Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
So kam’s zu der Strafe.“
    „Weiß Tanja das?“
    „Er hat’s ihr erzählt. Von ihr weiß es
Gaby.“
    „Und von Gaby weißt du’s.“
    „Logo.“
    „Und ich weiß es von dir. Muß es
unbedingt Karl sagen.“
    „Der weiß es auch von Gaby.“
    „Warum erfahre ich das erst jetzt?“
    „Weil du heute morgen in der großen
Pause, als wir uns unterhielten, nicht dabei warst.“
    „Ich war beim zweiten Frühstück im
Speisesaal. Die Hauptköchin hat mir drei Fischsemmeln aufgehoben.“
    „Fischsemmeln und Schokolade! Deinen
Magen sollte man später im Bio-Zimmer ausstellen. In einem Spiritus-Glas.“
    „Also“, sagte Klößchen, „Schokolade
könnte ich klauen. Autos nie.“
    Tim antwortete nicht. Sein Adlerblick
hatte ein seltsames Gebilde erfaßt.
    Fünfzig Meter vor ihnen lag es am
Straßenrand: ein flachgestampfter Knäuel aus Blech, Draht und Chromteilen.
    Näher kommend sah er, daß es sich um
die Reste eines Fahrrades handelte.
    „Sieh dir das an!“ Sie hielten. „Da ist
ein Panzer drübergewalzt. Dieser Lack! Silbrig und kardinalrot. In den Farben
ist Tanjas Drahtesel.“
    „Ob er das ist?“ überlegte Klößchen.
    Tims Blick suchte den Asphalt ab, den
Randstreifen, die Gräser und Blätter. Nirgendwo Blutspuren.
    „Kann schon sein. Hoffentlich ist ihr
nichts passiert. Oder Gaby und Karl.“
    Sie fuhren weiter, und Tim erhöhte das
Tempo. Unruhe hatte ihn befallen.

5. Der Chef der Waffenschmuggler
     
    In der Waldesstille klang der
Motorenlärm aufdringlich. Er näherte sich rasch.
    Werdy lehnte am Lastzug und war damit
beschäftigt, sein Hemd in die Hose zu stopfen. Wegen seiner Wampe saß die Hose
nie maßgerecht, das Hemd rutschte raus, und er wirkte liederlich.
    Carlo grinste. Er arbeitete nicht gern
für den Boss, der jetzt mit seinem heißen Schlitten anrauschte. Um seine
Abneigung zu verbergen, verstärkte er das ständige Grinsen. Aber man merkte:
Freude steckte nicht dahinter.
    Knalliges Rot schimmerte hinter den
Zweigen. Die Sonne schoß Blitzlichter auf den Lack. Dann preschte der Porsche
heran und hielt hinter dem Lastzug.
    Soso! dachte Werdy. Muhson hat seine
Alte mitgebracht. Na, alt ist sie nicht, aber auch nicht so jung, wie sie tut.
    Muhson stieg aus. Auf seinem
Grobgesicht schoben sich die Brauen zusammen. Vielleicht mißfiel ihm was,
vielleicht hatte er Bauchschmerzen.
    Sein paradiesvogel-buntes Weib stieß
zwar den Schlag auf, machte aber keinen Versuch, sich ins Freie zu hieven. Was
hier lief, war Männersache. Zur Waffenschieberin hatte sie ohnehin kein Talent.
Sie interessierte sich für Mode; und damit konnte man, weiß Gott! seine Tage
ausfüllen — und sich geistig daran austoben, welche Farben zueinander passen und
welche Formen. Hinzu kam, daß sie sich wahnsinnig für Film- und Fernseh-Stars
interessierte und für die Liebesabenteuer europäischer Königskinder. Das
beschäftigte Else Muhson, die sich Jessica nennen ließ, von früh bis abends.
Und manchmal träumte sie davon.
    „Tag, Chef“, sagte Werdy. „Da sind wir.
Wie ich schon am Telefon sagte: Alles ist bestens gelaufen. Die Kisten sind in
der Mühle.“
    Carlo nickte dazu und verstärkte sein
Grinsen noch etwas. Damit war er kurz vor der Grimasse. Und wollte wohl ausdrücken,
er unterstreiche jedes Wort seines Kumpels. Aber jetzt, zum Teufel, komme
hoffentlich der angenehme Teil, nämlich die Bezahlung.
    „Schön, daß ihr wieder da seid“, sagte
Muhson.
    Dazu fühlte er sich verpflichtet. Aber
es war geheuchelt. Ob die beiden am Nordpol vereisten oder in der Sahara
vertrockneten, juckte ihn nicht. Ihm ging’s um die Waffenkisten. Leider kamen
die nicht von allein, sondern mußten geschmuggelt werden. Und dazu brauchte man
Typen wie Werdy und Riscanto.
    „Ihr habt die Kisten überprüft?“ fragte
er.
    „Haben wir“, nickte Werdy.
    „Und?“
    „Aus einer fehlen drei oder vier
Meuchelpuffer und etwas Munition.“
    „Was?“
    „Das verringert den Wert kaum. Alles
andere ist ja da. Wer geklaut hat, läßt sich nun nicht mehr feststellen.
Vielleicht Zollbeamte, hahaha. Oder die Spaghetti-Typen, von denen wir das Zeug
übernommen haben.“
    Muhson starrte ihn an.
    Werdy spürte das Mißtrauen, wich aber
dem Blick nicht aus und lächelte unschuldig.
    Carlo grinste noch immer, aber etwas
verhaltener.
    Muhson sprach nicht aus, was er
argwöhnte. Wenn er Terror machte, führte das zu nichts. Außerdem hatte er
keinen Beweis, daß die beiden die Diebe waren.
    Sie waren die Diebe. Daß sie für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher