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Und fuehre mich nicht in Versuchung

Und fuehre mich nicht in Versuchung

Titel: Und fuehre mich nicht in Versuchung
Autoren: Vera Bleibtreu
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hat man schon ähnliches gehört. Die haben einfach eine andere Einstellung zum Leben, im Positiven wie im Negativen.» Brandes’ Gedanken schweiften offensichtlich ab. «Waren Sie übrigens schon mal in Asien, zum Beispiel in Vietnam?» Tanja ver-neinte. («Wo sollte ich das Geld dafür hernehmen, hat der keine Ahnung, wie ein Job bei der Polizei bezahlt wird?») Brandes redete enthusiastisch weiter: «Eine faszinierende Region. In Vietnam, da drücken die jungen Leute nach der Arbeit noch die Schulbank, nur um sich fortzubilden und weiterzukommen. Die sind wißbegierig, fleißig, dazu hart im Nehmen. Wenn Sie daran denken, daß zum Beispiel Vietnam ein ganz junges Land ist, der Großteil der Bevölkerung unter dreißig, dann sehen Sie, daß dort ein ungeheures Potential liegt. Wir investieren mit gutem Grund seit einiger Zeit in der Region. Wenn Sie etwas auf der hohen Kante haben – mein Tip: Kaufen Sie sich in Hanoi  ein. Die Grundstückspreise werden dort bald explodieren.
    Allerdings können Sie das nur über einen einheimischen Partner abwickeln, Ausländer dürfen in Vietnam noch nicht selbst investieren. Aber ich könnte Ihnen da helfen, wenn Sie wollen.» «Ja, danke für den Tip», Susanne nickte freundlich. Hanoi – sie konnte sich noch nicht mal eine Eigentumswohnung in der Neustadt leisten, was dachte sich der Typ eigentlich? «Ich werde mich bei Bedarf an Sie wenden. Aber zurück zu Steffen Vogel – was meinen Sie, warum er regelmäßig nach Südostasien geflogen ist?»
    «Tja», Brandes zog sich wieder weiter hinter seinen Schreibtisch zurück, «da weiß ich auch nichts Genaues.» Er zögerte. «Gerüchte hat es natürlich gegeben, zumal Vogel ja nicht verheiratet war.» «Was für Gerüchte?» hakte Tanja nach. «Na ja, also, ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber, na ja, die sind in der Gegend ja offener, obwohl, so ganz ja auch nicht, ist jetzt ja auch strafbar mit Minder-jährigen …» Brandes geriet ins Stocken. «Sie haben also darüber gesprochen, daß Vogel als Sextourist nach Asien geflogen ist?» präzisierte Tanja. «Also ich persönlich nicht, das möchte ich entschieden von mir weisen, aber, gut, also es wurde darüber hinter vorgehaltener Hand schon getratscht, das habe ich gehört.» Brandes riß sich zusammen. «Aber ich habe nie einen wirklichen Beweis dafür gesehen und gehört. Und die persönlichen Vorlieben unserer Mitarbeiter, solange sie nicht strafbar sind, gehen uns auch nichts an – wir verkaufen ja Glas und keine Moral.»
    «Ich fasse zusammen», Tanja Schmidt hielt einen Augenblick inne: «Steffen Vogel hat sich mit einer Abfindung und der prozentualen Beteiligung an seiner Erfindung aus Ihrem Unternehmen verabschiedet, obwohl er ein Vielfa-ches – auch in seiner Lieblingsregion Südostasien – hätte  verdienen können, wenn er bei Mainz-Glas geblieben wäre.» «So ist es», stimmte Brandes zu. «Und keiner weiß, warum er das getan hat.» Tanja überlegte noch einen Moment. «Noch eine Frage: War er Ihnen sympathisch, Herr Dr. Brandes?» Die Antwort kam schnell und entschieden. «Nein, er war mir nicht sympathisch, und ich kenne, ehrlich gesagt, auch niemanden, dem er sympathisch war. Als Mitarbeiter war er ausgezeichnet, auch in der Personalführung, da gab es nichts auszusetzen. Er konnte seine Mitarbeiter enorm motivieren, aber gemocht haben sie ihn nicht. Doch jeder wußte, daß er im Team mit Vogel Erfolg haben würde. Allerdings gab es auch einige, die seinem Druck nicht gewachsen waren und aus dem Team flogen. Die hatten oft lange daran zu knapsen. Wer aber blieb, der entdeckte unter Vogels Anleitung sein persönliches Potential und wuchs oft genug über sich selbst hinaus. Vogel hatte dieses Talent, er durchschaute Menschen. Er selbst war verschlossen, man wußte nicht, was in ihm vorging. Das wirklich Unangenehme aber war sein Blick. Er konnte einen so anschauen, als ob er etwas sehen würde, das man selbst nicht sieht – einen Fleck auf dem Anzug oder ein peinliches Geheimnis. Ich habe mich nie ganz wohl gefühlt, wenn ich ihm begegnet bin. Aber, wie gesagt, als Mitarbeiter war er ausgezeichnet.»

    * * *
    «Chinesenmafia, wie sollen wir denn da ermitteln?» Arne Dietrich hörte sich mißmutig Tanjas Bericht an und dachte in eine andere Richtung weiter: «Dr. Brandes konnte Vogel nicht ausstehen, aber deshalb bringt man ja jemanden nicht gleich um, zumal Brandes ihn als Mitarbeiter  schätzte. Aber wir müssen schon noch einmal zu
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