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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition)
Autoren: Megan Crewe
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und spähte aus dem Seitenfenster. Die Hände hielt er fest in den Taschen. Hinten auf seinem Schal war ein dunkler Fleck zu erkennen, schmelzendes Eis vermutlich.
    Wir fuhren an Geschäften, Banken und einer Kirche mit eingeschlagenen Fenstern vorbei. Gav lag schwer auf meiner Seite. Seine Lider wurden langsam schlaff.
    »Mir wird so komisch«, sagte er, und dann noch etwas, das ich nicht verstehen konnte. Ich nahm seine Hand.
    Anika verlangsamte, um einer Straßenbahn auszuweichen, die mitten auf der Straße stand, und ich hielt es kaum aus vor Ungeduld. Als sie wieder Gas gab, erstarrte Tobias plötzlich.
    »Ein paar Straßen weiter hinten ist gerade ein Auto um die Ecke gebogen«, sagte er. »Es fährt in unsere Richtung.«
    »Das hat bestimmt nichts mit uns zu tun, sicher bloß irgend so ’ne Wächter-Aktion. Solange sie nicht sehen, wer am Steuer sitzt, passiert uns nichts. Wir müssen sowieso gleich abbiegen. Dann fahren sie bestimmt vorbei, passt mal auf.«
    Der Geländewagen rutschte ein wenig, als sie links abbog, aber sie schaffte es, ihn auf der Straße zu halten. Justin und ich schauten aus dem Rückfenster. Ich beobachtete die hinter uns vorbeiführende Straße und wartete darauf, dass der andere Wagen vorbeifuhr. Außer dem Brummen unseres Motors und Gavs rasselndem Atem war nichts zu hören.
    Plötzlich sah ich einen dunkelblauen Truck. Statt vorbeizufahren, bog er hinter uns auf dieselbe Straße ein. Mein Herzschlag setzte aus.
    »Sie verfolgen uns«, sagte Tobias.
    »Mist!«, rief Justin. »Jetzt sind wir am Arsch.«
    »Nein«, erwiderte ich mit hämmerndem Puls. »Wenn sie uns nicht kriegen, sind wir auch nicht am Arsch. Und das werden sie nicht.«
    »Aber wie zum Teufel sollen wir sie denn aufhalten?«, fragte Justin.
    Anika trat aufs Gaspedal, und der Motor heulte auf. Sie fuhr mit voller Geschwindigkeit um die nächste Ecke, geriet ins Schleudern und hätte beinahe eine Straßenlampe erwischt. Gav schlug mit dem Kopf gegen meinen. Er hustete schwach und murmelte etwas, doch seine Augen waren fest geschlossen.
    »Keine Ahnung, wie sie das rausgefunden haben«, versicherte Anika. »Ich schwöre, ich war total vorsichtig.«
    »Das ist jetzt auch egal«, erwiderte Tobias. »Vielleicht können wir sie ja abhängen. Ich glaube, es ist nur ein Wagen, der uns folgt.«
    »Wenn sie ein Funkgerät haben, werden sie den anderen Bescheid geben«, sagte Leo.
    Ich sah angestrengt nach hinten. Der Truck war ebenfalls um die Ecke gebogen und jetzt nur noch ein paar Querstraßen weit entfernt. Ich konnte zwei Personen durch die Windschutzscheibe erkennen. Die auf der Beifahrerseite lehnte sich aus dem Fenster und zielte mit einem schmalen Gegenstand auf uns.
    »Sie haben eine Waffe!«, rief ich. Da löste sich ein Schuss, schmerzhaft laut, und traf mit einem metallischen Doing auf das Heck des Geländewagens. Anika schrie auf. Wir vier auf dem Rücksitz duckten uns, und ich schlang den Arm fest um Gav, damit er ruhig blieb.
    »Die werden uns umbringen!«, rief Justin.
    Ein weiterer Schuss zischte an uns vorbei und durchlöcherte ein Stoppschild, an dem wir vorbeirasten. Während der Fahrt konnten sie nicht besonders gut zielen, wenn sie jedoch näher kämen, würden sie auch besser treffen. Und ich bezweifelte, dass ihnen viel daran gelegen war, uns am Leben zu lassen.
    »Was soll ich tun?«, fragte Anika mit quiekender Stimme. »Was sollen wir denn jetzt bloß tun?«
    Ich wusste es nicht. Hinter uns donnerte der Motor des Trucks, und mich überbekam langsam das Gefühl, dass diese Sache tödlich enden würde. Die Frage war nur für wen. Eins wusste ich allerdings genau: Ich wollte nicht, dass wir es waren. Ich hatte bloß noch keine Idee, wie ich uns retten sollte.
    Ich drückte Gav fest an mich, während wir um die nächste Kurve fuhren, und da fiel es mir wieder ein. Ein paar Tage zuvor waren wir einem der Wächter entwischt, weil wir uns tot gestellt hatten. Wie eine Beutelratte.
    So tot wie eine Schlange, die nicht wirklich tot war.
    Mir stockte der Atem. Das Gewehr hatte Tobias in den Kofferraum gelegt, aber ich war mir sicher, dass er seine Pistole bei sich hatte. Während wir fuhren, würde er nicht besser zielen können als die Kerle in dem Truck. Aber wir konnten anhalten, so tun, als würden wir aufgeben, und dann zuschlagen, wenn sie sich näherten und nicht damit rechneten.
    Ich hätte ihm in diesem Augenblick sagen können, er sollte zwei Fremde erschießen, die im Grunde genommen nur versuchten zu
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