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Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Titel: Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
Autoren: Samy Molcho
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oder den Bewerber einfach stehen lassen.
    Missverständnisse und Irrtümer zwischen Menschen entstehen also aus einem einfachen Grund: Es ist uns oft nicht bewusst, dass wir, wo wir gehen und stehen, auf der Straße, in Gesellschaft und natürlich auch am Arbeitsplatz, unbewusst Signale aussenden, die zum Teil auch erotischer Natur sind. Einige Beispiele: Eine Frau trägt, weil sie es schön findet oder weil es gerade Mode ist, ein offenherziges Dekolleté. Sie denkt sich nichts dabei. Ein Mann jedoch, der ihr begegnet, könnte sich sehr wohl etwas dabei denken und es als Einladung begreifen. Er macht also einen Annäherungsversuch, was er hätte unterlassen sollen. Denn als Einladung war das Outfit der Frau nicht gemeint, und schon gar nicht als Einladung an ihn. Das Signal hat es zwar gegeben, doch ohne Ziel. Der Mann verstand es also falsch. Ebenso harmlos will es uns erscheinen, wenn sich von einem Sommerkleidchen ein Spaghettiträger löst und von der Schulter einer Frau rutscht. Dennoch könnte ein Mann, bereits inspiriert von der schlanken Figur der jungen Frau, es als Signal begreifen: »Schau, sie ist schon halb ausgezogen!« Schon ist er versucht, auf dieses Angebot, das keines ist, einzugehen.
    Es geht hier und in vielen anderen vergleichbaren Fällen eigentlich um ungewollte Herausforderungen sexuellen Verlangens. Scheinbar eindeutig erotische Signale erweisen sich als reine Modeerscheinungen. Männer sollten eigentlich wissen, dass Frauen in der Regel keine Einladungen zur Annäherung aussenden, und sie sollten abwarten können, ob ein Augenkontakt ihnen Bestätigung oder jedenfalls Hoffnung gibt. Aber auch ein Blick muss noch nichts bedeuten. Doch wer ließe sich nicht gern einmal täuschen?
    Der Minirock zum Beispiel, von Zeit zu Zeit unvermeidliche Modeerscheinung, hat seine erotische Nebenwirkung nie ganz verloren. Er zieht den Blick unweigerlich auf die Beine und auf die Schenkel der Frauen. Je
höher der Saum rutscht, umso höher folgen ihm die Blicke und nähern sich damit immer mehr der intimsten Zone einer Frau. Unweigerlich werden sexuelle Impulse beim Mann stimuliert. Natürlich weiß jeder halbwegs bewusst denkende Mensch, dass es sich nur um Mode handelt, um Schönheit und, wenn überhaupt, um ein Spiel mit den erotischen Reizen einer Frau und keineswegs um eine Aufforderung zur Annäherung. Die anregenden Impulse sind dennoch nicht zu leugnen und müssen leider unterdrückt werden. Es sei denn, die Gewöhnung hat den Reiz besiegt. Frauen übrigens, die sich der möglichen Wirkung ihres sehr kurzen Röckchens insbesondere im Sitzen plötzlich erschrocken bewusst werden und nervös daran zu zupfen beginnen, können dem Reiz ungewollt neuen Auftrieb verleihen. Denn unfehlbar zieht die Handbewegung den Blick auf das, was sie ihm verbergen sollte.
    Zu Recht vermeiden die meisten Frauen die Sitzposition mit leicht geöffneten Schenkeln, weil sie wissen oder spüren, dass sie von manchen Männern, vor allem, wenn sie ihnen unmittelbar gegenübersitzen, als Aufforderung verstanden werden könnte. Die heutige Jeansmode erlaubt auch in dieser Hinsicht größere Bewegungsfreiheit.
    Die Saumlänge der Röcke bestimmte schon vor Zeiten die Grenze, bis zu der die Blicke der Männer auf die nackte Haut der Frauen gehen durften. Es galt schon als Fortschritt, als die Knöchel sichtbar wurden. Nach und nach wanderte die Freiheit bis zu den Knien hinauf. Heute spaziert der Blick freizügig nach oben und durch die bauchfreien T-Shirts junger Mädchen hat sich ihm ein neues Fenster aufgetan.
    Freizügige Mode betont ganz selbstverständlich die sexuellen Attribute von Mann und Frau, wobei Frauen auf natürlichste Weise bevorzugt sind. Im Grunde weiß jeder, dass sie eine Signalwirkung haben, auch haben sollen, diese Signale jedoch nicht gezielt abgeschickt werden. Sollen sie einem Partner gegenüber bewusst eingesetzt werden, brauchen sie die Unterstützung durch Blickkontakt und Zeichen verbaler oder nichtverbaler Art. Dennoch sollten wir uns nicht all zu sehr wundern, wenn sie einmal missverständlich auf jemanden wirken, für den sie eigentlich nicht bestimmt waren. Vielleicht ist einmal ja auch ein Glückstreffer darunter. Eine allgemeine Mode übrigens stumpft mit der Zeit das Auge und die Fantasie der Menschen ab. Die Wirkung der Signale, die sie aussendet, erlahmt.

    Als starke sexuelle Attribute der Frau, und nicht nur der Frau, werden, auch von der Wissenschaft, die Pobacken angesehen. Desmond Morris
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