Er hatte ’nen Knacks weg», sagte sie. «Vom Lager her. In Bethlehem ist er dauernd beim Psychiater gewesen, auch mal stationär in ’ner Therapie.»
    «Hat er mir auch erzählt von...» Hermann Hackenow bat um einen Flachmann aus der kleinen Kühlschrankbar und bekam ihn auch, nahm einen tiefen Schluck. «So, nun zur Sache...»
    «Welcher Sache?» fragte Schweriner.
    «Daß ich euch was verkaufen will... Für eine ganze Menge Geld...»
    Schweriner lachte. «Ihre gelbe Jacke?»
    «Etwas, was euch viel Ärger ersparen kann...»
    «Soll das ’ne Erpressung sein?»
    «Nein, nur ’n fairer Handel, ’n Deal, wie die Leute heute sagen.»
    Ich zermarterte mir, solange Schweriner diesen Dialog ziemlich wortwörtlich übersetzte, umsonst den Kopf und hatte nicht die geringste Idee, wovon Hermann Hackenow hier reden konnte.
    Dann hörte ich es rascheln.
    «Ich kann’s nun mal nicht lassen», sagte Hermann Hackenow, «und hab Waldemar in der Bahnhofsgaststätte ’n paar Sachen aus der Jacke gezogen. Kleinigkeit. Und als ich mir das abends alles angesehen habe, waren das nicht nur ’n paar Geldscheine, Briefe und Rechnungen, sondern auch die beiden Seiten hier von seinem Abschiedsbrief. Steh’n interessante Sachen
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