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Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Titel: Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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der Tür ihres gemeinsamen Salons und unterhielt sich gerade mit der letzten Kundin des Tages. Manfred beantwortete sich seine Frage selbst: »Zu viele.« Es waren wirklich nicht wenige gewesen. Sie hatten immer sehr viel zu tun. Ihr Schönheitssalon für ägyptische Damen war ungemein erfolgreich, und es herrschte große Nachfrage nach ihren Haarschnitten, Maniküren und den anderen raffinierten kosmetischen Behandlungen, die sie aus dem 20. Jahrhundert importiert hatten.
    Seit sie gemeinsam aus Kilmore Cove durchgebrannt und ihr Geschäft in diesem imaginären Land an einem erträumten Roten Meer eröffnet hatten, ging es ihnen außerordentlich gut. Sie besaßen ein herrliches Haus am Strand, in dem sie von zwanzig Dienstboten umsorgt wurden. Dieser besondere Komfort gefiel Manfred mehr als alles andere.
    Vielleicht war der Alltag hier ein bisschen eintönig, aber eigentlich konnten sie sich nicht beklagen. Gwendaline brachte sich häufiger Papyrusrollen mit Abenteuergeschichten nach Hause mit, die sie gerne vor dem Einschlafen las. Manfred, der hier ohne Sportzeitung auskommen musste, ging dafür öfter mal angeln.
    Und das war genau das, was er vorhatte, sobald die letzte Kundin des Tages endlich außer Sichtweite war. Es war eine Frau, die nach Abschluss der Schönheitsbehandlung gerne noch ein Weilchen mit Gwendaline weiterplauderte: die Assistentin des Obersten Schreibers, einer der einflussreichsten Männer in Punt, Herrscher über die gewaltige Bibliothek, derer sich dieses Land zu recht rühmte.
    »Ach, ich finde sie wirklich sehr sympathisch!«, seufzte Gwendaline, als die Kundin den Laden verließ.
    »Ja, und deswegen müsst ihr euch immer stundenlang unterhalten.«
    »Tja, warum auch nicht? Wir verstehen uns doch so gut! Wir sind beide hier sehr glücklich und gleichzeitig kommen wir uns hier aber auch ein bisschen fremd vor.«
    Da haben wir’s, dachte Manfred. Jetzt wird sie gleich verlangen, dass wir von hier weggehen oder nach Kilmore Cove zurückkehren oder irgendetwas in der Art.
    Er schob die Perlenschnüre des Türvorhangs beiseite und schaute hinaus in die sonnenbeschienene Wüste, die sich in alle Richtungen bis zum Horizont erstreckte. Dabei fiel ihm ein kleiner schwarzer Punkt am Himmel auf. Ein Punkt, der näher kam. Er ließ ihn nicht aus den Augen und aus dem schwarzen Fleck wurde ein fliegendes Schiff mit schwarzen Segeln.
    »Komm mal her, Gwen«, rief Manfred, »und schau dir das an!«
    Nestor konnte das Ende des Anlegemanövers kaum erwarten. Er sprang hinunter, schlängelte sich an den Kindern vorbei, die neugierig das Schiff umringten, und bahnte sich einen Weg durch die rasch zusammenströmende Menge.
    Als er die hohen Mauern des Gebäudes erblickte, begann sein Herz wie wild zu klopfen. Könnte Penelope wirklich da drin sein?
    Könnte es wirklich so leicht sein?
    Julia hatte eine ziemlich gewagte Theorie aufgestellt. Spencer hatte erzählt, er habe Penelope ins Land Punt verschleppt, um sie zu zwingen, ihm die Karte von Kilmore Cove zu übergeben (dieselbe Karte, die Jason und Rick viele Jahre später aufspürten und die Oblivia ihnen kurz darauf stahl, was zu einer langen Kette von Ereignissen führen sollte).
    Spencer war davon überzeugt gewesen, Penelope umgebracht zu haben, als er einen Flügel der Bibliothek von Punt, auch Haus des Lebens genannt, in Brand steckte. Und genau deswegen war Julia misstrauisch geworden. Denn Rick und Jason hatten einige Zeit zuvor dieselbe Geschichte von dem Besitzer des Ladens der vergessenen Landkarten gehört, der ebenfalls glaubte, für diesen Brand verantwortlich zu sein. Unter anderem hatten die beiden Jungen damals erfahren, dass die Assistentin des Obersten Schreibers bei diesem Brand ihr Gedächtnis verloren hatte.
    Julias Theorie nun war folgende: Rick war die Ähnlichkeit der Statue der Fischerin in der Villa Argo (für die, wie sie irgendwann erfahren hatten, Penelope Moore Modell gestanden hatte) mit der Assistentin des Obersten Schreibers aufgefallen. Und wenn diese Assistentin das Gedächtnis verloren hatte … dann wusste sie vielleicht gar nicht mehr, dass sie in Wirklichkeit Penelope war und nach Hause zurückkehren musste.
    Vielleicht hat sie mich auch vergessen, dachte Nestor immer wieder. Aber im Grunde machte das überhaupt nichts aus. Denn wenn es auch nur die geringste Möglichkeit gab, Penelope wiederzusehen … dann hätte er Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, damit es zu dieser Begegnung kommen konnte.
    Nestor hinkte
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