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Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Titel: Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
Autoren: Samy Molcho
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stimulieren. Verliebte übernehmen gern den Tonfall, den Sprachrhythmus des Partners, genauso, wie sie Vorlieben und Gewohnheiten mit ihm teilen wollen. Gemeinsame Bewegungen erwecken bei den Partnern ähnliche Gefühle, erzeugen Harmonie, so wie man es bei Turniertänzern scheinbar vorbildhaft synchronisiert zu sehen bekommt. Im Beziehungsrhythmus verliebter Paare wird sich das Reglement einstudierter Tänze schnell verlieren, denn in der Phase der Verliebtheit werden die Gefühle rasch stimuliert und der Bewegungsdrang steigert sich, gleichgültig, ob wir stehen, sitzen oder liegen. Jede Bewegung kann dem anderen bedeutungsvoll erscheinen: jedes Aufstehen, jede Drehung des Körpers. Die Frau braucht nur ihren Rock zurechtzuziehen, ihre Bluse zu richten oder die Beine übereinander schlagen, ob sie es absichtsvoll tut oder nicht, der Partner kann es als ein erotisches Versprechen deuten, das natürlich nicht unbedingt eingelöst werden muss, wie der hochrutschende Minirock und der Blick auf die Schenkel es vermuten lassen. Wenn sie durch ihr Haar streicht - will sie damit sagen: »Sieh her, wie schön mein Haar ist!« All die kleinen Bewegungen lösen den inneren Gefühlsstau in ihr ein wenig auf und steigern den des Mannes. Auch aufzustehen und durchs Zimmer zu gehen, vielleicht ganz nah am Partner vorbei, kann als kleine Demonstration von Weiblichkeit gedacht sein oder so empfunden werden. Jedenfalls bedeutet es einen Verzicht auf Distanz.

    Zufällig erscheinende Bewegungen ziehen die Aufmerksamkeit auf bestimmte Körperpartien, wie hier zu ihrem Dekolletee.

    Männer verhalten sich ganz ähnlich, wenn sie einen Gefühlsstau in sich auflösen möchten. Sie verschaffen sich Bewegung. Das kann geschehen, indem sie ihre Stimme aktivieren, lauter zu sprechen beginnen oder ihre Rede durch ausholende Bewegungen und ein Siegerlächeln begleiten. Damit versuchen sie, Dominanz zu beweisen. Die eigene Unsicherheit, die jeden befallen kann, wird überspielt. Das ist ein wichtiger Vorgang, denn Unsicherheit hemmt die Bewegung. Angst vor dem Risiko kann im äußersten Fall zum Bewegungsstillstand führen, zu einem für alle Annäherung hoffnungslosen Zustand der Abschottung.
    Eine Frau hat in diesem Spiel von Annäherung und Widerstand bessere Karten. Ihre Zurückhaltung verringert das eigene Risiko und gibt ihr am Ende doch die Chance, mehr zu gewähren, als sie selbst anbieten musste.
    Was ich über den Beziehungsrhythmus beim Tanzen gesagt habe, gilt genauso für das Gespräch miteinander. Die Entdeckung gleicher Interessen, gleicher Vorlieben erleichtert die Annäherung und stärkt das Gefühl der Zusammengehörigkeit, aber immer nur so lange, bis sich das alte Ego wieder meldet und wir der bloßen Übereinstimmung als Stimulierung überdrüssig werden. Wir beginnen, uns wieder abzugrenzen. Nun ist Toleranz gefragt, und es muss heißen: »Ich liebe sie/ihn trotz der Unterschiede, die wir plötzlich festgestellt haben. Es bleiben genügend Gemeinsamkeiten.« Wenn es noch besser kommen soll, müsste es sogar möglich sein, den andern auch gerade wegen seiner Eigenwilligkeit und Andersartigkeit zu lieben. Dennoch bleibt Synchronisation für ein Zusammenleben unerlässlich, Lebens- und Bewegungsrhythmus müssen in Gleichklang gebracht werden. Das ist die Voraussetzung. Dann aber sollte auch ein Freiraum für einen gelegentlichen Rhythmuswechsel gegeben sein, um zum eigenen Ich zurückfinden zu können.

Unfreiwillige Signale von Annäherung und Distanz
    Unser Körper ist die größte Plaudertasche, die man sich vorstellen kann. Er hört nie auf, Signale zu geben. Wir müssen uns eingestehen, dass wir keineswegs immer wissen, was unser Körper einem anderen signalisiert, und vor allem nicht, was dieser andere versteht. Zwar versuchen wir, auch ganz bewusst Signale auszusenden, richten sie jedoch nicht in jedem Fall auf eine bestimmte Person. Zeigen zwei Männer Interesse an ein- und derselben Frau, und sie lächelt einen der beiden an, so enthält ihr Lächeln zwei konträre Botschaften: Für den einen ein Ja, denn sie akzeptiert seine Annäherung, für den anderen ein Nein, denn sie hat sich von ihm abgewandt.
    Wir legen Wert darauf, gut angezogen zu sein und damit einen positiven Eindruck zu machen. Vielleicht kommt es uns darauf an, einen ganz bestimmten Menschen damit zu beeindrucken, unsere Erscheinung aber wirkt auf alle, auch auf diejenigen, die gar nicht gemeint sind. Warum sage ich das? Ich will es an einem Beispiel
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