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und die Poker-Hoelle

und die Poker-Hoelle

Titel: und die Poker-Hoelle
Autoren: Marco Sonnleitner
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hinten. Der junge Mann starrte nur zu Boden, atmete kaum. Er musste unsagbare Angst haben.
    »Ha!«, stieß Jin plötzlich hervor. »Da ist was!«
    Jin ließ das Feuerzeug fallen, das polternd den Luftschacht hinabsauste, streckte sich, stellte sich auf die Zehenspitzen und stöhnte dabei vor Anstrengung. Dann endlich schien er zu fassen zu bekommen, was er entdeckt hatte. Eine Sekunde später zog er den Arm aus dem Schacht.
    »Ein Kästchen?« Jin runzelte Stirn, drehte das dunkle Holzkästchen hin und her, wog es in der Hand.
    Bob wusste nicht, wie viel 20 Millionen Dollar waren. Er hatte noch nie so viel Geld auf einem Haufen gesehen. Aber in einem war er sich sicher: in dieses Holzkästchen, das Jin aus dem Luftschacht geholt hatte, passte nie und nimmer so viel Geld.
    Auch Jin schien das zu wissen. »Was geht hier ab?«, schnauzte er Richie an, während er die Schatulle auf den Boden stellte.
    Richie drehte nur den Kopf, sagte nichts, tat nichts. Er machte den Eindruck, als wäre er ganz woanders.
    Jin kniete sich ächzend hin und fingerte an dem Schließmechanismus herum. Nach wenigen Augenblicken hatte er ihn geöffnet und klappte den Deckel des Kästchens hoch.
    Bob konnte von da, wo er stand, nicht hineinsehen. Er hielt die Luft an.
    »Was ist …?« Jin hatte die Wörter nur gekeucht. Langsam, wie in Zeitlupe fasste er in das Kästchen, griff hinein, zog die Hand zurück und – ließ Sand durch seine Finger rieseln!
    Er hob den Kopf und sah Richie an. Seine Lippen bebten. »Was soll das hier?« Jedes Wort war ein Messerstich. Kalt, hart, bösartig.
    »Ich … ich weiß es nicht.« Der Satz kostete Richie unendliche Mühe.
    Jin sah noch einmal hinein, stutzte plötzlich. »Was ist das … ein Brief?« Der Chinese knurrte und holte den Umschlag aus dem Sand. »Noch einmal so ein verfluchtes Rätsel? Ich habe allmählich die Schnauze voll davon.« Unwirsch riss er den Umschlag auf, holte den Brief heraus und begann zu lesen. Doch bereits nach wenigen Sekunden entfuhr ihm ein wütendes »Was? … ›Lieber Richie‹«, Jins Gesicht sah aus, als betrachtete er ein ekliges Tier, »›ich hoffe, der Sand reicht für 20 Millionen Träume, und dir hat unsere letzte Schnitzeljagd gefallen. Das ist alles, was ich für dich noch tun konnte. Ich wünsche dir‹«, Jin spie die Wörter fast aus, »›ein wunderschönes Leben und alles Liebe und Gute. Dein Onkel Richie.‹ Was?« Er ließ den Brief sinken und starrte Richie an. »Zum Teufel! Kannst du mir erklären, was das soll?«
    Richie zwinkerte nervös und atmete stoßweise. »Träu-Träume«, stammelte er, »für jedes Sandkorn einen … einen Traum. Das … das haben wir … immer gespielt, als ich … als ich ein Kind … war. Träume, die in … Erfüllung gehen sollten. Wünsche.«
    Jin stand auf und kam auf ihn zu. »Du verscheißerst mich?« Der Chinese wirkte verwirrt und wütend zugleich. »Mit den 20 Mios meinte der alte Sack nur Träume?« Er schleuderte Richie den Brief und das Kuvert vor die Füße, das mit der Adressseite nach oben vor ihm zu liegen kam. Für Richie stand dort zu lesen, und merkwürdigerweise klebten auch etliche Briefmarken auf dem Umschlag. Offenbar hatte Defago nur noch ein gebrauchtes Kuvert übrig gehabt.
    Richie sah zu Boden. »Ja, ich –« Er brach ab, starrte vor seine Füße.
    »Was, ja ich ?«, fuhr ihn Jin an.
    »I-ich …« Immer noch schaute Richie den Brief an.
    Bob ahnte, was in ihm vorging. Dort lag der letzte Brief seines geliebten Onkels, sein Vermächtnis. Trauer, Angst, Wut, Einsamkeit, Mitgefühl – all diese Gefühle tobten im Augenblick in Richie, und er wusste einfach nicht, wohin mit ihnen.
    »Es reicht mir jetzt!« Jin hob die Waffe und setzte den Lauf an Richies Schläfe. »Du führst mich jetzt sofort zur Kohle deines Onkels, hörst du? Sofort!«, fauchte er. »Sonst siehst du deinen Onkel schneller wieder, als dir lieb ist!«
    »Aber ich …«
    »Rede!« Jins Finger krümmte sich um den Abzug.
    Richie schluckte. »Es sind … es sind …«

Der graue Earl
    »Waffe runter!«
    Der Befehl hallte wie ein Schuss durch die Betonhöhle. Bob riss den Kopf herum. Cotta! Doch im selben Moment spürte er einen heftigen Schmerz im Arm. Jin hatte ihn gepackt und zog ihn zu sich her.
    »Davon träumst du!«, höhnte der Chinese, der mit der Pistole in der anderen Hand immer noch auf Richie zielte.
    »Jin, Sie haben keine Chance!«, rief Meyers, der sich hinter einer Säule verschanzt hatte. »Lassen Sie die beiden
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