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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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war einer der großen Kriegsobristen zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Illo, Götz, Sparr, Königsmark, Woerzke und so weiter. Geboren in Boitzenburg, hat er mal im schwedischen Heer gedient, mal gegen Gustav Adolf gekämpft. Bekannt geworden ist er als Freund Wallensteins, vor allem aber dadurch, daß ihn die Schweden in der Nähe von Wittstock gekidnappt haben. Angeblich soll er...»
    Ich stockte, denn aus dem Wald trat ein Mann in einer eigelben Winterjacke, schwarzen Korkenzieherhosen, mit einem verfilzten
    Bart, verkommen. Er hob die Kornflasche und sah drohend zu uns herüber.
    «... alle werden erschossen hier...!»
    Dies in einem Tonfall, der mich an Herbert Wehner denken ließ.
    «... erschossen!»
    Damit verschwand er wieder hinter den Kieferstämmen.
    Heike hatte sich schützend vor den Kinderwagen gestellt.
    «Der ist total harmlos, nur ein wenig besoffen.»
    «Kennste den?»
    «Nein, woher. Bin ich ’n Stadtstreicher...?» Ich wandte mich wieder meinem Joachim Ernst v. Woerzke zu. «Also... Angeblich soll er die Dänen angestiftet haben, gegen die Schweden Krieg zu führen. Anderthalb Jahre hat er in Stockholm in Festungshaft zugebracht. Dieser entsetzliche Oxenstiern hat dahintergesteckt. Als die Schweden mal wieder fürchterlich betrunken waren, hat Woerzke die Eisenstäbe durchgesägt, sich an einer Strickleiter herabgelassen und ist als Diener verkleidet geflüchtet. Wie im Film... Damit aber verlieren sich die Spuren derer von Woerzke.»
    Heike sah mich spöttisch an. «Da bin ich dir ja diesmal um einiges voraus. Ein Friedrich Wilhelm v. Woerzke war im Dritten Reich einer dieser Wirtschaftsführer, die Hitler in den Sattel geholfen haben. Harzburger Front, DNVP. Glücklicherweise ist er Ende ’44 bei einem Bombenangriff auf Berlin ums Leben gekommen ... Ein Schwein weniger.»
    «Komm...! Wer so redet, ist auch nicht besser als die...» Ich meinte die Nazis, die das KZ Sachsenhausen gebaut hatten, ebenso wie die Leute vom NKWD, die das Speziallager Nr. 7 hinzugefügt hatten.
    Heike fuhr mit dem Zeigefinger um meinen Kopf herum. «Dein Heiligenschein, ja...»
    Ich schlug ihre Hand beiseite. «Hör auf!»
    Sylvester schrie aus Leibeskräften.
    Heike nahm ihn hoch. «Hier in Oranienburg hat ihm ’n großes Werk gehört, die F. F. Runge-Chemie.»
    «Da gibt’s doch jetzt den großen Trubel drum, um das Gelände. ..?»
    «So isses. Heute abend veranstalten sie ’n großes Bürgerforum
    in Friedrichsheide, im Schloß. Ich muß eh hin für (Antenne Brandenburg), kommste mit...?»
    «Du, ich freu mich immer riesig, wenn mich einer verarscht.»
    «Wieso?»
    Ich zeigte auf unser beider Kind. «Weil ich heute abend Sylvester-Dienst habe.»
    «Frag mal Yaiza Teetzmann, ob sie einspringen kann.»
    Das war meine engste Mitarbeiterin. Ich hatte Bedenken. «Wenn’s ’n Mord geben sollte, müssen wir beide hin.»
    «Nimmste Sylvester mit: Leichen sehen ist die beste Vorbereitung für das Leben im Jahre 2020.»

2. Szene
Schloßhotel Friedrichsheide
    Wir saßen in der Orangerie des Schlosses und verfolgten mit einiger Erregung, wie sich ein Mensch namens Wolfram Schweriner von der Havelland-Investment GmbH und der Friedrichsheider Bürgermeister Harry Zinna (PDS) nach Kräften beharkten.
    «Sie wollen die F. F. Runge-Chemie doch nur kaufen, um sie stillzulegen und auf dem Gelände einen Wohnpark für die Bonner Beamten zu bauen!» erregte sich Zinna.
    Schwermer rotzte zurück. «Immer noch besser als das, was Sie wollen: die Fortsetzung der LPG ‹Rote Socken› mit anderen Mitteln !»
    Der Vertreter der Treuhand griff ein. «Meine Herren, bitte...! Ich darf die verehrten Anwesenden noch einmal davon in Kenntnis setzen, daß der Kaufpreis der F. F. Runge-Chemie mindestens 7,4 Millionen DM beträgt. Der Ruf der Firma ist gut, was auch mit dem Standort Friedrichsheide zusammenhängt. Wir alle wissen ja, daß nebenan in Oranienburg die Wiege der deutschen Chemie gestanden hat. Im Schloß dort hat der geniale Chemiker Friedlieb Ferdinand Runge das Anilin, das Koffein und das Atropin entdeckt, und die ersten Stearinkerzen wurden hier gefertigt...»
    «Zur Sache!» schrie einer von hinten.
    Schwermer nutzte seine Chance. «Der gute Ruf einer Firma gehört ja wohl zur Sache. Das Image, die Managementphilosophie, die Organisationskultur. Darum wollen wir bis 1998 mindestens 20 Millionen Mark investieren und im Kaufvertrag 165 Vollarbeitsplätze als Minimum festschreiben. Ins Auge gefaßt ist weiterhin eine
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