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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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unwirklich …«
    »Aber Valerie Steinfeld ist tot«, sagte Manuel Aranda. »Und mein Vater ist tot. Das ist nicht unwirklich. Das ist die Wirklichkeit! Valerie Steinfeld hat meinen Vater vergiftet. Dann hat sie selber Gift genommen. Nach Ansicht der Polizei gibt es darüber keinen noch so geringen Zweifel.«
    Irene Waldegg sagte: »Der Hofrat Groll ist ein kluger, erfahrener Mann. Und es sind ausgesuchte Spezialisten, die mit ihm arbeiten. Hat Groll Ihnen ein Motiv nennen können? Einen Grund? Ach, Grund! Den kleinsten
Anhaltspunkt
nur?«
    Vorsicht, dachte Aranda. Ich habe dem Hofrat mein Ehrenwort gegeben, darüber zu schweigen.
    Aranda hatte sich in der kurzen Zeit seines Wiener Aufenthalts lange und mehrmals mit dem hohen Polizeibeamten unterhalten. Er wußte vieles über viele Menschen.
    Ich weiß eine Menge, wovon du nichts ahnst, dachte Aranda, die junge Frau von der Seite betrachtend. Aber ich werde dir nichts davon verraten. Ich wäre ein Schuft, wenn ich es täte, denn der Hofrat vertraut mir. Ich vertraue dir nicht, ich wäre verrückt, wenn ich einem von euch vertraute!
    »Nein, nicht den kleinsten Anhaltspunkt«, log Manuel Aranda.
    Irene Waldegg fuhr um den runden Platz vor der Kirche. Vom tiefverschneiten Dach und von allen Mauervorsprüngen hingen schwere Eiszapfen herab. Die junge Frau bog in eine Allee ein, die nach Südwesten führte.
    »Seit wann kennen Sie den Hofrat Groll?« fragte Aranda.
    »Seit … jenem Abend. Er ließ mich von seinen Männern holen und in die Buchhandlung bringen – damit ich meine Tante identifizierte, und zu einem ersten Verhör.« Irene Waldegg hob die Schultern. Sie schauderte. »Es war furchtbar. Die beiden sahen entsetzlich aus. Das Gift hatte …«
    »Schon gut«, sagte er. »Aber Sie konnten Ihre Tante identifizieren.«
    »Sofort.«
    »Und meinen Vater?«
    »Ich habe Ihren Vater nicht gekannt, Herr Aranda!«
    »Sind Sie sicher?«
    »Vollkommen sicher.« Wenn sie log, war sie die geborene Lügnerin.
    »Hat Ihre Tante jemals seinen Namen erwähnt?«
    »Niemals. Da bin ich auch ganz sicher. Ich sage Ihnen ja, es ist zum Verrücktwerden!« Ja, du sagst es, dachte er. Ein wenig zu häufig sagst du es.
    »Sie haben mit Frau Steinfeld zusammengelebt?« Aranda sah Irene Waldegg noch immer an. Ein schönes Gesicht. Ein offenes Gesicht. Aber ich kann die Augen nicht sehen, dachte er. Was für Augen hat diese Frau? »Ich glaube, ich hätte doch ein Taxi nehmen sollen«, sagte diese Frau ruhig.
    »Was heißt das?«
    »Das heißt, daß ich genug von diesen Fragen habe. Sie wissen doch genau Bescheid! Der Hofrat hat Ihnen doch alles gesagt! Meinen Sie, Sie könnten mich bei einer Lüge ertappen? Sie halten mich für schuldig, immer noch. Ich nahm Ihre Entschuldigung vorhin ernst – leider.«
    So geht das nicht, dachte er. Diese Frau ist keine Idiotin. Ich, ich bin es, der sich wie ein Idiot benimmt. Er sagte: »Die Entschuldigung war ernst gemeint, wirklich. Ich bin nur völlig kopflos und ratlos. Ich … ich werde Ihnen sagen, was ich weiß, was der Hofrat mir erzählt hat! Sie
haben
mit Frau Steinfeld zusammengewohnt, Ihrer Tante, ja! In der Wohnung von Frau Steinfeld in der … den Straßennamen habe ich vergessen.«
    »Gentzgasse.«
    »Gentzgasse, richtig. Sie sind Apothekerin. Die Möven-Apotheke in der Lazarettgasse gehört Ihnen. Sie haben da zuerst bei Ihrem Onkel gearbeitet, und als der vor drei Jahren starb, erbten Sie das Geschäft.« Das ist der bessere Weg, dachte Aranda. Sie darf nicht von vornherein meine Feindin sein. Sonst komme ich niemals weiter. Sie sitzt schon nicht mehr so verkrampft da, ihr Gesicht ist schon etwas weicher geworden.
    »Sie haben Spikes an den Rädern, nicht wahr?« fragte Irene Waldegg.
    »Ja.« Er runzelte irritiert die Brauen und fuhr fort. »Frau Steinfeld war nicht Ihre einzige Verwandte. Das weiß ich auch. Ihre Eltern leben im Süden Österreichs, in …«
    »Villach«, sagte sie. »Das liegt in Kärnten. Ich bin nach Wien gekommen, um hier zu studieren.«
    »Ja, das hat mir der Hofrat erzählt. Und Frau Steinfeld hat in dieser Buchhandlung Landau in der Seilergasse gearbeitet.«
    »Waren Sie schon dort?«
    »Ich war noch bei niemandem. Keine Zeit, das sagte ich doch. Ich wollte heute noch hingehen. Aber zu allererst wollte ich das Grab von Frau Steinfeld sehen.«
    Irene Waldegg sagte: »Den Buchhändler Martin Landau und seine Schwester hat der Hofrat auch gleich noch am Abend rufen lassen. Auch die beiden hatten Ihren Vater
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