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und der Geisterzug

und der Geisterzug

Titel: und der Geisterzug
Autoren: Astrid Vollenbruch
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einen eindeutigen Vorteil. Und vielleicht ist es ja doch Sam.«
    »Justus!«, schrie Peter. »Du willst doch nicht da raus!«
    »Natürlich nicht«, sagte Justus. Und schon war er draußen.
     
    »Hier ist nichts«, erklärte Peter eine Sekunde nachdem seine Füße den Tunnelboden berührt hatten. Er drehte sich um und griff nach der Türklinke. Bob zog ihn zurück.
    »Stell dich doch nicht so an, Peter! Es ist einfach nur ein sehr finsterer Tunnel, in dem ein unbeleuchteter Zug steht, während die Lok keucht und röchelt wie ein asthmakrankes Nilpferd. Was soll denn daran gefährlich sein?«
    »Zum Beispiel Freds Hinweis, dass es hier spukt. Und Mr Collins’ Hinweis, dass es hier spukt. Und mein persönliches Gefühl, dass in diesem Tunnel sämtliche Gespenster Nordamerikas auf uns lauern – he! Kommt sofort zurück!«
    Ohne auf Peters endgültige Entscheidung zu warten, hatte Justus sich auf den Weg zur Lok gemacht. Bob folgte ihm. Und da Justus die Lampe trug, stand Peter plötzlich allein im Dunkeln. Seine eigene Stimme hallte von den hohen, gewölbten Felswänden wider. Er fuhr herum und starrte in die undurchdringliche Finsternis des Tunnels. Obwohl er nichts sehen konnte, hatte er das Gefühl, dass da etwas war … etwas, das sich lautlos an ihn heranschlich. Seine Nackenhaare sträubten sich. Ohne sich zu besinnen, drehte er sich um und rannte hinter den beiden anderen her.
    Weiter vorne roch die Luft durchdringend nach Öl und verbrannter Kohle. Zischend entwich Dampf aus dem Schornstein der Sequoia . Auch aus einem Rohr hinter dem vordersten Leitrad quoll weißer Dampf. Im Licht von Justus’ Lampe glänzte der mächtige schwarze Eisenrumpf wie die Haut eines urzeitlichen Ungeheuers, das jederzeit brüllend zum Leben erwachen konnte. Bei der Ankunft auf dem Bahnhof war sie den drei ??? nicht so gewaltig erschienen wie jetzt. Die beiden Triebräder auf der rechten Seite waren so hoch wie Peter. Unwillkürlich hielt selbst Justus den Atem an, als hätte er Angst, das Ungeheuer zu wecken. Sie traten um den Kuhfänger herum, das massive Stahlgitter zum Schutz gegen freilaufende Tiere. Und dann blieb ihnen das Herz stehen. Neben der Lok, außerhalb des Scheinwerferstrahls kaum zu sehen, beugte sich ein Mann über ein formloses Bündel, das reglos auf dem Boden lag. Das Licht einer Taschenlampe zuckte über etwas, das wie eine Uniformjacke aussah. Und was da aus dem Bündel herausragte, war unverkennbar eine menschliche Hand.
    Wie angewurzelt standen die drei ??? da und konnten den Blick nicht von dem Ding auf dem Boden lösen. Der Mann blickte auf und kniff die Augen gegen das Licht zusammen. »Sam?«, sagte er heiser. »Bist du das? Wer ist da bei dir?«
    Mit zitternder Hand hob Justus die Lampe höher. Jetzt konnte er den Mann besser erkennen. Er war vermutlich zwischen dreißig und vierzig Jahre alt, hatte kurzes helles Haar und trug ebenso wie Sam, der Heizer, einen rußverschmierten Overall.
    »N-nicht Sam.« Justus hörte seine Stimme nur wie durch Watte. »J-justus Jonas. D-der Mann da, haben wir ihn überfahren? Ist er … ist er – tot?«
    »Was?« Der Lokführer starrte ihn an, als habe er ihn nicht verstanden. Dann stand er langsam auf. »Nein. Um Gottes Willen! Das ist kein Mensch. Es ist – eine Puppe. Aus dem Museum.«
    Justus hatte die Gabe, selbst in ungewöhnlichen Situationen blitzschnell zu denken. Während Peter und Bob noch zu begreifen versuchten, was das zu bedeuten hatte, war es ihm sofort klar. »Eine Schaufensterpuppe? Jemand hat sie auf die Schienen gelegt?«
    »Ich habe sie erst gesehen, als das Transparent zerriss.« Der Lokführer trat ein paar Schritte von den zerfetzten Überresten weg. »Wenn es ein Mensch gewesen wäre –« Er brach ab und schien einen Moment lang um Fassung zu ringen. Erst dann schien ihm klar zu werden, mit wem er sprach. »Was habt ihr überhaupt hier draußen zu suchen? Steigt wieder ein! Wir fahren gleich weiter!«
    »Sollen wir Ihnen nicht helfen, das – die Puppe zu bergen?«
    »Wozu?«, sagte der Lokführer scharf.
    »Für die Polizei«, erwiderte Justus verwundert. »Schließlich ist sie ein wertvolles Indiz, das vielleicht hilft, den Täter zu fassen.«
    »Ich rühre das Ding nicht an«, sagte der Mann. »Und ihr auch nicht. Die Polizei wird sich selbst darum kümmern. Steigt ein, los!«
    Aber Justus bohrte hartnäckig weiter. »Was war das denn für ein Transparent, von dem Mr Reilly erzählt hat? War es über den Weg gespannt? Stand etwas
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