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Überman

Überman

Titel: Überman
Autoren: Tommy Jaud
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ich keine Angst vor dem Weltuntergang hatte, sondern vor der Angst der Anderen, da schlägt mich seine Aufnahmeleiterin mit ihrem Klemmbrett in die Seite, und als hätte es Hape nicht bemerkt, stellt er einfach die nächste Frage: »Erzählen Sie uns doch mal, wie das geht mit so wenig Schlaf? Wird man da überhaupt noch wach?«
    Und wieder krieg ich das Klemmbrett in die Seite!
    »Aber natürlich, Hape …!«, stöhne ich.
    »Das gibt’s doch nicht, dass der nicht aufwacht!«, wundert sich Hape, und ich reiße meinen Arm zur Seite, wie ich es beim Krav Maga gelernt habe. Da werden die Menschen im Publikum plötzlich zu Weinflaschen, und die Aufnahmeleiterin wird zu Paula.
    »Na endlich!«
    »Was endlich?«
    »Endlich bist du wach! Evil ist zurück mit der Kamera.«
    Ich habe überschlafen. Schon wieder. Augenreibend sehe ich mich um. Ich liege im Burgund. Neben mir schläft Herr Sarantakos, zugedeckt mit mehreren auseinandergerissenen Weinkartons auf einer meiner Isomatten.
    »Was ist mit ihm, Paula?«
    »Er hat gesagt, dass er zwei Millionen Dollar verloren hat wegen einem »Call«, und sich besoffen danach!«
    »Ich meinte das Kalb.«
    »Ach so. Steht sogar schon. Simon, bitte! Wir können das Video nicht sehen ohne dich, weil dein Laptop ein Passwort hat.«
    »Komme!«
    »Echt? So einfach?«
    »Nein, Paula. Ich meinte, dass ich komme und das Passwort eingebe.«
    Das Licht geht an und wieder aus. An und Aus.
    »War das die ganze Zeit so?«, frage ich.
    »Leider ja!«, stöhnt Paula.
     
    Kurz darauf sitzen wir in den USA und starren gespannt auf mein Notebook. Aus der Schatzkammer schreit der holländische Wurm und will gar nicht mehr aufhören. Flik kommt und fragt mich, ob ich irgendetwas außer CurryKing hätte für den Wurm.
    »Warum? Ich hab’s doch püriert!«, antworte ich, Flik zieht wieder ab in die Schatzkammer zu Daniela, und wir können endlich den Film sehen.
    Da ich die Kamera auf Evils Kopf montiert habe, sehen wir die Welt so, wie Evil sie sieht, und der sieht im Schacht erst mal gar nichts außer dem Rand des roten Einkaufskorbes.
    »Simon, wenn wir nur einen einzigen Menschen sehen, dann sagst du, wo die Schlüssel sind, ja?«, sagt Paula.
    »Wenn draußen alles in Ordnung ist, ja!«
    Ich spule vor bis zu der Stelle, an der Evil oben angekommen aus dem REWE -Korb auf die Rampe springt und sich auf die erste aufgerissene Packung CurryKing stürzt.
    »Ja ist das geil, CurryKing!«, ruft Phil, und Paula sagt »So einen Dreck frisst der nie!«
    »Frisst er seit zwei Jahren.«
    Paula schaut mich bestürzt an. »Du hast –«
    »Ja. Im Büro. Also Wiener, kein CurryKing.«
    »Ich hasse dich!«
    Und dann läuft Evil los. Die Welt aus Beagle-Sicht. Keine 25  Zentimeter über dem Asphalt wippt die Kamera durchs Industriegebiet.
    »Wahnsinn. Tatsächlich, kein Mensch ist zu sehen!«, staunt Frau Sarantakos.
    »Logisch. Um zwei Uhr nachts in einem Industriegebiet«, raunt Ditters.
    »Unsinn! Hat Simon recht!«, ruft Lala triumphierend, »Welt kaputt!«
    »Aber die Straßenlaternen sind konstant an«, wundert sich Ditters, »das heißt, nur wir hier unten haben diesen Wackelstrom!«
    »Das heißt gar nichts!«, brumme ich und spule vor bis zu der Stelle, an der Evil die Aachener Straße erreicht. Ein freies Taxi rast vorbei, sonst ist so gut wie kein Verkehr.
    »Also ich finde es verlassener als sonst«, sage ich, und Flenn stimmt mir heulend zu: »Irgendwie seltsam, stimmt!«
    »Wenn Evil in ein Auto läuft, bring ich dich um!«, japst Paula, woraufhin ich sie daran erinnere, dass Evil neben ihr sitzt in diesem Augenblick, also gar nicht überfahren werden kann.
    »Leute! Wir haben zwei Uhr nachts«, stöhnt Ditters, »Köln-Braunsfeld ist nicht der Times Square. Es sieht immer so aus um die Zeit!«
    Alle fünf Sekunden erschnüffelt sich Evil was Neues und scheint es zu genießen, nicht alle naselang zurückgepfiffen zu werden: Wir sehen Asphalt, Bäume, immer wieder Hauswände und schließlich einen Burgerimbiss, dessen Jalousien gerade nach unten gehen. Als der Besitzer den Hund mit der Kamera entdeckt, schaut er verwundert, füttert ihn dann aber mit einem halben Burger und hält seinen Flyer in die Kamera – offenbar vermutet er eine Live-Schalte zu
RTL Exclusiv
. Es dauert keine zehn Sekunden, da ist der Burger vernichtet, was für alle bis auf Paula lustig aussieht, denn wegen der Kamera auf Evils Kopf sieht es aus, als fresse die Kamera den Burger.
    »Der Burgerladen hatte offen«, bemerkt
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