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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition)
Autoren: Nora Hamilton
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Stein erstarrt, als hätte sie Angst, sich ganz umzuwenden und enttäuscht zu werden.
    Zelda kannte die Stimme, fast so lange sie lebte. Unter tausenden hätte sie sie herauszufinden vermocht. Und doch fühlte sie sich nun genarrt. Auf die gemeinste, hinterhältigste, übelste Art genarrt.
    Ist mein Schmerz noch nicht groß genug?, dachte sie. Wer ist so grausam?
    Sie spürte mit aller Deutlichkeit die Leichtigkeit einer Hand auf ihrer Schulter, fühlte deren Wärme durch den Stoff hindurch – und hätte diese grausame Hand am liebsten mit aller Kraft weggeschlagen.
    »Zelda!« Wieder diese Stimme. Leise, zart, schmeichelnd, wohl vertraut.
    »Zelda!«
    Jetzt drehte sie sich um, ganz langsam, Zentimeter für Zentimeter, als wäre sie eine Marionette, deren Bewegungen in der Macht eines anderen lagen.
    Sie hob die Augen, bereit, in die Hölle zu sehen, doch sie sah, was sie beinahe am meisten wünschte: Joan.
    Da stand ihre Schwester, zerbrechlich wirkend in dem grauen Kleid, blass und mit verweinten Augen, sah sie sie an und streckte die Hand nach ihr aus.
    »Zelda, meine liebe Zelda!«
    Zelda ergriff diese Hand, war zu schwer, um sich aus eigener Kraft erheben zu können.
    Joan stemmte die Füße in den Boden, zog an ihr, zog sie weg von Ian Laverty, brauchte Allistairs Hilfe dabei.
    Sie fassten Zelda unter den Achseln, zogen sie hoch, doch Zelda konnte nicht stehen, ihre Knie zitterten, sie sackte einfach weg, fiel gegen Joan, klammerte sich an sie.
    »Joan! «
    »Es ist alles gut, Zelda. Alles ist gut«, flüsterte die kleine Schwester und strich ihr beruhigend über den Rücken. »Es ist vorbei, und alles ist gut.«
    »Ja, du bist da«, flüsterte Zelda, und wieder strömten ihr die Tränen über ihre Wangen, Tränen der Trauer, des Schmerzes und zugleich Tränen der Freude und der Erleichterung.
    »Ich habe dich wieder, Joan.«
    »Alles ist gut.«
    Zelda schüttelte den Kopf. »Er ist tot«, hauchte sie, und beinahe versagte ihr die Stimme. »Er ist tot. Und ich habe seinen Mörder gedungen.«
    »Nein«, flüsterte Joan zurück. »Er lebt. Ian ist nicht tot. Dreh dich um, und sieh selbst.«
    Zeldas Schluchzen wurde lauter, ungehemmter. Alle Schleusen öffneten sich, und Zelda verströmte ungehemmt ihre Trauer, ihr Leid, ihren Schmerz.
    »Es ist alles gut. Dreh dich um, Zelda. Ich bitte dich darum«, drängte Joan, hielt die Schwester aber weiter im Arm, so fest sie nur konnte.
    Plötzlich spürte Zelda einen Arm, der sich um ihre Hüfte schlang. Ein herb-männlicher Geruch füllte ihre Nase.
    »Ich liebe dich, Zelda McLain. Und ich bitte dich, sieh mir in die Augen.«
    Beim Klang dieser Worte versteifte sie sich in Joans Arm, drohte zu Boden zu fallen, doch sie fand Halt an einer breiten Brust, Halt in zwei starken Armen, die sie von der Schwester lösten und hielten.
    »Ian?«
    Es war kein Schrei, kein Schluchzen, kein Weinen. Es war ein Laut der Überraschung, ein Laut, den man im Angesicht von Wundern ausstößt.
    Zelda fand sich in lans Armen, spürte die Nähe ihrer kleinen Schwester im Rücken und weinte und lachte gleichzeitig, verstand nichts, überhaupt nichts, doch das war ihr gleichgültig. Sie wollte nichts verstehen, nichts wissen, denn die beiden Menschen, die sie am meisten auf dieser Welt liebte, waren bei ihr, und sie war bei ihnen.

21. Kapitel
    »Ian!« Sie schluchzte an seiner Brust, sah hoch, strich mit den Händen über sein Gesicht, als wollte sie sich vergewissern, dass ihre Augen sie nicht täuschten.
    Ihre Lippen küssten seine Augen, seine Wangen, das Kinn.
    Dann endlich fanden sich ihre Münder, und aus zwei Lippenpaaren wurde ein einziges. Der salzige Geschmack der Tränen und der bittere des Leids vermischten sich mit dem Geschmack seines Mundes. Das Leid verging, die Tränen trockneten.
    »Ich liebe dich, Ian!«, sagte sie -wieder und fügte hinzu: »Ich glaubte, du -wärest tot.«
    Sie brauchte noch eine ganze Weile, ehe sie wirklich begriff, dass Ian und auch Joan lebten, dass sie unversehrt -waren und hier mit ihr am Ufer des Meeres waren.
    Ian hatte seinen Umhang auf den Strand gelegt und Zelda vorsichtig darauf gebettet. Allistair legte seinen Umhang daneben, ging zurück zu den Klippen und brachte einen Korb, gefüllt mit Brot, Käse, Schinken, Äpfeln und einem großen Krug mit starkem Ale.
    Zelda suchte mit der Linken nach der Hand ihrer Schwester, die Rechte ruhte auf lans Knie.
    »Was ist hier los?«, fragte sie schließlich und betrachtete verwunderten Blickes Allistair
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