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Ultimo

Ultimo

Titel: Ultimo
Autoren: Hans-Peter Vertacnik
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der Herbst die Blätter eingefärbt, aber im Westen Österreichs ist es immer noch warm, als glühe der vergangene Sommer weiterfort, bis in alle Ewigkeit.
    „So ein beschissener Tag.“
    Der Oberbürgermeister von Salzburg strafft seinen drahtigen Körper. In seinen blonden, in die Stirn gekämmten Haaren und dem gepflegten Oberlippenbart zeigt sich noch keine graue Strähne, und wären da nicht die vielen kleinen Falten um die Augen, würde niemand vermuten, dass der Mann schon 46 Jahre alt ist. Als Hannes Rieder an diesem Freitagmorgen nach etwa halbstündiger Fahrt auf die Autobahn auffährt, stinkt er nach Schweiß und Rauch und schaut alles in allem auch ziemlich mitgenommen aus.
    „Pack“, zischt er. „Stupides Gesindel. Ruiniert die Partei und fackelt mir auch noch das Sommerhaus ab. Glücklicherweise bin ich wenigstens noch die beiden Mädchen losgeworden, bevor die Polizei antanzte.“
    Das Erste, was Rieder auffällt, als er sich wieder auf die Fahrbahn konzentriert, ist diese blutrote Verfärbung der Sonne am Horizont. Seit sechs Wochen haben wir jetzt dieses ungewöhnlich warme Herbstwetter, überlegt er. Deshalb wimmelt es auch immer noch vor Touristen. Gott sei Dank. Ohne diese Leute wäreSalzburg längst pleite . Die riskanten Spekulationen mit dem Geld aus dem städtischen Wohnbaufonds sind ja völlig daneben gegangen. Jetzt ist er über jeden Cent dankbar, der in die Kassa kommt.
    Nachdenklich greift er ins Handschuhfach, setzt seine Sonnenbrille auf, legt eine CD in den Player ein und wechselt auf die Überholspur. Neuerdings hört er ja nur noch klassische Musik. Mozart und so. Zur Schärfung seiner kulturellen Kompetenz. So etwas kommt gut an bei der Parteibasis. Bei den Damen auch. Die Sonne zaubert helle Flecken auf den Asphalt. Wie Lichtkegel unzähliger unsichtbarer Lampen.
    Gegen dreiviertel acht taucht der Politiker in die Außenbezirke der Landeshauptstadt ein. Der Stadtrand hat sich verändert. Viele der neuen Bauten reichen jetzt bis dicht an die Autobahn heran. Betriebe aller Art, Banken und Großkaufhäuser drängen sich aneinander. Aus der weltoffenen Kulturstadt ist ein internationaler Wirtschaftsstandort geworden, und das ist nicht zuletzt ihm zu verdanken. Die Bevölkerung weiß es und ist ihm dankbar. Er ist beliebt. Zerstreut schaltet Rieder einen Gang tiefer, als ihn das Telefon aus seinen Gedanken reißt.
    „Was ist denn?“, fragt er verdrossen.
    Paul Freiher, Rieders Bundesparteisekretär, erkundigt sich, ob sein Chef in Ordnung sei.
    Der Oberbürgermeister bejaht. In 20 Minuten sei er im Rathaus.Er bremst, wechselt auf die rechte Spur und fährt von der Autobahn ab. Sofort werden die Straßen eng und der Verkehr extrem dicht.
    „Hat die Polizei schon etwas herausgefunden?“, fragtFreiher.
    „Bettina faselte etwas von einem herrenlosen Boot am anderen Seeufer.“
    „Betty? Ausgezeichnet. Gut, dass sie persönlich zu dir rausgefahren ist.“
    „Natürlich kümmert sie sich um die Sache. Schließlich hat sie mir viel zu verdanken.“
    „Du ihr aber doch auch, oder?“, kontertFreiher. „Die muss toll sein im Bett.“
    „Sie bemüht sich.“
    „Irgendwie reizt sie mich ganz ungemein.“
    „Ich brauche Betty noch. Derzeit ganz besonders.“
    „Und wenn sie mich auch will?“
    „Du bist nicht ihr Typ.“
    „Das geilt mich ja so auf.“
    „Ich habe sie zur Stellvertreterin des Landeskriminaldirektors gemacht. Damit hat sie einen gewissen Wert für uns. Es gibt genug andere, also lass sie in Frieden.“
    „Ich bin eifersüchtig auf diese Frau, weißt du?“
    „Jetzt mach mal halblang. Bettina trägt mir zu, was in der Polizei so läuft, und ich habe meinen Spaß mit ihr. Eine ideale Kombination. Ist doch genial, oder?“
    „Kann man wohl sagen. Wie schwer sind die Schäden am Haus?“
    „Totalschaden, aber das ist nicht das Schlimmste.“
    „Du meinst Hasso? Der Hund hat dir viel bedeutet.“
    „Alles, Paul. Alles. Hasso war ein Geburtstagsgeschenk meines Vaters. Sein letztes.“
    „Du Ärmster. Das jüngere der beiden Mädchen hat übrigens etwas abgekriegt. Brandwunden an den Beinen. Sie liegt im Krankenhaus. Willst du sie besuchen?“
    „Bist du wahnsinnig? Was soll ich am Krankenbett einer 16-Jährigen? Erfinde eine gute Story für die Eltern, bring einen Blumenstrauß vorbei, und stopf der Familie den Mund mit Geld.“
    „Wird gemacht.“
    „Und das andere Mädel?“
    „Ist ausbezahlt. Und du hast der Polizei den Brief gezeigt?“
    „Ich habe ihn
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