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Und wenn es die Chance deines Lebens ist

Und wenn es die Chance deines Lebens ist

Titel: Und wenn es die Chance deines Lebens ist
Autoren: Caroline Vermalle
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lächelte.
    Natürlich wusste er das. Sein Vater hatte es ihm erzählt, als er ein kleiner Junge war.

E P I L O G
    Sieben Jahre später
    Der Abend des 24. Dezember
    »Unglaublich, Oscar, je größer du wirst, desto mehr ähnelst du deinem Vater. Gib deinem Patenonkel einen Kuss.«
    »Hallo, Jamel«, sagte der siebenjährige Oscar, der schon seinen Flanellpyjama trug. Jamel verwuschelte ihm die Haare. Oscar warf der fünfjährigen Kika einen Blick zu, die sich hinter ihrer Mutter Pétronille versteckte.
    Marcia eilte herbei, um die Gäste hereinzubitten. Sie war mit ihrem zweiten Kind schwanger und mit ihren mütterlichen Rundungen bezaubernder denn je. Sie küssten sich alle, und Pétronille, Jamel und Kika traten auf der Fußmatte den Schnee von ihren Stiefeln. Jamel stellte fest, dass es in dem Moment, als sie vor der Tür ankamen, zu schneien aufhörte und dass es an Weihnachten seit Jahren nicht mehr so stark geschneit hatte. Seit vielen Jahren.
    »Seit Oscars Geburt«, sagte Frédéric, der auf die Freunde zuging, um sie zu begrüßen. Frédéric war wie alle anderen auch älter geworden, doch er war noch immer der gutaussehende Mann, dem das Glück zu lachen schien. Und heute Abend sah er in seinem schwarzen Anzug und dem weißen Hemd aus wie Ken. Pétronille errötete kaum merklich, als sie ihm eine große Pappschachtel reichte.
    »Das Dessert!«
    »Als Bausatz natürlich ...«, fügte Jamel hinzu. »Wir müssen es noch zusammensetzen ...«
    Hinter Frédéric erklang ein lautes »Ah«. In der weihnachtlich geschmückten Wohnung tauchten die vertrauten Gesichter auf. Gilles’ Haare waren nachgewachsen, Maurice hatte eine neue Freundin, die 67-jährige Paulette, und Bertrand ein Boot, von dem er Fotos zeigte. Davon abgesehen waren sie dieselben geblieben. Auch Marcias Eltern waren aus Berlin angereist, um Weihnachten in Paris zu feiern. Sie bewunderten die neue Wohnung in einer ruhigen Sackgasse in Montmartre. Marcias Mutter schaute auf einen Holzbilderrahmen auf dem Kaminsims, in dem zwei Fotos steckten. Die Frau hatte Frédérics Augen und der Mann seine Gesichtszüge. Marcias Vater betrachtete den Sisley, der im Wohnzimmer an der Wand hing. Er kannte dessen Geschichte. Jamel hatte Frédéric Geld geliehen und das Gemälde vor dem Gerichtsvollzieher gerettet.
    Während des Aperitifs kümmerte Oscars Großmutter sich um das Abendessen der Kinder. Zum Nachtisch durften sie ein paar Windbeutel essen. Die Erwachsenen redeten alle gleichzeitig und erzählten von ihren Erlebnissen. Jamel hatte ein kleines Buch über Schatzkarten geschrieben. Es wurde kein Bestseller, verkaufte sich aber einigermaßen solide, und der Erlös kam den Kindern imKrankenhaus zugute, denen er alle seine Autorenrechte übertragen hatte. Pétronilles Konditorei konnte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten vor Kunden kaum retten, nachdem ihre Schwester Dorothée, die Mutter des siebenjährigen Malo, einem Spielkameraden von Oscar, das Marketing in die Hand genommen hatte. Marcia sprach über ihre Modekollektion für trendbewusste Kids, bis Frédéric mit dem Löffel gegen sein Champagnerglas klopfte. Er wollte ihnen etwas mitteilen.
    »Nach vielen Jahren der Vorbereitung ... seid ihr alle zur Vernissage der Ausstellung am 6. Januar eingeladen!«
    Alle klatschten und gratulierten ihm.
    »Was für eine Ausstellung?«, fragte Marcias Vater. Marcia erklärte ihm auf Deutsch, was alle anderen schon wussten.
    Frédéric hatte seine Kunstgalerie vor sechs Jahren eröffnet. Mit einer großen Portion Entschlossenheit, vielen endlos langen Arbeitstagen und vielen Nächten ohne Oscar war es ihm gelungen, das Projekt zu realisieren. Und jetzt präsentierte er in seiner Galerie Winterlandschaften der größten Künstler. Darunter befanden sich unter anderem ein Monet und Gemälde von Pissarro und Sisley. Von dieser Ausstellung sprach Frédéric aber nicht. Es war eine andere, bei der Zeichnungen eines unbekannten Künstlers gezeigt wurden, eines gewissen Fabrice Nile.
    Mit seinem geschulten Auge hatte Frédéric in der Schatzkarte von Fabrice Nile ein Kunstwerk erkannt. Bei Jamel und bei anderen fand er noch um die 20 weitere Zeichnungen. Nachdem Frédéric sich den Ruf eines einflussreichen Galeristen erworben hatte, konnte er es sich erlauben, Fabrice Nile der Öffentlichkeit vorzustellen.
    Auf diese Neuigkeit stießen sie mit Champagner an. Während sie an ihren Gläsern nippten, trat Stille ein. Einen Augenblick dachten sie vielleicht an Fabrice
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