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und der Ruf der Karibikwoelfe

und der Ruf der Karibikwoelfe

Titel: und der Ruf der Karibikwoelfe
Autoren: Martin Klein
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eins ebenfalls: »Määh.«
    Das bedeutet: »Blödmann.«
    Oft klatschen den Schafen auf dem Deich hinter dem Horizont dicke kalte Regentropfen aufs Fell. Der Himmel ist dunkelgrau wie schmutziger Schnee und schwer wie ein dunkles Gebirge. An solch ungemütlichen Tagen bleiben die Touristen weg vom Deich, und in der Hütte des Schäfers läuft der Fernseher heiß. Manchmal gibt es Piratenfilme.

    Die Schafe lassen sich nicht stören. Sie rupfen gemütlich weiter Gras, während der Sturmwind ihnen das Fell zerzaust. Das Regenwasser perlt von den wolligen Fellen und rinnt an staksigen Schafbeinen entlang zu Boden. Ein Schaf macht: »Mäh.« Das heißt: »Es regnet.«
    Ein anderes erwidert: »Möh.« Das bedeutet: »Ja.« Ein drittes Schaf blökt: »Mäh Möh.« Das heißt: »Irgendwann hört es wieder auf«, und das zweite Schaf macht wieder: »Möh.«
    Rita seufzt. Wann hat sie zum letzten Mal die dösigen Schafe im Alltagsgespräch auf dem verregneten Deich erlebt? Es ist lange her.
    Rita seufzt ziemlich laut. »Wenn ich nur wüsste, was es ist«, murmelt sie.
    Neben ihr hebt Ruth gedankenverloren den Kopf aus ihrer Matte. »Hast du etwas gesagt?«
    »Hmja-nönö-nicht-wirklich.«
    »Aha«, murmelt Ruth. Sie wendet sich wieder ihren Gedanken zu. Alles ist schön. Und doch ist da etwas in Ruths tapferem Raubmeerschweinherzen, das sich nicht besonders gut anfühlt.
    Ruth denkt an Johann, den Jungen aus der kleinen Stadt hinter dem Deich. Ruth hat mit ihm in einem Zimmer voller Kuscheltiere zusammengelebt. Kuscheltiere!
    Das Wort lässt Ruth immer noch zusammenzucken. Stofftiere, die es lieben, gestreichelt, geknuddelt und abgeknutscht zu werden! Die Vorstellung jagt Ruth immer noch Schauer über den Rücken. Von einem Moment auf den anderen sieht sie noch strubbeliger aus als sonst.
    Trotzdem waren die Kuscheltiere in Ordnung. Aufdringlich wurden sie nie.
    Mit Johann hat Ruth sich auch vertragen. Ruth seufzt. Wann hat sie zum letzten Mal mit Johann zusammen CD s gehört? CD s über die Entwicklung der Säugetiere und über das alte Rom und ganz besonders CD s über die Geschichte der Freibeuterei?
    Das ist sehr lange her.
    Ruth lässt den Blick über die Pfosten mit den Schildern schweifen, die sie mit Rita rund um ihr Heim angebracht hat.
    ACHTUNG! SÜSSFINDER WEGBLEIBEN!
    steht auf einem, und auf einem anderen:
    LEBENSGEFAHR FÜR GRAPSCHER &
HÜTEHUNDE!
    Auf einem dritten Schild ist zu lesen:
    VORSICHT!
FREILAUFENDE RAUBSCHAFE &
RAUBMEERSCHWEINCHEN!
    Und auf einem vierten prangt die Aufschrift:
    ZÄUNE & KÄFIGE AUFSTELLEN VERBOTEN!
    Dazwischen haben Rita und Ruth zwei Hängematten gespannt. Es macht Ruth immer wieder Spaß, das alles zu betrachten. Aber trotzdem spürt sie heute immer noch etwas in sich, das sich nicht gut anfühlt. Sie schaut Rita an. Ihre Freundin betrachtet ernst den Horizont.
    Nun seufzt auch Ruth ziemlich laut. »Käme ich doch bloß darauf, was es ist«, brummt sie.
    Rita wendet den Blick. »Hast du etwas gesagt?«
    Ruth nickt.
    »Und was?«, fragt Rita.
    »Ich habe ... ich habe, äh, gesagt, dass wir es hier gut haben«, sagt Ruth. »Das stimmt doch, oder?«
    Rita nickt. »Sehr gut sogar. Wir sind in der Karibik. Genau da, wo wir hinwollten.«
    »Wir haben hier alles, was wir brauchen«, erklärt Ruth. »Und was wir hier nicht haben wollen , das gibt es hier auch nicht. Stimmt’s?«
    Wieder nickt Rita. »So ist es. Wir haben einen echten Piratenunterschlupf, und wir können den ganzen Tag Sandburgen bauen, die niemand kaputt macht. Es gibt hier keine Grapscher, Süßfinder und Autogrammjäger, dafür aber Zuckerrohr und Kokosnüsse, so viel wir nur wollen. Das ist perfekt.«
    »Wir sind am Ziel«, sagt Ruth. »Richtig?«
    »Richtig!«, erwidert Rita. »Richtig!!« Ihre Augen funkeln. »Richtig, richtig und noch mal richtig!!!«
    Sie springt so heftig aus der Hängematte, dass der Sand nur so spritzt. Der Luftzug wirft Ruth aus ihrer Hängematte heraus. Unsanft landet sie im Sand, und ihre Schnauze wird wie mit Goldstaub gepudert.
    »Richtig, richtig, richtig, richtig!!!«, schreit Rita, und jedes Richtig tönt lauter.
    Ruth holt tief Luft. »Riiiiiichtiiiiiig!!!!«, röhrt sie, dass der Mast mit den Fahnen sich biegt wie bei einem Orkan und Rita zwei Meter zurückgeweht wird.
    Dann rappeln die beiden sich auf und schauen sich an.
    »Und doch stimmt bei mir etwas nicht! Weißt du vielleicht, was es ist?!«, rufen sie wie aus einem Mund. Bei Ruth klingt es etwas undeutlich, weil ihr kleines
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