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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du
Autoren: Mary Higgins Clark
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gelassen, sich mit seiner Trauer über Constances Tod auseinanderzusetzen. Wir haben viel darüber gesprochen. Für mich war es offensichtlich, daß er sich durch seine Affäre mit Arabella Young nur vor der Trauerarbeit drücken wollte. Ich riet ihm, sich von ihr zu trennen und sich sechs Monate oder ein Jahr zu gönnen, um mit seinen Gefühlen ins reine zu kommen. Danach sollte er mich anrufen und mit mir zu einem Ball gehen.«
    Henry musterte Betsy Condazzis Gesicht, ihr trauriges Lächeln und ihren wehmütigen Blick. »War er einverstanden?« wollte er wissen.
    »Nicht ganz. Er meinte, er werde sein Haus verkaufen und nach Florida ziehen. Und es werde keine sechs Monate dauern, bis er mich ganz groß ausführen würde.«
    Henry wartete eine Weile mit seiner nächsten Frage:
    »Wie hätten Sie reagiert, wenn sich Arabella Young mit der Geschichte, daß Tommy und ich während meiner Amtszeit und noch vor dem Tod seiner Frau wilde Orgien gefeiert hätten, an die Klatschpresse gewandt hätte?«
    »Mir wäre sofort klargewesen, daß das nicht stimmt«, entgegnete sie. »Und Tommy kennt mich gut genug, um zu wissen, daß er mit meiner Unterstützung rechnen kann.«

    Auf dem Rückflug nach Newark überließ Henry seinem Piloten das Steuer. Er war tief in Gedanken versunken.
    Immer mehr erhärtete sich sein Verdacht, daß Tommy als Sündenbock herhalten sollte. Sein Freund hatte auf ein zweites Glück hoffen können und deshalb überhaupt keinen Grund gehabt, diesen Mord zu begehen. Nein, es ergab einfach keinen Sinn. Er konnte Arabella Young nicht getötet haben. Doch wie sollten Sunday und er das beweisen? Henry fragte sich, ob Sunday bei der Suche nach einem Mordmotiv wohl mehr Glück gehabt hatte.
    Alfred Barker war mit Sicherheit kein Mensch, den man auf Anhieb sympathisch fand, überlegte Sunday, als sie ihm im Büro seines Ladens für Sanitärbedarf gegenübersaß.
    Er war Mitte Vierzig, breitschultrig und gedrungen, mit hängenden Augenlidern, fahler Haut und graumeliertem Haar. Letzteres hatte er sich kunstvoll über den Schädel gekämmt. Seine Brust unter dem offenstehenden Hemd war hingegen umso dichter beharrt. Ansonsten fiel Sunday noch die gezackte Narbe auf, die über den Rücken seiner rechten Hand verlief.
    Für einen Moment kam Sunday erleichtert Henrys schlanker, muskulöser Körper, sein angenehmes Äußeres, sein berühmtes markantes Kinn und die hellbraunen Augen in den Sinn, die so viel sagen und auch so unergründlich blicken konnten. Und obwohl sie oft auf die allgegenwärtigen Leibwächter schimpfte (schließlich war sie ja nie First Lady gewesen, wozu also das ganze?), war sie jetzt, in diesem schäbigen Zimmer und in Gegenwart dieses feindselig wirkenden Mannes, froh über die Geheimagenten vor der angelehnten Tür.
    Sie hatte sich als Sandra O’Brien vorgestellt, und Alfred Barker schöpfte anscheinend nicht den leisesten Verdacht, daß ihr vollständiger Name O’Brien Britland lautete.
    »Und warum wollen Sie mit mir über Arabella reden?«
    fragte Barker und zündete sich eine Zigarre an.
    »Zuerst wollte ich Ihnen sagen, wie leid mir Arabellas Tod tut«, meinte Sunday mit aufrichtiger Miene. »Ich weiß, daß Sie einander sehr nahestanden. Aber wissen Sie, ich bin mit Mr. Shipman bekannt.« Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort. »Mein Mann und er haben früher zusammengearbeitet. Und offenbar gibt es widersprüchliche Aussagen darüber, ob die Trennung nun von Mr. Shipman oder von Ms. Young ausging.«
    »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Arabella hatte den alten Bock eben satt«, antwortete Barker. »Sie ist schon immer auf mich gestanden.«
    »Trotzdem hat sie sich mit Mr. Shipman verlobt«, widersprach Sunday.
    »Schon, doch ich wußte, daß das nicht lange dauern würde. Er hatte nichts weiter zu bieten als eine dicke Brieftasche. Hören Sie, Arabella hat mit achtzehn einen Trottel geheiratet, der so dämlich war, daß man ihn jeden Morgen an seinen eigenen Namen erinnern mußte.
    Arabella war schlau. Sie ist bei diesem Idioten geblieben, weil seine Familie Kies hatte. Drei oder vier Jahre hat sie durchgehalten, hat sich von ihm ein Studium und die Zahnarztrechnungen bezahlen lassen und gewartet, bis sein reicher Onkel gestorben war. Nachdem er das Geld geerbt hatte, hat sie Schluß mit ihm gemacht und ihn bei der Scheidung ausgenommen wie eine Weihnachtsgans.«
    Alfred Barker hielt noch einmal ein Streichholz an seine Zigarre und pustete Rauch aus. »Sie war wirklich mit
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