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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition)
Autoren: Megan Crewe
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ein salziger Geschmack die Kehle hinaufstieg. »Du wirst nicht allein sein«, brachte ich mühsam heraus. »Keine Angst. Ich bleibe bei dir.«
    »Es ist echt nicht fair«, sagte er. »Diese Typen, Leo und Tobias und so, die sind die ganze Zeit mit dir zusammen, und ich bin hier eingesperrt. Dabei will ich noch nicht mal, dass du überhaupt an sie denkst .«
    »Das tu ich nicht«, versicherte ich ihm. »Ich denke nur an dich.«
    »Dieser Leo sagt, er wäre nur dein Freund, aber der denkt sich was. Ich sehe ihn denken, die ganze Zeit. Er sieht dich so an …« Plötzlich wurde er ganz unruhig. »Es ist noch nicht vorbei. Wir haben noch keine Ärzte gefunden, wir haben ihnen den Impfstoff noch nicht gegeben. Ich muss helfen und nicht hier rumliegen. Ich …«
    Er hielt inne, um einen Hustenanfall von mir fernzuhalten. Ich nahm die Wasserflasche vom Fußboden. Als ich mich wieder zu ihm umdrehte, setzte er sich auf. Er trank, hustete, trank wieder ein wenig und manövrierte sich dann auf die Bettkante. Seine Arme zitterten bei dem Versuch, sich aufrecht zu halten.
    »Wir können noch heute los«, sagte er. »Du hast gesagt, wir bräuchten ein Auto. Ich helfe euch suchen. Ich bin die ganze Zeit mit dir gekommen, um zu helfen. Vielleicht hätten wir schon längst eins gefunden, wenn ich nicht so faul gewesen wäre.«
    Ich wischte mir mit dem Ärmel über die Wangen und fasste ihn an der Schulter. Die Hitze des Fiebers strahlte durch sein T-Shirt. »Gav«, sagte ich bestimmt, »du warst nicht faul. Du musstest dich ausruhen, und das musst du immer noch, verstanden? Wenn … wenn du dich genug ausgeruht hast, dann machen wir uns alle zusammen auf den Weg.«
    Er zögerte, zitternd, und sank dann wieder zurück auf die Decken.
    »Wir finden wahrscheinlich sowieso keinen«, murmelte er. »Diese Arschlöcher von der Regierung haben uns auch alle im Stich gelassen. Denen konnten wir nie trauen. Ich wusste es. Ich wusste, dass es zwecklos ist. Wir hätten einfach da bleiben können, wo es sicher war.«
    Die Worte nagten an mir. War das die Wahrheit, und nicht das, was er am Tag zuvor zu mir gesagt hatte, als er meinte, er verstünde, warum wir herkommen mussten?
    Ich würde es wahrscheinlich nie erfahren.
    »Versuch wieder zu schlafen«, sagte ich und nahm die leere Flasche. »Ich hole noch ein bisschen frisches Wasser, falls du später noch welches brauchst, ja? Ich bin gleich wieder da.«
    Er senkte den Kopf. Ich stieg vorsichtig aus dem Bett, wechselte die Jacken und schlüpfte zur Tür hinaus.
    Das Feuer war zu ein paar kleinen Flämmchen über der Glut heruntergebrannt, und kalte Luft verbreitete sich im Wohnzimmer. Justin und Tobias lagen Seite an Seite in ihren Schlafsäcken vor dem Kamin. Ich trottete um sie herum zum Fenster, wo unsere zusätzlichen Wasserflaschen standen. Als ich mich an der Wand entlang wieder zum Schlafzimmer schob, ertappte ich mich dabei, wie ich die Wohnungseinrichtung musterte.
    Das Sofa. Wenn Gav sich darauf versteifte, mit aus der Wohnung zu kommen, um zu helfen, könnten wir die Schlafzimmertür mit dem Sofa versperren. Es sah schwer aus. Ich glaubte nicht, dass er im Moment kräftig genug war, um sonderlich viel Gewicht wegzuschieben.
    Und dann dachte ich plötzlich: Du überlegst dir gerade, wie du deinen Freund am besten in ein Zimmer sperrst, damit er da stirbt.
    Da öffnete sich die Wohnungstür, und Leo kam herein. Als er mich sah, blieb er stehen. »Die Sonne geht auf«, sagte er. »Ich wollte gerade Tobias wecken, damit er nach dem Truck sucht. Das ist doch der Plan, oder?«
    Ich nickte und traute mich nicht, zu sprechen. Die Flasche wackelte in meiner Hand. Leos Blick fiel darauf und hob sich dann wieder zu meinem Gesicht. Er runzelte die Stirn.
    »Kae?«, sagte er, und meinen Namen zu hören, zerstörte irgendwie den letzten Rest meiner Selbstbeherrschung.
    Ich sank zu Boden, umklammerte die Flasche. Ich legte die Arme um die Knie und presste das Gesicht dagegen. Meine Augen brannten wie Feuer, während eine weitere Welle heißer Tränen herausstürzte. Ich rang nach Luft, schluckte die Schluchzer wieder herunter, weil ich nicht wollte, dass die anderen wach wurden und mich so sahen.
    Leo sagte kein Wort. Er kam einfach nur durchs Wohnzimmer, kniete sich vor mich hin und schloss mich in die Arme. Einen Moment lang widerstand ich, doch dann ließ ich ihn mich an sich ziehen, so dass mein Kopf auf seiner Schulter lag und meine Tränen seine Jacke durchnässten. Wenn ich jemals meinen
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