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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition)
Autoren: Megan Crewe
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halten …«
    »Dann ist es vielleicht besser, ihn hierzulassen«, sagte Justin und bekam sofort rote Ohren.
    »Ich hab ihm schon gesagt, dass das nicht passieren wird«, erklärte Leo und fasste Justin an der Schulter. Aber der schüttelte ihn ab.
    »Was ist mit: ›Das Allerwichtigste ist der Impfstoff‹?«, fragte er, und ein Jammern schlich sich in seine Stimme. »Wir wissen, dass wir fort müssen, wenn wir jemanden finden wollen, der mehr davon herstellt, oder?« Er machte eine Handbewegung in Richtung Schlafzimmer. »Und wir wissen, dass er nicht wieder gesund wird. Die Leute werden nicht wieder gesund. Wir riskieren alles, und er – er könnte in dieser Sekunde schon tot sein.«
    Im ersten Moment stand ich da und hörte seine Worte in meinem Kopf widerhallen, im nächsten war ich schon vier Schritte durchs Zimmer gestürzt, die Hände erhoben, völlig außer mir vor Wut. Tobias packte mich am Arm und brachte mich kurz vor Justin zum Stehen. Justin wich erschrocken zurück.
    »Kae«, sagte Leo.
    Meine Arme sackten nach unten, und Tobias ließ mich los. Es stimmte. Deshalb schmerzte es auch so, es zu hören. Aber Gav war noch nicht tot.
    »Würdest du das auch sagen, wenn es deine Mom wäre?«, fragte ich. »Oder dein Dad?«
    Noch bevor Justin antworten konnte, klopfte es an der Wohnungstür.
    Wir blieben alle wie angewurzelt stehen. Tobias schob die Hand in seine Jacke und zog die Pistole hervor. Hatte, wer immer da geklopft hatte, uns gehört? Oder versuchten sie es nur an jeder Tür und gingen weiter, wenn niemand öffnete?
    Wieder pochte es, und dazu erklang eine uns bekannte Mädchenstimme.
    »Macht schon auf. Hier ist Anika.«
    Mist.
    Tobias schob sich näher an die Tür und ich sah mich nach einer potentiellen Waffe um.
    »Ich gehe nicht weg«, verkündete Anika. »Irgendwann müsst ihr ja mit mir reden. Außerdem hab ich was mitgebracht, das ihr früher oder später wahrscheinlich haben wollt.«
    Sie klang nicht, als würde sie bluffen – sie wusste, dass wir da waren. Ich holte mir das schärfer aussehende der beiden Brotmesser aus der Küche und ging zur Tür.
    »Wer ist noch bei dir?«, fragte ich.
    »Ich bin allein«, antwortete sie. »Ich hab Tobias vorhin draußen gesehen.«
    »Wann hast du mich gesehen?«, fragte Tobias und ich erkannte die Zusammenhänge. Er war nur die paar Minuten draußen gewesen, um sich zu erleichtern. Wie hoch standen wohl die Chancen, dass sie genau im selben Moment vorbeigekommen war wie der Geländewagen?
    »Ich saß in dem Auto«, erwiderte Anika und klang frustriert. »Auf dem Rücksitz. Ich sollte ihnen sagen, wenn ich jemanden erkennen oder etwas sehen würde, das darauf hindeutet, wo ihr seid. Hab ich aber nicht, verstehst du? Hast du gemerkt, wie er einen Blick auf die Rückbank geworfen hat, als du seine Fragen beantwortet hast? Er hat mich fragend angesehen, aber ich hab den Kopf geschüttelt. Deshalb ist er weitergefahren.«
    Tobias zögerte, und etwas in seinem Gesicht entspannte sich. Ich marschierte an ihm vorbei zur Tür und sah durch den Spion. Ich konnte nur Anikas vermummte Gestalt direkt davor erkennen, aber theoretisch hätten noch andere an der Wand stehen können. Ich presste das Ohr an den Spalt zwischen Tür und Rahmen. Ich hörte ein leises Stoffrascheln, als sie das Gewicht verlagerte, sonst nichts.
    »Und warum hast du dem Typen nichts gesagt?«, fragte ich. »Du hast denen doch sonst alles erzählt, oder etwa nicht?«
    »Ihr kapiert es einfach nicht«, erwiderte sie. »Vor ein paar Wochen hat ein Kind – wohlgemerkt ein Kind – wegen irgendwas zum Essen versucht, mich mit einem Gewehr, das es sonst woher hatte, zu überfallen. Ich hab kein Gefühl mehr in den Fingerspitzen meiner linken Hand, weil ich so dumm war, ohne Fäustlinge über meinen Fingerhandschuhen einzuschlafen und es nachts so verdammt kalt ist. Und jedes Mal, wenn ich vor die Tür trete, sind da Leute, die husten und niesen und rumschreien, und ich weiß, dass ich die Nächste sein könnte. Ich wusste, wenn ich mich mit den Wächtern gutstellte, dann würde es mir bessergehen. Ich wollte doch bloß, dass es mir wieder gutgeht.«
    Ihre Stimme versagte.
    »Warum hast du ihnen denn dann nichts von Tobias gesagt?«, wollte Leo wissen.
    »Es war nicht gut«, antwortete sie leise. »Als wir zu der Wohnung kamen und sahen, dass ihr fort wart, meinte einer von denen, ich hätte früher zu ihnen kommen müssen. Er hat mich an die Wand geschubst – meine Schulter tut jetzt noch weh,
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