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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen
Autoren: Robert Silverberg
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»Zum ersten täuschen sich meine Meßgeräte nicht, und außerdem habe ich nichts von den Einzelheiten gesagt.«
    »Ja«, erwiderte Andre. »Klar, du bist der Schlaumeier, der uns noch ins Arbeitslager bringen wird.«
    »Der Schlaumeier«, fügte Hammermill hinzu, »der uns eine Viertelmillion nebenbei verschafft hat. Außerdem kann uns die Weltregierung überhaupt nichts anhaben, es sei denn, wir machen direkt Aussagen gegen uns. Marsbewohner können vor Gericht nicht aussagen.«
    »Ich hoffe, du hast recht«, erklärte Andre. »Das kann ich bei Gott nur hoffen.« Er lehnte sich zurück und starrte seinen Begleiter bedeutungsvoll an.
    Sie schwiegen. Und langsam verloren sie ihren Richtungssinn, während sich die Drehung verlangsamte. Oben und Unten verschmolzen miteinander, bis sie ganz verschwunden waren und in jeder Richtung liegen konnten.
    »Abbremsung in fünf Sekunden«, ertönte es aus dem Lautsprecher.
    Kapitän Bernard L. Deering war ein großer, kräftiger Mann, dessen graues Haar kurz geschnitten war. In seine Hände hatten sich die hundertneunundsiebzig anderen Reisenden auf ihrer Fahrt durch den Raum vertrauensvoll gegeben. Er saß in der Navigationskuppel und sah zu, wie sich die Sterne um ihn drehten. Kapitän Deering arbeitete seit etwa zwanzig Jahren für die Barr Spaceways. Davor hatte er sich beim Militär ausgezeichnet. Er kannte sich mit dem Schiff aus und wußte, was zu tun war.
    Als sich die Drehung des Schiffes verringerte und die Schwerkraft nachließ, kamen die Sterne, die um die Kuppel kreisten, zum Stillstand. Deering rief: »Peilung!«
    Der Navigationsoffizier, der Bliven hieß und seit elf Jahren mit Deering fuhr, sagte sofort eine Reihe Zahlen her. Der Kapitän lächelte. »Nur zu«, nickte er. »Gib das Band ein und laß sie nach Fahrplan laufen.«
    Das Band für die automatische Landung schlängelte sich in den Computer, der dem Maschinenraum zeitlich genau abgestimmte Impulse übermittelte. Ein fast unhörbares Summen ertönte, das eher von der Haut als von den Ohren aufgenommen wurde. Die Schwerkraft kehrte langsam zurück. Sie lag jetzt rechtwinklig zu ihrer früheren Richtung. Als sich das Schiff gedreht hatte, waren die Betten in den Kabinen nebeneinander am gelben Boden neben einer blauen Wand festgemacht gewesen. Jetzt drehten sie sich in ihren Rahmen und wurden zu Doppelbetten, die übereinander lagen, wurden an einer gelben Wand über einem blauen Boden befestigt. Die Besatzung nannte die Drehung ›gelbes G‹ und den Längsschub ›blaues G‹.
    Der Geschwindigkeitsmesser kletterte rasch auf 980 und blieb stehen.
    »Irgendwann einmal«, sagte der Navigationsoffizier, »wird ein heller Kopf klug genug sein, die Grundeinheit der Schwerkraft mit tausend Zentimeter pro Sekunde im Quadrat festzulegen. Dann werden wir uns nicht mehr mit diesen Ziffern abplagen müssen.«
    »Möchtest du den Zentimeter neu definieren?« fragte Deering grinsend.
    »Nein. Ich möchte nur sagen, die Anziehungskraft auf der Erdoberfläche ist null Komma neun acht Grundeinheiten von G.«
    »Da mache ich mit«, stimmte ihm der Kapitän zu.
    Und da geschah es. Es gab einen lauten Schlag, der die Martian Queen vom Maschinenraum bis in die Navigationskuppel erzittern ließ. Das Schiff schlingerte, als sei es von einem Geschoß, und zwar einem großen, getroffen worden. Die Nadel des Geschwindigkeitsmessers zitterte wie verrückt und raste in die Höhe, als wolle sie sich um ihre Achse wickeln. Sie kletterte bis auf neuntausend, hielt plötzlich an und fiel auf null zurück.
    Im Schiff war es still. Eine Minute lang fiel kein Wort. Die paar Sekunden, in denen man der neunfachen Schwerkraft ausgesetzt gewesen war, hatten allen den Atem genommen. Kapitän Deering hustete und nahm das Mikrophon der Bordsprechanlage. »Maschinenraum! Zum Teufel, was ist passiert?«
    Es kam keine Antwort aus dem Maschinenraum.
    »Enkers! Chivers! Tance! Punz!« rief er. »Was ist los bei euch?«
    Er erhielt keine Antwort. Er konnte keine bekommen. Der Kapitän wußte noch nicht, daß seine Leute im Maschinenraum in der glühenden Hitze eines kurzen Strahlungsblitzes, der die ganze Anlage zerstört hatte, umgekommen waren.
2
    Der Raumflughafen White Sands lag in der Wüste von New Mexico und war vierhundert Quadratmeilen groß. Er war ein großes, hartes, blankes Stück Land, das von nichts anderem als von Kakteengruppen umgeben war. Am östlichen Ende lagen die Verwaltungsgebäude, die eine ganze Quadratmeile bedeckten. Eine
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