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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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wäre...? Siehe die große Liebe auch nach fast fünfzig Jahren. Das hätte sicher alle seine großen Pläne zunichte gemacht.
    Ja, das war das Szenarium: Schwermer steckt mit Joan unter einer Decke, und beide benutzen sie den ahnungslos-naiven Woerzke für ihre Zwecke. Und dann... Kurz bevor Woerzke die Bühne betritt, bemerkt er, daß Luise Tschupsch ihn noch immer liebt, sieht das Grabkreuz und die Blumen, liest die anrührenden Worte. Und gerät in Panik. Er erschießt Luise Tschupsch unter der Eisenbahnbrücke und hofft, daß der Verdacht auf irgendeinen Psychopathen fallen wird, Sven Viebak beispielsweise, oder einen der Bordellbesucher aus der Spessartstraße. Sein Spiel scheint aufzugehen... Alles scheint ihm zu gelingen. Er inszeniert das Liebesspiel mit Joan so geschickt, daß Woerzke sie erwischen muß. Der verkraftet es nicht, wie richtig berechnet, und erhängt sich im Schmachtenhagener Forst. Joan erbt alles, Schwermer und seine Hintermänner sind am Ziel.
    So der Ablauf, wie ich ihn augenblicklich sah. Beweise hatte ich keine. Niemand hatte Beweise, daß es außer der Erde noch andere Planeten voller Leben im Weltraum gab, doch für die maßgebenden Astronomen war es sozusagen sonnenklar, daß es sie aller statistischen Wahrscheinlichkeit nach in Mengen geben mußte.
    Was konnte ich machen? Nichts anderes als zu versuchen, Joan und Schwermer mehr und mehr zu verunsichern, nach Columbo-Manier immer wieder ganz naiv zu fragen, aber gegebenenfalls auch kräftig zu bluffen. Eine absurde Welt erforderte absurde Mittel, und ich war weiterhin bereit, dieser Linie zu folgen, obwohl sie mir im Falle ENTER-EINS nichts weiter gebracht hatte als schmerzliche Erkenntnisse.
    Das Schloßhotel mauserte sich. Um die Fahrstühle herum hatten sie noch mehr märkische Aquarelle gehängt, Drucke zwar nur, aber wunderschön. Hans Scholz war mehrfach vertreten. ‹Die Enge am Wolziger See›... ‹Kleine Feldstücke bei Prieros›... ‹Jungpferde am Kolberger Gestüt›...
    Für Woerzke gab es keinen Ausritt mehr.
    Joan kam die Treppe herunter, fürchterlich verweint. Ich ging auf sie zu und drückte ihre Hand.
    «Mein herzliches Beileid...» Gott, sie verstand ja kein Deutsch. «My... condolence...»
    Sie bedankte sich und sagte etwas, dessen Sinn ich nicht ganz erraten konnte. Ich wollte zum Ausdruck bringen, daß ich mich trotz allem freute, sie zu sehen, und hätte um ein Haar gesagt: I’m afraid to see you.
    «You are looking very... bad.»
    Wenn ich sie richtig verstand, dann hatte sie einen Nervenzusammenbruch erlitten und die Hilfe eines Notarztes in Anspruch nehmen müssen.
    «What do you now are planning here? Is it your...» Absicht, Absicht, Absicht? «.. .attention, no, excuse me, intention to stay here or to go home?»
    Sie antwortete, wenn ich das richtig verstand, daß sie nach Pennsylvania zurückgehen, aber vorher den ganzen Woerzke-Besitz an die Havelland-Invest verkaufen würde.

47. Szene
Kantine der ‹F. F. Runge-Chemie›
    Heike fürchtete ernsthaft, daß ich mich langsam aber sicher wieder dem Punkte nähern würde, wo mir nur noch – wenn überhaupt – ein Psychiater helfen konnte. Daß ich mich nun auf Wolfram Schweriner eingeschossen hatte, war mehr als ‹passion and obsession›. Noch immer war ich jeden Morgen, jede Nacht in Gefahr, in ein Schwarzes Loch zu stürzen. Nicht mal Heike und Sylvester reichten aus, um mir die Angst davor zu nehmen, anderes mußte her: ich brauchte jemanden, den ich jagen, in den ich mich verbeißen konnte.
    Die Belegschaft der F. F. Runge-Chemie war vollzählig versammelt. Vom grenzdebilen Hilfsarbeiter bis zur arroganten Frau Diplom-Chemikerin im weißen Kittel war alles vertreten, sympathische Typen wie Prachtexemplare des häßlichen Deutschen. Aber was maßte ich mir an, sie so zu beurteilen. Richte nicht, auf daß du nicht gerichtet wirst...
    Wolfram Schwermer hatte seinen großen Auftritt. Standing ovations für ihn...
    ... für einen Doppelmörder?
    Für mich war er ein solcher, hatte nicht nur Luise Tschupsch erschossen, sondern auch Woerzke erst betäubt und dann im Schmachtenhagener Forst an den Kiefernast gehängt. Was das betraf, da forschten die Forensiker noch. Ob er es allein getan hatte oder andere in seinem Auftrag, das war noch offen, an der Tatsache selber aber gab es kaum noch Zweifel für mich. Was war denn sein Alibi schon wert? Nichts, denn diese Morina war ihm doch hörig oder jedenfalls bereit, für Geld nicht nur das Eine zu tun,
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