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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)
Autoren: Cynthia Hand
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was du für dein Schicksal hältst. Im Moment gehörst du zu ihm.» Er schluckt. «Dich damals auf dem Friedhof zu küssen war falsch.»
    Mir stehen die Tränen in den Augen. Ich wische sie weg. «Du bist mein bester Freund», flüstere ich.
    Er schaut auf den Boden. «Und du weißt, ich werde immer mehr sein wollen.»
    «Ich weiß.»
    Ein peinliches Schweigen dehnt sich zwischen uns. Dann zuckt er mit den Schultern und schenkt mir sein unbekümmertes Lächeln, fährt sich mit der Hand durch sein welliges braunes Haar. «Tja, du weißt ja, dieser Tucker wird nicht ewig hier herumspazieren. Vielleicht melde ich mich in hundert Jahren noch mal bei dir.»
    Ich halte den Atem an. Meint er das ernst, oder ist das nur so eine flapsige Bemerkung, um sein Gesicht zu wahren? Ich schwinge die Beine über den Bettrand und stehe auf, vorsichtig, für den Fall, dass ich immer noch so schwach bin. Aber ich fühle mich überraschend wohl – regelrecht erfrischt. Ernst sehe ich ihn an. Das Wort Langlebigkeit fällt mir wieder ein. «Warte nicht auf mich, Christian. Das will ich nicht. Ich kann dir nicht versprechen …»
    Er grinst. «Habe ich etwas von warten gesagt?», erwidert er. «Ich muss jetzt los.»
    «Einen Moment. Geh noch nicht.»
    Er bleibt stehen. In seinem Gesicht leuchtet etwas auf, das sich nicht ganz traut, Hoffnung zu sein. Ich gehe durchs Zimmer auf ihn zu und ziehe ihm das T-Shirt hoch. Einen Moment lang ist er völlig verwirrt, aber dann lege ich die Hand auf die lange Wunde an seiner Seite, die immer noch nicht geheilt ist. Ich mache meinen Kopf frei, so gut es geht, dann rufe ich den Glanz in meine Finger. Und er kommt.
    Er stöhnt auf, als sich seine Haut wieder schließt. Als ich die Hand fortnehme, ist der Schnitt vollständig verheilt, aber es zieht sich eine lange silbrige Narbe seine Rippen hinunter.
    «Tut mir leid wegen der Narbe», sage ich.
    «Wow», sagt er lachend. «Danke.»
    «Das war ja wohl das Mindeste, was ich tun konnte.»
    Er geht zu meinem Fenster, macht es auf, bückt sich und klettert hinaus. Dann dreht er sich noch einmal zu mir um, der Wind zerzaust sein Haar, seine grünen Augen sind voll von Sorge und von Licht, und er hebt die Hand zum Gruß. Ich winke zurück.
    Bis dann mal , sagt er in meinen Gedanken, befiehlt seinen Flügeln zu erscheinen und fliegt davon.

    Ich nehme ein Bad. Ich schrubbe jeden Quadratzentimeter meines Körpers, rasiere mir die Beine, entferne den Schmutz unter meinen Fingernägeln, bis ich mich endlich wieder sauber fühle. Dann setze ich mich im Bademantel an meinen Schreibtisch und mache mich an die mühsame Arbeit, mein Haar zu entwirren. Ich creme mir das Gesicht mit einer Feuchtigkeitslotion ein, und einer Laune folgend, lege ich etwas Lipgloss auf. Eine ganze Weile stehe ich dann vor meinem Kleiderschrank und starre ein gelbes Sommerkleid an, das mir meine Mutter einmal zum Geburtstag geschenkt hat und das ich an dem Abend getragen habe, als Tucker mich zu Bubba’s einlud, was rückblickend unsere erste Verabredung war. Ich ziehe es an, dazu weiße Riemchensandalen, und gehe nach unten.
    Mein schwarzes Kapuzenshirt, das ich während dieser ganzen Tortur getragen habe, liegt sorgfältig gefaltet auf der Rückenlehne des Sofas. Ich nehme es hoch. Es riecht nach Seewasser und Blut. Ich gehe in die Waschküche, wo ich es in die Waschmaschine stecken will, aber erst überprüfe ich die Taschen.
    In der linken Tasche liegt ein silbernes Armband mit Anhängern. Ich halte es in meiner Handfläche, mustere jeden einzelnen Anhänger. Ein Pferd, zum Andenken an ihren Ausritt. Ein Fisch, zum Andenken an ihr Kennenlernen. Ein Herz. Und ein neuer Anhänger.
    Ein winziger silberner Spatz.
    Ich lege das Armband an. Es klimpert an meinem Handgelenk, als ich über den Flur zu Moms ehemaligem Zimmer gehe. Mein Herz schlägt auf einmal schneller, aber ich zögere nicht. Ich will ihn sehen. Ich öffne die Tür.
    Das Bett ist leer, die Laken sind unordentlich zurechtgezogen, als habe jemand in aller Eile versucht, das Bett zu machen. Es ist niemand hier. Ich runzele die Stirn.
    Vielleicht habe ich zu lange gewartet. Vielleicht ist er gegangen.
    Ich rieche etwas Verbranntes.
    Ich finde Tucker in der Küche. Er versucht, Rühreier zu machen, und scheitert spektakulär. Mit einem Pfannenwender kratzt er an der schwarzen Masse herum, nimmt die Finger zu Hilfe, verbrennt sich, verkneift sich einen Fluch und wedelt mit der Hand, als könnte er den Schmerz wegschütteln. Ich
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